Howard P. Lovecraft: Jäger der Finsternis

  • Howard P. Lovecraft: Jäger der Finsternis; 4 CDs 310 Minuten Gesamtspielzeit; Produktion und Veröffentlichung: Lübbe Audio Bergisch Gladbach 2007; Ton und Musik: Andy Matern; Regie: Lars Peter Lueg; Sprecher: David Nathan; ISBN: 978-3-7857-3296-0


    Das Buch enthält die Geschichten "Die Musik des Erich Zann", "In der Gruft", "Das Bild im Haus", "Der Tempel", "Jäger der Finsternis" und "Träume im Hexenland".


    Die Schutzhülle beschreibt Lovecraft als Sonderling, der ganz in der Welt seiner Bücher lebte. Demzufolge war er ein weltfremder Visionär und Legendenschaffer. "Seine Träume, Ängste und Phantasien brachte er in Form albtraumhafter Erzählungen zu Papier," lese ich da. Auf jeden Fall ist er einer der Wegbereiter der Horrorliteratur. Lange Zeit war er in Vergessenheit geraten. Zu Recht erlebt er seit einiger Zeit eine Renaissance - was dieses Hörbuch belegt.


    Das vorliegende Hörbuch bietet nicht reinen Horror. Es sind vielmehr schaurig - schöne Gruselgeschichten, die nicht unbedingt typisch für Lovecraft sind. Es sind Kurzgeschichten, die nicht - wie sonst bei dem Autoren üblich - eher skizzenhaft Grauen, das von Außen auf die Erde kommt - beschreibt. DIe in dem Hörbuch enthaltenen Geschichten enthalten alle eine konkrete Handlung, gelegentlich sogar direkte, wörtliche Rede. Die Grenze zwischen geistiger und materieller Welt wird dabei immer wieder überschritten.


    Die Lesung ist für diese Art Geschichte die angemessene Präsentationsform. Es dürfte schwierig sein, sie in ein Hörspiel oder gar in einen Film umzuwandeln. Nathan hat die passende Stimme, die wirkt, also sei sie nur für diese Art Geschichte geschaffen.


    Wer hervorragende Unterhaltung sucht, dem sei diese Produktion anempfohlen.

  • Die Sammlung enthält ein paar recht kurze Geschichten aus der Feder Lovecrafts und ist daher - meiner Meinung nach - besonders für solche geeignet, die einmal in H. P. Lovecrafts Welt des Wahnsinns hineinschnuppern wollen. Ich möchte im Folgenden versuchen, einen kurzen Überblick zu geben und dabei vielleicht auch gleich ein wenig die Neugier zu wecken.


    Die Musik des Erich Zann:


    Damit ging es bei mir selbst los, vor vielen Jahren. Dies war die erste Kurzgeschichte von Lovecraft, die mir in die Hände fiel. Bis heute halte ich sie für eine seiner besten, wenn es um Atmosphäre und den subtilen, nicht fassbaren Irrsinn und Horror geht. Auf jeden Fall hörenswert, wie der Ich-Erzähler in dem alten, völlig heruntergekommenen Mietshaus in der Rue d'ausseil Nacht für Nacht das eigenartige, zugleich geniale wie fürchterliche Geigenspiel des alten, stummen Erich Zann hört, der das Mansardenzimmer bewohnt - das einzige Zimmer, dessen Fenster einen Blick über die Mauer am Ende der Straße gewährt - wobei Zann sehr darauf bedacht ist, dass der Vorhang vor jenem Fenster niemals zurückgezogen wird...


    Der Tempel:


    Ein deutscher U-Boot-Kommandat erzählt davon, wie ein seltsamer Fund, der bei einem feindlichen Matrosen gemacht wurde, seine Mannschaft, einen nach dem anderen, in den Wahnsinn treibt. Schließlich treibt er als letzter Überlebender in dem Unterseeboot dahin, das er nicht mehr steuern kann - und aus dem Bullauge heraus wird er Zeuge von etwas, das nicht wahr sein darf...
    Eine ebenfalls sehr gelungene Kurzgeschichte - kurz und schaurig-gut!


