Isherwood, Christopher - Praterveilchen

  • Eine raffinierte Ausgangssituation um ein prekäres Thema zu veranschaulichen.


    London 1933, es soll der Film „Praterveilchen“ gedreht werden. Dazu wird der Autor Isherwood hinzu geladen, und gemeinsam mit dem Regisseur Bergmann soll das Projekt in Angriff genommen werden. „Praterveilchen“ ist ein Schnulze in dem das Veilchen-Mädchen vom Prater sich in einem Prinz verliebt …
    Hinter Bergmann verbirgt sich der in Österreich geborene Jude Berthold Viertel, der wirklich in England gearbeitet hat, und später (1935) nach Amerika emigrierte.
    So verknüpft der Autor Realität mit Fiktion auf ganz raffinierte Weise, denn diese oberflächliche Filmgesellschaft eignet sich bestens um die zeitliche Situation aufzudecken.


    „ … Bomben mit tödlichen Bazillen abwerfen; die Eroberung ganz Europa in einer einzigen Woche; … die Hinrichtung der Intellektuellen, … Bücherverbrennungen …“ Seite 50 „Bergmann apokalyptische Schilderungen des Weltuntergangs machten die Vorstellungen eines Krieges nur noch unwirklicher, und daher verfehlten sie niemals, meine Laune zu heben.“ Seite 54


    Niemand in dieser Filmgesellschaft nimmt Bergmann wirklich ernst, selbst als die Nazis in Österreich eindringen, können sie seine Situation nicht fassen. Es kommt sogar so weit, dass man ihn aus der Produktion herauswerfen möchte, doch da schlägt Bergmann zurück und wächst über sich selbst hinaus!


    Isherwood klagt ganz deutlich sein eigenes Land an, man hat Hitler unterschätzt, und ist viel zu spät in den Krieg eingezogen. Den Blickwinkel aus dieser verblendeten Gesellschaft war 1945 eine sehr kluge Herangehensweise, das hat mir gut gefallen!