Alice Hoffman - Die Mädchen von nebenan

  • Originaltitel: Local Girls


    Covertext:
    Gretel Samuelson lebt mit ihrer Familie auf Long Island - und ist eine Heranwachsende wie viele ihres Alters. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Jill stellt sie die Vorstadtidylle auf den Kopf, sie rebelliert gegen ihren Bruder Jason und hat ihren ersten Liebeskummer. Doch dann bricht eine Reihe von Heimsuchungen über die Familie herein. Und Gretel spürt: Ihre Kindheit ist nun endgültig vorüber. Sie muß den Mut haben, sich dem Leben gegenüber zu bewähren.


    Auch wenn man dieses Buch als Entwicklungs-Roman bezeichnen kann, handelt es sich doch eher um einzelne Episoden, die chronologisch aneinander gereiht sind. Dazu kommt, was ich befremdlich finde, dass die Mehrzahl der Geschichten aus der Ich-Perspektive der Protagonistin Gretel geschrieben sind, ein kleinerer Teil jedoch in der personalen Perspektive und der 3. Person.
    In ihrer Danksagung erwähnt die Autorin Herausgeber verschiedener Zeitschriften, in denen diese Geschichten erstmals erschienen. Daraus schließe ich, dass Hoffman zunächst die Geschichten schrieb und sie später als Roman zusammenfasste.


    Gretel wächst unter schwierigen Bedingungen auf: Der Vater trennt sich von der Familie und heiratet ein zweites Mal; die neue Frau lehnt die Kinder ab. Die kranke Mutter betreibt mit Margot, Gretels Tante, einen chaotischen Catering-Service. Trösterin, Seelengefährtin und Kumpel in allen Lebenslagen ist Jill, ein gleichaltiges Nachbarmädchen. Jedoch läuft Jills Lebensweg in eine vollkommen andere Richtung als Gretels.
    Doch das sind nicht die einzigen Schicksalsschläge, die Gretel treffen. Gut, dass Margot mit ihrer Lebensfreude, ihrem Optimismus und ihrer ständigen Suche nach der wahren Liebe Gretels Fels in der Brandung ist.


    Ich bin mit riesigen Erwartungen an das Buch gegangen; Hoffman gehört seit Jahren zu meinen Lieblingsschriftstellern, deren Bücher für mich immer 4- und 5-Stern würdig waren. Dieses Buch ist ein Roman über das Erwachsenwerden, wie man ihn von guten amerikanischen Autoren kennt, aber er besitzt nicht das Einzigartige und Bezaubernde, das Hoffmans Bücher auszeichnet. Die Elemente des Magischen Realismus - normalerweise DAS besondere - stellen hier nicht die Magie und den Zauber dar, der im Alltag sichtbar wird, sondern gleichen eher Metaphern und sind zudem spärlich gesät.
    Unvergleichlich dagegen sind die beiden Episoden, in denen die Autorin das Sterben aus der Sicht des Sterbenden schildert. Eigentlich ein unmögliches Unterfangen, das nur mit Meta- oder Bildersprache zu bewältigen wäre und bei dem Hoffman alle Register ihres Könnens ausspielt. So dass das Sterben zum Höhepunkt des Lebens, zu einer letzten Begegnung mit sich selbst wird.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)