    In der Gruft:


    Die wohl "klassischste" Horrorgeschichte in der Sammlung - es geht um einen Totengräber, für den seine Arbeit nur ein Job ist - warum also sollte er sich um die Ruhe der Toten scheren, denn denen sollte es doch egal sein, wie man mit ihnen verfährt. Allerdings zeigt sich, dass einige von ihnen durchaus nachtragend sind... Klassisch gruselig, sehr gelungen!


    Jäger der Finsternis:


    Eine der beiden längeren Geschichten der Sammlung - ein Künstler zieht sich zurück in ein beschauliches Zimmer in einem beschaulichen Landstrich. Vom Fenster seines Arbeitszimmers aus sieht er die Turmspitze einer weit entfernten Kirche. Der Turm weckt eine große Neugier in ihm, und so macht er sich denn auf, die Kirche zu erkunden. Zwar kommt es ihm durchaus merkwürdig vor, dass niemand, den er nach dem Gemäuer fragt, ihm eine Auskunft geben will und auch die Tatsache, dass ein übermannshoher Zaun die alte Kirche umringt und dass sämtliche Zugänge zu dem vermeintlichen Gotteshaus fest verschlossen sind, mutet ihm seltsam an. Dennoch findet er einen Weg ins Innere - und in den Turm, der ein uraltes, schreckliches Geheimnis birgt. Spannend, aber mit Längen. Der für Lovecraft übliche ausschweifende Erzählstil erzeugt zwar auch hier eine hohe atmosphärische Dichte, aber an manchen Stellen wirkt der Fortgang der Handlung etwas träge.


    Träume im Hexenhaus:


    Die zweite längere Geschichte - und nach meinem Dafürhalten die schwächste. Die Grenzen zwischen Wahn und Realität fließen ineinander, und Lovecraft schöpft die Beschreibungen einer grotesken, unvorstellbaren Traumwelt voll aus. Nach meinem Geschmack verliert er sich dabei zu sehr in Details. Der Titel verrät bereits den Inhalt der kurzen Erzählung - in einem vermeintlichen Hexenhaus gehen seltsame Dinge vor sich. Als der Erzähler diesen Vorkommnissen auf den Grund gehen will, weiß er bald nicht mehr, was wirklich ist und was in seinen Albträumen geschieht.
    Sehr surreal - ich mag's nicht so-


    Das Bild im Haus:


    Wieder etwas Kurzes - wieder geht es um ein Haus, ein seltsames Geheimnis und die blutige Wahrheit dahinter. Mir hat's gefallen.



    So, hoffentlich hilft diese Rezension weiter - von mir eine ganz klare Empfehlung, obwohl hier noch einmal davor gewarnt sei, bei Lovecraft "Mainstream Horror" zu erwarten. Es handelt sich hier um hohe Literatur, die in sehr elaborierter, teils auch recht umständlicher Sprache verfasst ist. Action und schnelle, kurzweilige Dramaturgie wird man hier nicht finden, hier geht es um den behutsamen Aufbau einer bedrohlichen Atmosphäre - verfasst von einem, der, wenn man den zeitgenössischen Quellen glauben darf, recht gut zu wissen schien, wovon er schrieb, wenn er seine Erzählungen über das Grauen und den Wahnsinn verfasste.

  • 'Jäger der Finsternis' war mein erstes Lovecraft-Hörbuch der brillianten Serie von LPL-Records und hat mich wahrlich süchtig gemacht.
    Die Produktionen sind stets hochwertig, die Soundkulisse sehr dezent, aber enorm wirkungsvoll und die Sprecher David Nathan, wie auch bei anderen Produktionen - Lutz Riedel, sind eh über jeden Zweifel erhaben.
    Freunde des subtilen, hier schon gut beschriebenen Lovecraft'schen Horrors, finden mit 'Jäger der Finsternis' einen prima Einstieg in die Literatur des Autos.


    Allein schon meine Lieblingsgeschichte von H.P. Lovecraft - 'Träume im Hexenhaus' - ist dieses Hörbuch wert.

    "Wenn ich einer Untergrundkultgemeinschaft beitrete, erwarte ich Unterstützung von meiner Familie!" (Homer Simpson)


    :montag: