Peter Prange - Die Gottessucherin

  • Inhaltsangabe (Kurzbeschreibung von amazon):


    Lissabon 1528: Die zwangsgetaufte Jüdin Gracia verachtet ihren Mann, denn in ihren Augen verleugnet er seinen Glauben. Trotzdem versündigt sie sich, um ihn vor der Inquisition zu retten. Doch zu spät: Mit ihrer Tochter flieht die junge Frau durch ganz Europa. Ihr Ziel ist ein Ort, an dem sie ihren Glauben frei ausüben kann. Dafür riskiert sie ihr Leben und das Glück der Menschen, die sie liebt. Doch darf man für die Liebe zu Gott die Liebe zu den Menschen opfern?

    Meine Meinung:


    Die Jüdin Gracia lebt heimlich, obwohl zwangsgetauft, von Kindheit an ihren jüdischen Glauben. Sie wird mit einem wohlhabenden und angesehenen Mitglied der jüdischen Gemeinde von Lissabon verheiratet. Sie hält Francisco aber für einen Verräter an ihrem jüdischen Glauben und geht mit einer großen Lüge in diese Ehe.
    Gracia erkennt sehr schnell, dass ihr Mann sein gesamtes Vermögen – er besitzt mit seinem Bruder Diogo ein großes, über ganz Europa verzweigtes Handelsunternehmen – dafür einsetzt, damit möglichst viele Juden ungestraft ihre Religion leben können. Gracia unterstützt ihren Mann nach Kräften und entwickelt eine große Zuneigung zu ihm.
    Nach dem Tod ihres Ehemannes flieht sie mit ihrer Familie zu ihrem Schwager nach Antwerpen. Auch hier kämpft sie für das Wohl und ungestörte Leben ihres jüdischen Volkes. Sie verliebt sich in Diogo, opfert diese Liebe aber für ihre Religion und ihr Streben nach einem Platz, an dem das jüdische Volk ungestört leben und seinen Glauben frei praktizieren darf.
    Dank ihres Reichtums kann sie sich und ihre Glaubensbrüder aus vielen gefährlichen Situationen freikaufen und somit vielen Menschen das Leben retten. Trotzdem ist sie immer auf der Flucht vor der drohenden Inquisition. Sie flieht von Lissabon über Antwerpen, Venedig bis Konstantinopel. Dort scheint ihr großer Traum sich endlich zu erfüllen: Sie will ermöglichen, dass das jüdische Volk auf eigenem Boden einen eigenen Staat aufbauen kann.


    Dieses sehr umfangreiche Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Zeile. Dem Autor gelingt eine sehr facettenreiche Beschreibung der unterschiedlichen Charaktere. Gracia ist eine sehr dominante, zu sich selbst und anderen harte und unbeugsame Frau, die für ihr Ziel, für ihren jüdischen Glauben nicht nur ihre eigene Liebe, sondern auch fast das Glück ihrer Tochter opfert. Für ihren Glauben verstrickt sie sich tief in Schuld gegenüber ihren Mitmenschen, vor allem auch gegenüber ihrer Schwester.
    Obwohl sie sich durch ihren Kampf für das Überleben des jüdischen Volkes den Respekt ihrer Glaubensbrüder hart erarbeitet, ist sie mir kein sehr angenehmer Mensch. Dennoch ist sie kein emotionsloser Mensch, sie leidet sehr als ihr Mann stirbt. Besonders diese Szene hat mich sehr berührt.


    Einer der wichtigsten Gegenspieler von Gracia ist der fanatische Dominikaner Cornelius. Auch ihn zeichnet der Autor sehr vielschichtig, sehr eindrucksvoll. Auch Cornelius ist ein Fanatiker, gezeichnet vom Willen, Gracia zu vernichten – und fällt letztendlich sich selbst zum Opfer.


    Peter Prange beschreibt sehr detailreich die Flucht von Gracia durch das Europa der Renaissance mit seinem Glanz und seinem furchtbaren Elend.


