Emile Zola - Germinal

  • Emile Zola - Germinal (Germinal, 1885)
    Natur- und Sozialgeschichte einer Familie unter dem zweiten Kaiserreich.



    Kurzbeschreibung (Amazon)
    "Germinal" - Zolas Meisterwerk um einen jungen Bergarbeiter, der für die Rechte der Arbeiter kämpft: ein Kampf, der zum Scheitern verurteilt ist, doch die Hoffnung auf eine bessere Zukunft bleibt...



    Meine Meinung
    Da die Kurzbeschreibung etwas kurz geraten ist, zunächst noch zum Inhalt: Etienne Lantier (seine Mutter ist Gervaise Macquart aus Der Totschläger), ein arbeitsloser Maschinist, strandet in einer kleinen Bergbaustadt in Nordfrankreich. Da er kein Geld mehr hat, nimmt er notgedrungen Arbeit in der Kohlengrube "Le Voreux" an. Bei der Familie Maheu findet er Unterkunft und verliebt sich in die Catherine, die älteste Tochter.
    Am Anfang ist Etienne nach der Arbeit zu erschöpft, aber nach dem er sich an die Arbeit gewöhnt hat, empört er sich immer mehr über die katastrophalen Arbeitsbedingungen in der Grube. Die Vorgesetzten nutzen jede Gelegenheit, um den Lohn der Arbeiter zu kürzen. Dabei verdienen die Arbeiter so wenig, das fast die ganze Familie in der Grube arbeiten muss, auch die älteren Kinder.
    Etienne kennt einen Sozialistenführer und begeistert sich immer mehr für dessen Ideen. Als die Gesellschaft ein anderes Lohnmodell durchsetzen will, das in Wirklichkeit dazuführt, das die Arbeiter noch weniger verdienen werden, treten die Arbeiter in den Streik.


    Von Anfang an beschreibt Zola auch hier wieder alles ausführlich. Nicht nur die Kohlegrube selber, sondern vor allem ihre Auswirkungen auf die Menschen. Blasse, unterernährte Menschen. Schmutz. Krankheiten überall - hauptsächlich die "schwarze Bronchitis".
    Das wirkt noch extremer, weil auf der anderen Seite auch die Direktoren und Besitzer der Minen völlig anders dargestellt werden: das junge Mädchen, Tochter einer der Familien, die eine der Minen besitzt, darf natürlich lange schlafen. Sie darf zum Frühstück eine heiße Schokolade trinken. Catherine, die nur wenig jünger ist, muss dagegen um 4.00 Uhr in der Früh aufstehen und den Kaffee mehrmals aufbrühen - das Geld reicht nicht aus, um jedes Mal neuen Kaffee zu nehmen.
    Gleichzeitig gibt es auch eine soziale Verwahrlosung, vor allem der Kinder. Niemand kümmert sich so richtig um sie, dazu bleibt keine Kraft mehr.
    Etienne ist zwar verliebt in Catherine, aber als sich ihr ein anderer Mann zuwendet, mischt er sich da nicht ein. Er nimmt es einfach hin.
    Auch Catherine nimmt es hin, das sie nun mit 15 Jahren einen Liebhaber hat - obwohl es eigentlich eine Vergewaltigung war. Aber so ist das Leben halt, sagt sie sich. :pale:
    Am 1. Dezember treten die Arbeiter in den Streik. Sie haben vorher Geld gesammelt, aber die Streikkasse reicht nur für kurze Zeit. Die Maheus verpfänden langsam ihre ganze Einrichtung. Irgendwann ist nichts mehr da. Natürlich bekommen sie auch keine Kohle mehr geliefert. Langsam verhungern sie und es werden immer mehr.
    Trotzdem bleiben die Menschen noch immer ruhig, bis nach mehreren Wochen Arbeiter aus Belgien geholt werden, die die Kohle hauen sollen. Da entlädt sich die Verzweiflung der Hungernden und sie beginnen zu randalieren - das geht nicht ohne Tote ab. Die Grausamkeiten werden natürlich auch wieder in allen Einzelheiten beschrieben, wie schon zuvor das Verhungern.


