Gerard Donovan - Winter in Maine/ Julius Winsome

  • :?:
    Du hast wohl die deutsche Übersetzung gelesen?
    Ich habe mir bei der Lektüre gleich gedacht, dass es sehr schwer sein würde, eine angemessene Übersetzung zu erstellen.


    Jepp, ich hatte diese Ausgabe (siehe unten :wink: ).
    Und ich musste Textstellen, in denen Gespräche stattfanden, oft zweimal lesen um überhaupt mitzubekommen wann der Eine zu sprechen aufhört und der Andere beginnt.
    Das war echt obernervig.

  • Und ich musste Textstellen, in denen Gespräche stattfanden, oft zweimal lesen um überhaupt mitzubekommen wann der Eine zu sprechen aufhört und der Andere beginnt.
    Das war echt obernervig.

    Das empfinde ich normalerweise auch so. Ich habe gerade meine englische Ausgabe geprüft: da kommen auch keine "..." vor. Merkwürdigerweise hat mich das bei dem Buch aber gar nicht gestört. :-k

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Habe das Buch gerade innerhalb von zwei Stunden durchgelesen. Also ich bin begeistert, kann mir aber vorstellen, dass viele es langweilig finden könnten. Mich hat es stark an "Die Wand" von Marlen Haushofer erinnert. Die Einsamkeit, die Liebe zu Tieren, die Abscheu der Menschen, das zurückgezogene Leben usw... Also meiner Meinung nach ist das Buch auf jeden Fall für diejenigen etwas denen auch "Die Wand" sehr gut gefallen hat :)
    Mich haben die Passagen aus der Vergangenheit und die mit Shakespeare gar nicht gestört.

    "Ein Haus ohne Bücher ist arm, auch wenn schöne Teppiche seinen Boden und kostbare Tapeten und Bilder die Wände bedecken..." (H. Hesse)

  • Mich konnte das Buch nur mäßig begeistern - deshalb habe ich es auch mit drei Sternen bewerten.


    Das Buch lebt nicht gerade von seiner Handlung und die Stellen, an denen der Protagonist mit seinen Gedanken in die Ferne schweift, fand ich sehr mühsam zu lesen. Begeistern konnten mich dagegen die Szenen, in denen tatsächlich gehandelt wird und in denen Gespräche geführt werden.


    Julius Winsome war mir nicht sympathisch, aber ich konnte sein Verhalten in gewissem Sinne nachvollziehen. Die Plakataktionen fand ich sehr verständlich, über das "Erst Schießen - dann Fragen" lässt sich sicher streiten. Aber auch hier kann ich tatsächlich ein gewisses Verständnis aufbringen.



    Zu deiner Frage nach dem "Richtigen" sage ich mal nichts. Nur so viel: Ich fand den Schluss überraschend und originell


    Hierzu eine Frage: Wie endet das Buch? Ich habe es zwar zu Ende gelesen, aber wahrscheinlich einfach nicht verstanden.


    Die Shakespeare-Zitate fand ich allein deshalb sehr bedeutsam, weil der Protagonist sie seinen Opfern an den Kopf wirft. Ich habe mich jedes Mal ein bisschen gegruselt, wenn ich eine solche Szene mit entsprechendem Zitat gelesen habe.


    Interessant fand ich die Geschichte um das Gewehr, das Julius Großvater aus dem Krieg mit nach Hause bringt und mit dem er nie mehr eine Kugel abfeuert, weil das Gewehr schon zu viele Tode gesehen hat.


    Die Stellen, an denen Julius um Hobbes trauert, haben mich sehr berührt. :(


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Julius Winsome lebt allein in den Wäldern von Maine, umgeben von den über dreitausend Büchern seines verstorbenen Vaters und zusammen mit seinem Pitbullterrier Hobbes als einzigen Gefährten.
    Eines kalten Winternachmittags hört er einen Schuss und findet daraufhin seinen geliebten Hund angeschossen vor seiner Haustüre – offensichtlich wurde Hobbes mit Absicht erschossen.
    Mit Hobbes verlor er den einzigen Freund, den er neben seiner Liebe zu Shakespeare besaß. Julius fasst daraufhin einen Entschluss, der weitreichende Folgen hat.
    Gerard Donovan hat mit „Winter in Maine“ ein wunderschönes und vor allem hoch emotionales Buch geschrieben.
    Ganz besonders der Anfang des Buches hat mich zu Tränen gerührt und sehr bewegt. Das liegt auch besonders an der wunderschönen und außergewöhnlichen Sprache, die Donovan benutzt. Das Buch wird dadurch erst richtig lebendig, außergewöhnlich und sorgt dafür, dass sich der Leser ganz in der Handlung fallen lassen und seinen Gedanken freien Lauf setzen kann. Durch den flüssigen Erzählstil war ich von Beginn an in der Geschichte gefangen und merkte gar nicht wie schnell die Zeit beim Lesen verging. Die dichte Atmosphäre zog mich so richtig tief in die Handlung und es war als ob ich selbst ein Teil davon war.
    „Winter in Maine“ ist ein so wunderschönes Buch, das sich wie eine Hommage an Shakespeare und die Liebe zur Literatur liest.
    Julius Winsome ist ein sehr eigensinniger und besonderer Charakter für den ich im Verlauf der Handlung groteskerweise Mitgefühl und Sympathie aufbaute. Ich fieberte und litt mit Julius und das ging so weit, dass ich das Ende als sehr unbefriedigend und fast schon enttäuschend fand. Der einzige Kritikpunkt an einem thematisch sehr guten und sprachlich sehr gewaltigen Buch.
    Wenn das Ende anders gewesen wäre, wäre es für mich eines der besten Bücher überhaupt. Sprachlich gesehen ist „Winter in Maine“ das definitiv.
    Ein Buch, das einen besonders im Winter schöne und bewegende Lesestunden beschert.