    Peter Prange hat für dieses Buch sehr umfassend recherchiert. Nach seinen eigenen Angaben war die Vorlage für seine Romanfigur eine reale Person: Beatrice de Luna, die als eine überragende Person der jüdischen Geschichte und auch als eine der bedeutendsten Frauen, die jemals in Europa lebten, gilt. Sie hat Herrschern in ganz Europa, auch dank ihres großen Reichtums, die Stirn geboten. Sie hat mit ihnen Geschäfte gemacht und gleichzeitig ihrem jüdischen Volk unermesslich große Hilfe geleistet.


    Dieser Roman hat mich sehr beeindruckt, gefesselt, berührt. Es war ein großes Vergnügen, ihn zu lesen und ich empfehle ihn aus ganzem Herzen weiter!


    Dieses Buch war eines der schönsten, die ich 2009 gelesen habe und erhält von mir 5 Sterne. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    :study:




    Es gibt viele Wege zum Glück. Einer davon ist, aufhören zu jammern.

    Albert Einstein

  • Danke für die tolle Rezi! Ich hatte dieses Buch neulich in der Bücherei in der Hand und habe es dann doch nicht mitgenommen, weil mich die jüdische Geschichte eigentlich nicht so interessiert. Aber nach dieser Rezi kommt das Buch nun doch auf meinen Merkzettel.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Danke für die tolle Rezi! Ich hatte dieses Buch neulich in der Bücherei in der Hand und habe es dann doch nicht mitgenommen, weil mich die jüdische Geschichte eigentlich nicht so interessiert. Aber nach dieser Rezi kommt das Buch nun doch auf meinen Merkzettel.



    Ich bin mir sicher, dass dir dieses Buch gut gefällt, liest du doch oft historische Bücher. Die jüdische Geschichte ist so dargestellt, dass es für mich vor allem viele Aha-Effekte wegen des bisherigen Nichtkennens bzw. -wissens bestimmter Fakten gab. Ich habe mich also beim Lesen nicht nur sehr gut unterhalten, sondern auf eine angenehme Art auch noch etwas gelernt. Sehr interessant ist auch, dass die Hauptperson wirklich gelebt hat.


    Es freut mich, dass dir diese Rezi gefallen hat. (Das macht mir Mut, nun doch ab und an Rezis zu schreiben, bisher habe ich mich damit immer sehr schwer getan.)

    :study:




    Es gibt viele Wege zum Glück. Einer davon ist, aufhören zu jammern.

    Albert Einstein

  • Es freut mich, dass dir diese Rezi gefallen hat. (Das macht mir Mut, nun doch ab und an Rezis zu schreiben, bisher habe ich mich damit immer sehr schwer getan.)


    Das ist eine sehr aussagekräftige Rezi, nach deren Lektüre man sich unter dem Buch etwas vorstellen kann! :thumleft:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Erst mal lieben Dank, nordlicht, für die interessante Rezension.


    Jetzt habe ich das Buch auch gelesen und damit einen neuen Autor für mich entdeckt.


    Wenn man Interesse an einer großartigen schriftstellerischen Arbeit, guten Recherchen und ausführlichen Informationen zu den geschichtlichen Vorgängen hat, sollte man die Bücher von Peter Prange auf jeden Fall kennenlernen.


    Man spürt die Begeisterung des Autors für die Personen über die er schreibt und auch für die historische Kontexte.


    In diesem Buch lässt Peter Prange den Leser teil haben an dem Leben einer starken Frau - Gracia Mendes, die im 16. Jahrhundert lebte und eine bedeutende Vertreterin der jüdischen Geschichte war.
    Hier ein Link zur Wikipedia


    Auf über 700 Seiten lässt er die Protagonistin und ihr Wirken lebendig werden und hält den Leser im Fluss der Erzählung gefangen.


    Sein Schreibstil ist sehr angenehm zu lesen, detailliert und spannend. Ich fühlte mich in Zeitalter der Renaissance versetzt, mit all den gesellschaftlichen Umbrüchen und religiösen Verfolgungen, die im Leben von Gracia Mendes und ihren vielen Glaubensbrüdern eine Rolle gespielt haben.


    Ein umfangreiches und komplexes Roman, der mir große Lesefreude bereitet hat. Ich habe mich keine Minute gelangweilt, und fand die Geschichte interessant, lehrreich und spannend von der ersten bis zu letzten Seite.


