Ross Raisin - Schöne Gegend

  • OT: God's Own Country
    übersetzt von Wolfgang Müller


    Kurzbeschreibung
    Seit Sam von der Schule geflogen ist, wird er im Ort gemieden. Selbst seine Eltern, auf deren abgelegener Schaffarm er nun mitarbeitet, begegnen ihm mit seltsamer Distanz. Sam zieht sich zurück, unternimmt lange Streifzüge durch die Yorkshire Moors, doch stören ihn dabei zunehmend die Ausflügler aus der Stadt, die die schöne Gegend touristisch erschließen.
    Nur Josephine, das aufsässige neue Nachbarsmädchen, interessiert sich für den verschrobenen Jungen, und zwischen den beiden entwickelt sich eine zarte Freundschaft. Nach einem heftigen Streit mit ihren Eltern bittet sie Sam, mit ihr abzuhauen. Die beiden schlagen sich tagelang durch die Moors, schlafen unter freiem Himmel, doch Josephine verliert bald die Lust an diesem Abenteuer. Da muss sie feststellen, dass Sam nicht der ist, für den sie ihn gehalten hat.
    Ein preisgekröntes Debüt, ein subtiler Spannungsroman und das brillante Porträt eines jugendlichen Außenseiters.



    Über den Autor
    Ross Raisin wurde 1979 in West Yorkshire geboren. Er studierte Englische Literatur und Creative Writing, und arbeitete als Kellner. Er hat halb Europa bereist und lebt jetzt mit seiner Frau in London. Für sein Debüt »Schöne Gegend« wurde er mit dem Betty Trask Award und dem Guardian First Book Award ausgezeichnet sowie für den Dylan Thomas Award for Young Writers und den traditionsreichen John Llewellyn Rhys Prize nominiert.


    Meine Meinung
    Der 19-jährige Sam Marsdyke lebt und arbeitet auf der abgelegenen elterlichen Schaffarm am Rande der Yorkshire Moors.
    Mit sechzehn musste Sam die Schule verlassen, da eine Mitschülerin ihn der sexuellen Nötigung bezichtigte. Seine Umgebung, ja selbst seine Eltern, begegnen ihm seither mit Misstrauen, er wird sogar als „Ungeheuer“ bezeichnet.
    So wird Sam zum Außenseiter, allein seine Streifzüge durch die Natur und sein Hund Sal geben ihm Halt.
    Als „Stadtvolk“ eines Tages in den benachbarte Turnbull Hof einzieht, ändert sich einiges für Sam. Die 15-jährige Josephine, Tochter der Reeves' aus London, ist eigenwillig und aufmüpfig. Zwischen ihr und Sam entwickelt sich eine zaghafte Freundschaft.


    Als Josephine wiedermal einen heftigen Streit mit ihrer Mutter hat und Sam bittet, mit ihr über die Moors abzuhauen, entwickelt sich diese Flucht zu einem Drama mit weitreichenden Folgen.


    Ross Raisin erzählt diese Geschichte ausschließlich aus Sams Sicht. Er bewerte dabei Sams Denken und Handeln nicht. So bleibt letztlich auch unklar, ob der Schulausschluss Sams, der zu dem Knick in seinem Leben führte, gerechtfertigt war.
    Sam ist durch seine Außenseiterrolle ein sehr einsamer junger Mann. Aber er ist ein scharfer Beobachter. Jede Änderung in der Natur, seiner Mitmenschen registriert er. Im Kopf führt er häufig Selbstgespräche und fiktive Gespräche, vor allem mit seinem abweisenden Vater.
    Ross Raisin beschwört eine unangenehme Atmosphäre herauf, in der Realität und Fiktion zunehmend so verschwimmen, dass Handlungen außer Kontrolle geraten.


    Liest sich das Buch anfangs noch etwas langatmig, erschwert durch das Fehlen von Anführungszeichen bei direkter Rede, liest man spätestens ab der Flucht von Sam und Josephine mit zunehmendem Schrecken.
    Alles andere als ein Wohlfühl-Buch zeigt der Autor, was mit Menschen passieren kann, die die Gesellschaft ausschließt und die nie eine Chance zur Rehabilitierung erhalten.


    Von mir: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Danke, Sigrid, für deine gelungene Rezension! Ich hab das Buch auf meine Wunschliste gesetzt.


    Du würdest es nicht in die Kategorie "Jugendroman" einordnen, auch wenn der Protagonist ein Jugendlicher ist?


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Nein, es ist sicher kein Jugendbuch. Auch wenn der Hauptprotagonist zum Zeitpunkt der Handlung gerade mal 19 Jahre ist, so empfinde ich die Handlung und vor allem, was im Laufe der Geschichte mit Sam passiert, schon etwas verstörend. Auch vom Schreibstil her, würde ich sagen, richtet sich das Buch an Erwachsene (wobei ich z.B. 19-Jährige da natürlich dazu zähle ;) ).