    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :love:

  • Donovan ist ein sehr guter Erzähler. In leisen, fast poetischen Worten breitet er die Geschichte von Julius Winsome vor den Augen des Lesers aus. Wunderbar schreibt er über Julius´ Blumenbeet, über die enormen Bücherregale mit beneidenswertem Umfang, die vergangene Beziehung zu Claire und die innige Liebe, die Julius mit seinem Hobbes verbindet. So einfühlsam schreibt der Autor, dass er es definitiv schafft, das Herz des Lesers zu rühren. Würde man das Buch nur nach diesen Gesichtspunkten bewerten, hätte es seine volle 5 Sterne verdient. Der Haken liegt meiner Meinung nach in der Inkonsequenz, mit der die Story zuende geführt wurde. Die Ereignisse sind für mich nicht nachvollziehbar und auch keine logische Konsequenz seiner im Laufe der Geschichte begangenen Taten. Hier hat Donovan grosses Potential einfach liegen gelassen und trotz des grossartigen Ausdrucks, der den Roman über weite Strecken beherrscht, bleibt am Schluss nur ein sehr unbefriedigtes Gefühl im Leser zurück. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb:

  • Ich habe das Buch gestern gelesen und kann mich den positiven Bewertungen auch nicht so anschließen. Ich will nicht sagen, dass das Buch schlecht gewesen ist, aber irgendwie hatte ich mehr erwartet.


    Positiv hervorheben möchte ich den wunderbaren Sprachstil. Gerard Donovan hat es wirklich gut verstanden, die Atmosphäre und den einbrechenden Winter zu schildern, das hat mir sehr gut gefallen. Die Figuren in dem Buch sind für mich aber alle sehr blass geblieben, ich konnte mich mit keiner so recht anfreunden. Natürlich konnte ich das Verhalten von Julius Winsome nachvollziehen, aber ich persönlich fand, dass die Geschichte doch recht emotionslos und distanziert erzählt wurde. Und irgendwie ist bei mir beim Lesen der Funke nicht übergesprungen. Die einzige Stelle, die mich wirklich berührt hat, war der Tod des Hundes. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb:

    "Vergiss nie, was du bist, denn die Welt wird es ganz sicher nicht vergessen. Mach es zu deiner Stärke, dann kann es niemals deine Schwäche sein. Mach es zu deiner Rüstung, und man wird dich nie damit verletzen können."
    (Aus "Die Herren von Winterfell" von George R. R. Martin)


    :study: "Auris - Die Frequenz des Todes" von Vincent Kliesch

  • Oh, da gibt es ja eine Menge interessanter Eindrücke über dieses Buch. Ich selbst kann mich wohl zu den "hat mir gefallen" einreihen. "Winter in Maine" ist ein Buch, das mich auch noch nach dem lesen beschäftigt.


    Während des lesens ertappte ich mich dabei, wie ich mich fragte, warum ich eigentlich noch immer für Julius Sympathie empfinden konnte und das sogar bis zum Ende des Buches. Ich denke, weil es Donovan wohl mehr oder weniger gut gelungen war ihn einfach so zu beschreiben wie er war. Nicht über seine Taten wertend.


    Nimm dir Zeit für die Dinge, die dich glücklich machen.


    SuB-Leichen-Challenge 2024: Alle Bücher bis inkl. 2022 [-X

    Klassiker-Challenge 2024


  • Für mich ist Julius Winsome eigentlich nur ein einsamer Irrer. Ich habe leider keinerlei Sympathie für ihn empfunden und nach meiner Interpretation ging es ihm auch gar nicht um den Hund an sich,

    Als der Hund erschossen wird, knallen bei ihm sämtliche Sicherungen durch und er macht sich auf die Suche nach dem Hundemörder oder


    Allerdings muss ich auch sagen, dass die Passagen um seinen Großvater bzw. Vater für mich eher langweilig und nichtssagend waren. Ich sehe in ihnen auch keine Verbindung zu Julius, auch sein Verhalten erklärt sich mir daraus nicht.

  • Lange her, dass ich so ein großartiges, bewegendes Buch gelesen habe. Ähnlich wie Süskind in "Das Parfüm" versteht Donovan es, dem Leser einen Protagonisten nahe zu bringen, dessen Handlungen verstören und eigentlich unbegreiflich sind.


    Eine spannende Handlung, eine außergewöhnliche literarische Bildersprache, die Kälte, die durch die Seiten hindurch spürbar wird, Emotionen, die distanziert wahrgenommen und dennoch ungefiltert wiedergegeben werden - das Buch hat mich in seinen Bann gezogen und begeistert.


    Die Frage, ob tatsächlich der Tod des Hundes oder der Liebeskummer um Claire der Auslöser für den Amoklauf war oder ob Julius irgendwann an seiner Einsamkeit irre wurde, wird nicht beantwortet, aber in diesem Buch brauche ich keine Eindeutigkeit, sondern kann die offenen Fragen stehen lassen.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Superschönes Buch. Habe es per Zufall vom Krabbeltisch bei Globus ;o)


    Was den Anstoss zum Amoklauf gegeben hat ist für mich klar, es war der sinnlose, gewaltsame Tod seines Hundes Hobbes.
    Zwar war Julius wohl schon immer ein Sonderling, aber wohl ein sehr liebenswerter.
    Der Tod von Hobbes ließ seine Welt zusammenbrechen.
    Das bemängelte Fehlen von "Anführungszeichen" bei der wörtlichen Rede war mir gar nicht aufgefallen.
    Von mir gibt es jedenfalls 5 Sterne ;o)

  • Ich habe das Buch in der ungekürzten Hörbuchversion (übrigens sehr schön vorgelesen von Markus Hoffmann) gehört und kann gut verstehen, dass es zu den Büchern gehört, die die Leserschaft spalten. Ich gehöre zu denen, die den Sprachstil geliebt und den Inhalt verwirrend fanden :lol: Den Protagonisten fand ich weder sympathisch noch unsympathisch und wäre die Handlung nicht so, wie sie war, hätte diese mit Büchern volle Hütte etwas sehr anziehendes :lol: Gelangweilt habe ich mich keine Minute, aber es gibt doch ein paar Dinge, die mich verwirrt haben:



    Insgesamt bewerte ich es mit :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertungHalb: und werde es wohl in der kalten Jahreszeit noch einmal hören oder vl. lieber lesen, um zu sehen, ob das geschriebene Wort eine andere Wirkung auf mich hat :-k

    "Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste."
    Heinrich Heine


      :study:

  • Ein erfolgreiches Buch aus dem Jahre 2006, auf das ich durch den aktuellen Roman des Autors gestoßen bin.

    Erzählt wird die Geschichte eines Mannes, der als eine Art Einsiedler in den Wäldern des amerikanischen Nordostens lebt. Was als eine Art Rückzugs-Idylle beginnt, verwandelt sich in eine besondere Art Psycho-Thriller.


    Der treueste Begleiter des Protagonisten ist sein Hund. Aber da ist auch plötzlich noch eine Frau, mit der er ein kurzes Liebesglück in seiner einsamen Hütte erlebt. Der Verlust dieser beiden Bindungen zieht ihn einen Sog, aus dem es keinen Ausweg mehr zu geben scheint.

    Dieses Buch packt einen mit unbändiger Kraft. Unvermittelt steht man in einem Abgrund von psychischer Zerstörung und Gewalt. Fassungslos verfolgt man die unaufhaltsame Entwicklung des tief verletzten Ich-Erzählers.


    Es ist nicht der Handlungsfaden oder der Spannungsbogen, der diesen Roman zu einem bemerkenswerten Leseerlebnis werden lässt. Es ist die Sprach-Intensität, mit der DONOVAN sowohl die herbe und (im Winter) unerbittliche Natur als auch die innerpsychische Dynamik der Hauptfigur in Worte fasst. Die literarische Kompetenz des Autors liegt in der Kongruenz zwischen Inhalt und sprachlichem Ausdruck. Die Glaubwürdigkeit des – eigentlich unfassbaren – Geschehens beruht auf der geschaffenen Atmosphäre, vermittelt durch die subjektive Perspektive des Handelnden.


    Es ist eine Geschichte, die am Rand spielt: an der Grenze der besiedelten Zivilisation und am Abgrund der menschlichen Psyche. Die Botschaft: Menschen, denen man die letzten Bindungen nimmt, können allen Halt und alle Hemmungen verlieren.

    Dieser Roman erzählt von einem Extrembeispiel.

  • Leider konnte mich dieses Buch nicht überzeugen. :( Ich hatte mir mehr davon versprochen.


    Anyone who stops learning is old, whether at twenty or eighty. Anyone who keeps learning stays young. The greatest thing in life is to keep your mind young.

    - Henry Ford-