    Der Verlag schreibt dazu: "Eines der großen unbekannten Frauenschicksale der europäischen Geschichte: das Drama eines wahren Lebens - meisterhaft erzählt."
    Dem schließe ich mich gerne an.


    Ich freue mich auf weitere Bücher von Peter Prange.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    2024: Bücher: 87/Seiten: 38 703

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Newman, T. J. - Absturz

    Müller, Asta - Kairra

  • Erst mal lieben Dank, nordlicht, für die interessante Rezension.


    Danke, gern geschehen. Ich freue mich sehr, dass dir dieses Buch auch so gut gefallen hat. Auch kann ich dir empfehlen, weitere Bücher von Peter Prange zu lesen. Er ist ein großartiger Autor, der auch sehr sorgfältig recherchiert. Viel Spaß weiterhin beim Lesen seiner Bücher! :winken:

    :study:




    Es gibt viele Wege zum Glück. Einer davon ist, aufhören zu jammern.

    Albert Einstein

  • Er ist ein großartiger Autor, der auch sehr sorgfältig recherchiert.


    Genau das ist es was mir so imponiert :) Und dabei kann er auch noch so spannend erzählen.
    Ich werde mich die nächste Tage umsehen, was ich von ihm als nächstes lesen würde.

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  • Dank der lieben @nordlicht :friends: welche mir freundlicherweise das Buch geliehen hatte, habe ich es nun auch gelesen.
    Ich bin begeistert !! Ich war nach den ersten Seiten schon mittendrin im Geschehen. Er erzählt wirklich spannend und sehr bildhaft.
    Hab wieder mitgefiebert :lol:
    Das Einzige was mich gestört hat, dafür kann aber weder Autor noch Buch etwas, das ist die winzig kleine Schrift der TB-Ausgabe. Das konnte ich daher auch nur häppchenweise lesen.


    Ansonsten kann ich mich den positiven Bewertungen nur anschliessen. Auch von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Das Einzige was mich gestört hat, dafür kann aber weder Autor noch Buch etwas, das ist die winzig kleine Schrift der TB-Ausgabe

    Da kann ich mit Dir mitfühlen, denn ich kann diese kleinen Schriften auch nicht mehr gut lesen. Wahrscheinlich bin ich inzwischen die bei mir ziemlich groß eingestellte Schrift bei meinen ebooks gewohnt :) . Bei uns in der Stadtbibliothek gibt es das HC von Droemer, das ist vielleicht besser.
    Ich habe vor kurzem 'Kristin Lavranstochter' von Sigrid Undset in der Bibliothek der Seniorenresidenz, in der ich Bridge spiele, entdeckt. Das lobt @€nigma ja bei jeder Gelegenheit (und meine Bridgepartnerin hat es auch sehr empfohlen). Das Buch hat ca. 1000 Seiten, die unsäglich klein geschrieben sind. Ob ich mir das antun soll?

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).

  • Das Buch hat ca. 1000 Seiten, die unsäglich klein geschrieben sind. Ob ich mir das antun soll?

    Ich könnte es nicht (mehr). Ich hab ja extrem schlechte Augen aber jetzt kommt eben noch die Weitsichtigkeit dazu.
    Vielleicht kannst Du es Dir als ebook besorgen ?


    Wahrscheinlich bin ich inzwischen die bei mir ziemlich groß eingestellte Schrift bei meinen ebooks gewohnt

    Dito. Ich liebe das an den readern. Ich kaufe auch Bücher in der Buchhandlung nur noch nach einem Blick auf die Schrift. Da hab ich schon so Einige wieder hingelegt, die ich gern gehabt hätte.

  • Das Buch hat ca. 1000 Seiten, die unsäglich klein geschrieben sind. Ob ich mir das antun soll?

    Meine antiquarische HC-Ausgabe ist auch sehr klein gedruckt, aber leider...

    Vielleicht kannst Du es Dir als ebook besorgen ?

    ...gibt es das nicht als E-Book.


    @Bridgeelke
    Im Jahr 2000 sind neue TB-Ausgaben erschienen, da ist der Roman offenbar auf zwei oder drei TBs aufgeteilt worden (s.u. den ersten Teil). Ich weiß aber nicht, ob die Schrift dort größer ist.

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    (Francis Bacon)
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