W. Somerset Maugham - Silbermond und Kupfermünze

  • Inhalt:


    Vorrausschicken möchte ich, dass Somerset Maughams Roman zwar in den Grundzügen dem Leben des französischen
    Malers Paul Gauguin folgt, jedoch keine Gauguin Biographie darstellt.


    Der Börsenmakler Charles Strickland lebt mit seiner Frau und seinen Kindern ein gesichertes aber unspektaktuläres Leben im London des neunzehnten Jahrhunderts.
    Auf einer Teegesellschaft lernt ein junger Autor (Erzähler), auf Einladung einer Freundin die Familie kennen, kann abervor allem bei Strickland nichts Ungewöhnliches oder gar Interessantes in seinem Verhalten feststellen. Im Gegenteil, Srickland erscheint ihm etwas langweilig und sehr zurückhaltend.
    Kurze Zeit später erreicht ihn die Nachricht über einen gesellschaftlichen Skandal. Strickland hat seine Frau und Familieverlassen und ist, so wird vermutet, mit einer Geliebten nach Paris geflohen. Mrs. Strickland bittet den jungen Autor nach Paris zu fahren, um ihren Mann zu finden und ihn in die Arme seiner Familie zurückzuholen. Der Autor stimmt zögernd zu, reist nach Paris und findet Strickland zu seiner Überraschungin einem heruntergekommenen Hotel allein lebend vor. Auf seine Frage was er denn in Paris vorhabe, entgegnet ihm Strickland, dass er gekommen sei um zu malen.

    Zitat

    "Ich sagte ihnen doch, dass ich malen muss. Ich kann daran nichts ändern. Wenn ein Mann ins Wasser fällt, fragt er nicht, ob er gut oder schlecht schwimmt: er muß sich einfach herausarbeiten, oder er ersäuft."


    Zurück in England erklärt der Autor Mrs. Strickland, dass ihr Mann entschieden hat als Maler in Paris zu leben und auf keinen Fall nach London zurückkommen wird. Mrs. Strickland erklärt, dass sie ihrem Mann hätte verzeihen können, wenn er sie wegen einer Geliebten verlassen hätte, aber niemals, dass er sie wegen einer dummen Idee verlässt.
    Fünf Jahre später reist der Erzähler nach Paris und besucht hier einen befreundeten Maler, der ihm begeistert erzählt, er habe ein neuesmalerisches Genie entdeckt. Erstaunt erfährt er, dass es sich um Strickland handelt, der vollkommen verarmt in schlimmsten Verhältnissenlebend seinem Traum ein Maler zu werden rücksichtslos verfolgt. Nach einigen, hauptsächlich durch Stricklands amoralischen und erbarmungslosen Verhaltens begründeten tragischen Vorfällen, erfährt der Autor später, dass der Maler sich über Marseille nach Tahiti abgesetzt hat um dort seinen Traum weiterzuleben.
    15 Jahre später, 9 Jahre nach Stricklands Tod, reist der Erzähler aus privaten Gründen nach Tahiti und erfährt hier Einzelheiten über Stricklands Leben auf der Südseeinsel. Er lebte lange Zeit abseits der Hauptstadt mit seiner tahitianischen Frau zurückgezogenund offenbar glücklich in einer entlegenen Hütte, bis er an Lepra erkrankte. Sein letztes Bild malte er schwerkrank und halbblindauf die Wände seiner kleinen Hütte. Letztendlich hatte er seinen Traum verwirklicht, er hatte sein Meisterwerk erschaffen.
    Auf seine Bitte hin, überließ seine Frau die Hütte mit seinem letzten großen Werk dem Feuer. In den Jahren dannach wurde auch die Kunstwelt auf diesen Großen der Malerei aufmerksam. Die Bilder dieses Mannes, der zu seinenLebzeiten nie ein Bild verkauft hatte, waren nun ein kleines Vermögen wert.


    Fazit:
    In flüssigem Erzählstil und durch den Einsatz immer neu wiederkehrender Spannungsbögen, gelingt es Maugham den Leser von der erstenbis zur letzten Seite zu fesseln. Die polarisierende Hauptfigur löst einerseits beim Leser durch sein amoralisches und jede sozialeKonvention missachtendes Verhalten Abscheu oder Empörung aus. Auf der anderen Seite werden wir uns jedoch darüber bewusst, dass ein Mann, der seine Träume so gnadenlos gegenüber anderen, aber vor allen Dingen auch so gnadenlos gegen sich selbst, in Armut und verlacht von der Kunstwelt, verfolgt unsere Bewunderung verdient. Maugham zeigt dem Leser auch einen Weg auf; denn was sindwir letztendlich ohne unseren Willen die Träume des Lebens gegen alle Widrigkeiten verwirklichen zu wollen.


    Nachtrag:
    Ich habe die Feststellung gemacht, dass eine kurze Beschäftigung mit den Bildern Paul Gauguins (Google / Bilder) zum besseren Verständnis dieses großen Malers und auch dieses wunderbaren Romans beitragen kann.

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Haruki Murakami - Die Stadt und ihre ungewisse Mauer

    :study: Joseph Roth - Hiob (MLR)

  • Ein unterhaltsames Buch über ein Künstlerleben, ein fiktives, angelehnt an das Leben von Paul Gauguin, das sich leicht liest. Wobei es hier auch riesige Abweichungen zur Realität gibt. Und das ist der Punkt, wo ich meine Probleme mit dem Buch hatte. Es ist keine Biografie Gauguins, aber was ist es dann? Es ist schließlich auch zu nah dran, um nicht unmittelbar an ihn zu erinnern.
    Maugham will vielmehr der Leidenschaft nachspüren, die ein wahres Genie antreibt, seinen Lebenstraum gegen alle Widrigkeiten zu verwirklichen.
    Dabei wird vieles verherrlicht: Zwar wird Strickland (der für Gauguin steht) als nicht unbedingt sympathischer Mensch geschildert. Die unberührte Natur und Ursprünglichkeit auf Tahiti hat Gauguin aber zu seinem Bedauern nicht vorgefunden, weswegen er auch Tahiti wieder verlassen hat. Auch die Beziehung zu seiner Frau war anders, wenn auch nicht so spektakulär wie in Stricklands Geschichte verlaufen.
    Wer darüber hinwegsehen kann, dass das Buch in dieser Hinsicht oberflächlich bleibt, dem kann ich es empfehlen.

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti