Christian Mähr: Alles Fleisch ist Gras

  • Anton Galba ist Leiter der örtlichen Kläranlage, ist verheiratet und hat
    Kinder. Klingt spießig! Wäre es auch, wenn er nicht eine Affäre mit
    einer jungen Angestellten hätte. Endgültig verabschiedet er sich aber
    aus dem Normalbürgerdasein, als der rassistische Mitrarbeiter Mathis
    versucht ihn damit zu erpressen. Diesen bringt er aus Versehen um.
    Damit hat sich sein Leben auf einen Schlag geändert. Er lässt die
    Leiche verschwinden und verwischt seine Spuren. Der zuständige
    Kommissar Weiß kommt ihm aber sofort auf die Schliche. Doch entgegen
    aller Erwartung verhaftet Weiß den Täter nicht. Er spannt ihn vielmehr
    für seine Zwecke ein. Denn Weiß will jemanden aus dem Weg haben. Den
    Neuen seiner Exfrau! Dafür bedient er sich Galbas oder vielmehr des
    Häckslers auf dem Gelände der Kläranlage, in dem schon die erste Leiche
    verschwand. Doch damit hat Weiß noch lange nicht genug, denn er spielt
    sich auf zum Polizisten, Staatanwalt, Richter und schließlich auch zum
    Henker. Wie soll Anton Galba das nur mit seinem Gewissen vereinbaren?
    Und vor allem, wie sollen sie damit nur durchkommen?


    Die Story verspricht einen spannenden, packenden
    Roman. Das Versprechen kann Christian Mähr aber nicht vollkommen
    halten,da er sich leider selbst immer wieder daran hindert.
    Problematisch ist der Sprachstil. Zunächst beginnt
    er mit einer sehr lebhaften Sprache, die sich stark am gesprochenen
    Wort orientiert. Doch tritt diese immer mehr in den Hintergrund und
    wird letztlich durch die übertriebene Verwendung der indirekten Rede
    überstrahlt. Zwar hebt Mähr somit durch die direkte Rede einige
    Passagen hervor, doch nimmt dieser Stil dem Text jede Lebendigkeit und
    lässt den Leser nicht in die Geschichte eintauchen.


    Ebenfalls sehr negativ aufgefallen ist der
    ausschweifende Erzählstil. Gerade damit zerstört der Autor jede
    aufkommende Spannung. Nicht oft konnte der Roman in mir das dringende
    Bedürfnis hervorrufen, die nächsten Seiten lesen zu müssen. Doch wenn
    dies einmal geschah, wechselte Mähr zu irgendeinem Randgeschehen und
    breitete dies in einer Weise aus, dass das Interesse an der
    eigentlichen Geschichte wieder erstarb.


    Ein wenig enttäuschend ist auch die Tatsache, dass
    das Buch absolut vorhersehbar ist. Man weiß direkt, welche
    "Überraschungen" der Autor als nächstes für den Leser bereithält. Ein
    wenig lächerlich mutet es daher an, wenn Mähr künstlich versucht
    Spannung aufzubauen, indem er über den Großteil des Buches die
    Identität einer Person geheim hält. Bereits nach wenigen Seiten ist
    dieses "Mysterium" durchschaut. Der Autor baut dies aber zur großen
    Überraschung aus, die er erst auf den letzten Seiten lüftet.


    Soweit das Buch immer wieder als intelligenter Roman
    gepriesen wird, wirkt es auf mich vielmehr wie ein Roman, der
    intelligent sein will. Es ist gerade zu auffällig, wie Mähr über Seiten
    hinweg Abhandlungen schreibt, die als philosophische Überlegungen der
    Hauptfigur daherkommen, aber letztlich die Geschichte nicht
    weiterbringen. Dadurch wird (wie bereits erwähnt) aufkommende Spannung
    zerstört und beim Leser ein "Nicht-schon-wieder"-Gefühl erzeugt.


    Letztlich wird der Roman aber durch die gute
    Geschichte teilweise gerettet. Ohne die pseudointellektuellen
    Abhandlungen hätte man über sonstigen kleinen Schwächen sicher
    hinwegsehen können. So wäre hier sicher ein gutes Buch herausgekommen.
    So ist leider ein hohes Potential nicht genutzt worden, so dass ich das
    Buch lediglich als "ganz ok" bewerte.

