Von Köln nach Kaulenfeld im Westerwald zu ziehen - kann es irgendetwas Schlimmeres geben, das Eltern ihrer Tochter ein Jahr vor dem Abitur antun können? Ellie zumindest ist der festen Überzeugung, dass es schlimmer kaum sein könnte. Ihr Handy scheint sich permanent in einem Funkloch zu befinden, und schon in den ersten Tagen gelingt es ihr, sich einen Teil ihrer Klamotten komplett zu ruinieren. In Köln hatte Ellie, was sie wollte, doch nun hat sich ihr Vater Leo in den Kopf gesetzt, dass er sich mehr seinen Forschungen hingeben will - und dazu braucht er Ruhe, die er sich im abgeschiedenen Westerwald erhofft. Und da müssen Frau und Kind natürlich mit.
Ellie erscheint zunächst alles ganz furchtbar, und sie vermisst ihren großen Bruder Paul, der die Familie vor ein paar Jahren verlassen und sich seitdem kaum gemeldet hat, noch mehr als sonst.
Und auch mit den Landeiern in der Schule kann Ellie erstmal so gar nichts anfangen - außerdem ist sie als "Großstadtpflanze" dort sowieso auch nicht nur willkommen und so manchem Mädchen mehr oder weniger offensichtlich ein Dorn im Auge.
Außerdem scheint Ellie die Landluft nicht zu bekommen. Sie ist ständig müde und hat sehr rätselhafte Träume...
Doch dann macht Ellie Bekanntschaft mit dem rätselhaften Colin Blackburn. Ein ungewöhnlich attraktiver und sehr geheimnisvoller Typ, der um die zwanzig ist und sich von allen anderen irgendwie abzukapseln scheint. Arrogant ist er, das stellt Ellie jedenfalls bei ihrem ersten Gespräch mit ihm fest, und auch ihre neue Freundin Maike kann kein gutes Haar an Colin lassen. Das sonst so friedliche Mädchen scheint eine unerklärlich tiefe Abneigung gegen Colin zu haben.
Doch Ellie kann sich Colin irgendwie nicht entziehen und lernt ihn schließlich besser kennen. Arrogant findet sie ihn dann zwar bald nicht mehr, doch eines ist nicht zu leugnen: Colin hat ein Geheimnis, das unvorstellbar viel größer ist als jedes Geheimnis, das Ellie je hatte. Und Zeit mit ihm zu verbringen, ist wirklich nicht ungefährlich...
Dieses Buch ist unwiderstehlich. Gerade musste ich die letzten hundert Seiten in einem Rutsch lesen, weil ich mich einfach nicht losreißen konnte aus der Geschichte. Sie ist wunderschön, traurig, unheimlich, lustig, spannend, märchenhaft, ... all das und noch viel mehr.
Zunächst liest sich sicherlich auch meine Inhaltsangabe, in der ich mich bemüht habe, nichts Wesentliches zu verraten, wie etwas, das man schon kennt. Doch Bettina Belitz schafft es, aus diesem Stoff etwas ganz Neues und Eigenes zu machen, ein Buch, bei dem man ganz genau lesen muss, weil jede kleine Anmerkung, jeder Satz, jeder Moment wichtig sein kann für das Auflösen der unzähligen Rätsel, die sie ihren Leserinnen und Lesern mitgibt. Das hat mir besonders gut gefallen.
Die Figuren sind glaubwürdig und viele davon muss man einfach mögen... Ellie als Ich-Erzählerin mochte ich besonders, denn sie ist wirklich überzeugend. Sie erzählt jung, flucht auch mal, aber nie hat man das Gefühl, diese jugendliche Sprache sei gewollt und nicht gekonnt. Außerdem ist Ellies zynische Art und ihr oft schwarzer Humor sehr komisch, sodass man das ein oder andere Mal auch während unheimlicher oder romantischer Szenen lachen muss.
Ein besonderes Highlight dieses Trilogie-Auftakts sind die Zusatztexte wie zum Beispiel Zeitungsartikel, die man auf der Website der Autorin www.splitterherz.de lesen kann. Dadurch bekommt man zum Teil noch tiefere Einblicke in die Beweggründe der Figuren oder sieht das Ganze einfach mal nicht nur aus Ellies Sicht.
Ein unglaublich tolles Buch, zum Lesen und Wiederlesen. Auf den zweiten Teil warte ich jetzt schon sehnsüchtig.