    Bei Wikipedia wird das Buch als das Hauptwerk der Rougon-Macquart-Reihe geschildert. Ich habe noch nicht alle Bücher gelesen - mir fehlen noch drei - aber ich kann mir nicht vorstellen, das es noch mal etwas ähnlich bedrückendes, trostloses, gleichzeitig aber auch grandioses Buch gibt. Ich habe das Buch zwischendurch immer wieder zur Seite legen müssen, weil ich die Schilderungen zeitweise nicht ertragen konnte. :pale:
    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:



    Hinweis: Es gibt viele verschieden Ausgaben. Die Ausgabe, die ich verlinkt habe, habe ich auch gelesen. In dem Buch sind auch noch einige Zeichnungen von Renate Sendler-Peters enthalten, die das Elend noch weiter vertiefen.
    Schlimmer als fehlende Zeichnungen ist aber eine Ausgabe aus dem Neuen Kaiser Verlag. Diese enthält nur 378 Seiten (meine Ausgabe hat 587 Seiten). Ich habe mit der gekürzten Ausgabe begonnen und mich die ganze Zeit gefragt, warum das Buch im Vergleich zu anderen Werken von Zola so merkwürdig anders im Stil ist. Nach 200 Seiten und anschließender Recherche bei Amazon wußte ich warum. :roll:



    Zum Autor (kopiert vom Projekt Gutenberg)
    Emile Zola wurde am 2.4.1840 in Paris geboren. Sein italienischer Vater war Ingenieur, die Mutter war gebürtige Französin. Der Vater starb 1847. 1843-1858 lebte er in Aix-en-Provence. Die Mutter zog Ende 1857 nach Paris und ließ Emile im Februar 1858 nachkommen. Dort bestand er nicht das Abitur im Lycée Louis-le-Grand und arbeitete zuerst als Schreiber beim Hafenzoll, dann als freier Journalist. 1862 bekam er eine Anstellung im Verlagshaus Hachette, das er nach dem Erfolg seiner ersten beiden Bücher wieder verließ. 1898 setzte er sich mit einem Brief für die Unschuld von Dreyfus ein ( J'accuse) und wurde zu Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt, konnte jedoch nach England entfliehen. 1899 kehrte er nach einer Amnestie zurück. Zola starb am 29.9.1902 in Paris.

  • Hermia, du hälst wirklich durch. :applause: Ich habe Zola vor Jahren gelesen (kurzes Nachrechnen : 22). Mir hat die Reihe um die Familie Rougon-Macquart auch sehr gut gefallen. Nicht alle Bücher fand ich gleich gut, aber als ich deine schöne Rezi zu Germinal las, war alles gleich wieder da. Wenn ich mal viel Zeit habe, wäre die Reihe einen re-read wert.

  • Danke, Hermia, dass du die Bücher von Zola vorstellst.
    Eine schöne Rezension. Und "Germinal" sehr schöner Roman.
    Meine Zola-Lesezeit liegt auch schon lange zurück, über 20 Jahre :-, , ich war eine begeisterte Leserin von Zola Romanen. Seine dichte atmosphärische Sprache hat mich damals fasziniert.
    Ich habe damals alles von ihm gelesen, was ich nur in die Finger bekam.
    Den Roman "Germinal" hat erst vor kurzem mein Freund gelesen, war schwer beeindruckt. :)

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  • du hälst wirklich durch. :applause:

    Naja, nachdem ich fast ein Jahr Pause gemacht habe, macht es jetzt wieder richtig Spaß. Sofern man bei seinen Themen überhaupt Spaß haben kann. ;)

    dass du die Bücher von Zola vorstellst.

    Es werden noch mehr.
    Als nächstes wird "Nana" folgen. Das Buch habe ich schon mal vor sieben Jahren gelesen - damals wußte ich noch nicht, das es zu einer Reihe gehört. Ich bin mal gespannt, wie das Buch diesmal auf mich wirkt. :wink:


    Und dann geht es an die letzten drei Bücher, die ich noch nicht kenne: "Die Erde", "Der Zusammenbruch" und schließlich "Doktor Pascal". Irgendwie habe ich schon etwas Angst davor, wenn ich das letzte Buch gelesen habe... 8-[

  • Und dann geht es an die letzten drei Bücher, die ich noch nicht kenne: "Die Erde", "Der Zusammenbruch" und schließlich "Doktor Pascal".


    An "Der Zusammenbruch" erinnere ich mich gar nicht, "Doktor Pascal" hat mir allerdings sehr gut gefallen und "Die Erde" glaube ich, war auch beeindruckend.
    Wünsche dir viel Spaß dabei :study:

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