  • Inhalt:


    Anton Galba, Leiter der Abfallwasserreinigung in Dornbirn, hat ein Problem. Besser gesagt eine Geliebte. Und weil man ja nicht alles an die große Glocke hängt, sollte dieses außereheliche Techtelmechtel geheim bleiben. Was aber wiederum Roland, ein Mitarbeiter von Anton, gar nicht so sieht und deshalb versucht er Anton zu erpressen. Unglücklicherweise meint der Zufall gerade jetzt zuschlagen zu müssen, als Roland auf der Treppe steht und dem erstaunten Galba seine Sicht der Dinge erklärt. Denn zufällig stürzt Roland die Treppe herab und Anton ist das Erpressungsproblem los. Nur, schließt die Lösung einesProblems nicht das Entstehen eines anderen aus und so hat Anton jetzt eine Leiche. Zum Glück hat Anton aber auch einen Industriehäcksler in seiner Firma und das Problem ist gelöst. So scheint es zumindest, den bei dem ganzen beißt sich die Katze nämlich in den Schwanz.


    Der ehemalige Schulkollege Nathanael Weiß, und nunmehr Polizist, findet die Story rund um Roland sehr interessant und durch eigene Überlegungen und Schlussfolgerungen findet er an so einem Häcksler nichts Anstößiges. Ganz im Gegenteil! Er findet ihn sogar höchst sympathisch und es wäre ja nicht so, dass Nathanael nicht wüsste, wie man damit umgehen müsste. Doch Anton kann mit Nathanaels Euphorie nichts anfangen und versucht sich aus der Affaire zu winden. Doch wenn einer geht, kommt meisten einer nach. Und so dreht sich das Rädchen der Selbstjustiz weiter.


    Meine Meinung:


    Sarkastisch und ironisch wird man durch die Geschichte geleitet und was Absurd erscheint, hat doch Hand und Fuß und am Ende fügt sich alles wieder zu einem Ganzen.


    Ablauf der Geschichte ist rund und die Personen werden nahtlos eingefügt. Der Autor nimmt sich für seine Darsteller Zeit und nicht nur den Hauptprotagonisten wird ein charakterliches Defizit bzw. eine Stärke zugestanden, sondern auch Randfiguren bekommen Leben eingehaucht. Niemand wird benachteiligt und alles trägt zum besseren Verständnis für die Handlungen bei. Leider kann dies aber manchmal in die Länge gezogen werden und daher sehe ich ein kleines Manko. Manche Passagen hätte man kürzen können und dennoch hätte man sich genauso gut in der Geschichte zurecht gefunden. Auf der anderen Seite macht es das Buch wiederum lebendiger.


    Bei vielen Stellen musste ich schmunzeln, da der Erzählstil sehr fein gezeichnet ist und der Sarkasmus nicht zu kurz kommt. Es ist liebenswürdig und doch gleichzeitig so schön zynisch. Der Autor schafft es, einen roten Faden in das Buch zu integrieren und die typische österreichische
    Mentalität einzufangen. –Ah, der soll weg. Oder? - -Ja, ja, passt schon!- So in etwa kann man sich es vorstellen. Dabei gelingt es dem Autor aber nicht plump zu wirken, oder sich auf künstliche Effekthascherei zu verlassen. Die Geschichte trottet im positiven Sinn vor sich hin und wenn man glaubt, man weiß Bescheid, so wird man wieder mit einer neuen Wendung überrascht. Obwohl sich für mich durch die Ausführlichkeit einige Längen ergeben, so hat man zu keiner Zeit den Eindruck, dass die Geschichte stagniert. Es tut sich immer irgendwas bei den scheinbar stinknormalen Protagonisten. Dies macht daher den Reiz aus, dass es nicht hochintelligente Alleskönner sind, sondern eher wie der nette Nachbar von neben an, der eben mal schnell die Stadt von allem Übel, das tagtäglich auf uns lauert, befreien will.


    Selbstjustiz mag ja seinen Anreiz haben, ist aber keine Entschuldigung für die Tat, die man selber begeht. Unter diesem Gesichtspunkt ist es interessant zu sehen, wie die Figuren im Buch sich die eigene Wahrheit zu recht legen und sich auf die Rechtsprechung des Mittelalters beziehen. Die Gedanken dazu sind recht nett zu lesen, da sie nüchtern aber dennoch mit einem morbiden Witz erzählt werden.


    Da ich einige Längen sehe, bekommt das Buch aber leider nicht die Höchstnote. Es lässt sich aber sehr gut lesen und man kann sich gut
    in die Geschichte hineinversetzen. Bei dem Buch sollte man aber Spaß an Sarkasmus, Ironie, Zynismus und unterschwelligem Humor haben, oder dies alles schätzen, da es einem dann viel leichter fällt in die Welt von Anton und seinem Häcksler hinabzutauchen.