Bernd Reichel - Selina - etwas Chaos gefällig?

  • Die Raumstation Europa ist Handlungsort dieses sehr ungewöhnlichen SF-Romans. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es sich bei diesem Werk vielleicht um eine Parodie handelt, denn ernstnehmen konnte ich keine der Figuren. Der Schreibstil – auktorial im Präsens – trägt da sein Übriges zu bei. Die Dialoge killen dann jeden Ansatz eines echten SF-Romans endgültig. Beispiel: "Nun seien Sie doch nicht so nervös, Commodore, es ist doch nur ein gequetschter Fingernagel und nicht der Angriff der Teletubbies."
    Zuerst wird seitenlang nur die Raumstation beschrieben. Hat man sich da durchgekämpft, erscheinen endlich die Hauptfiguren. Selina Martinez hat den Rang eines Oberst und ist stellvertretende Kommandantin der Raumstation. Bordärztin ist Dr. Monika Kremer, außerdem steht Selina noch die stets etwas überdreht wirkende Oberst Cilli Ewenz zur Seite, so wie Commodore Angelo Ventura.
    Dem Roman fehlt ein roter Faden, eine Motivation der einzelnen Figuren ist ebenso wenig zu erkennen wie eine zielgerichtete Handlung. Es wird das Leben auf der Raumstation beschrieben, inklusive einer Art intergalaktischer Talkshow und überwiegend ziemlich schwachsinnigen, unglaubwürdigen Freizeit- und sonstigen Beschäftigungen.
    Nach 70 Seiten war ich von dem Stil und Inhalt dermaßen genervt, dass ich nahe dran war, das Buch abzubrechen. Ich hab dann weitergelesen, in der Hoffnung, dass doch noch irgendetwas passieren wird, das Spannung hineinbringt. War nur leider nicht der Fall.


    Positiv sei anzumerken, dass erfreulich wenige Tippfehler drin sind, Grammatikfehler finden sich allerdings einige.
    SF-Romane mit weiblichen Hauptfiguren sind mir ja normalerweise sehr willkommen, hier allerdings zeigte sich leider wenig der erhofften Frauenpower. Was auch daran liegt, dass eine Ausarbeitung der Charaktere praktisch nicht vorhanden ist.
    Das Buch ist in stabiler Taschenbuchbindung, auch Druck und Layout machen einen ordentlichen Eindruck.
    Das Cover, nun ja, links unten ist recht klein eine nackte Frau von hinten, farblich ist es okay und die Schriftzüge sind auch gut platziert.
    Der Untertitel verspricht ja bereits "Leben und Liebe auf der Raumbasis Europa" – dem wird das Buch dann durchaus auch gerecht, wobei ein aufregendes und abenteuerreicheres Leben vermutlich Spannung in die lahme, sich hinziehende Handlung gebracht hätte. Ein Liebesroman ist es aber absolut nicht, die Beziehung zwischen Ventura und Selina spielt keine besonders große Rolle und ist auch im Grunde gar keine Liebesbeziehung.
    Das Buch endet ohne ein Ende, der Autor weist auf einen zweiten Teil hin.
    Für mich ein absoluter Riesenflop, es ist grottenschlecht geschrieben, lächerliche Figuren, null Spannung, auch der auf dem Klappentext angekündigte Humor ist nicht vorhanden.