Iris Kammerer - Varus

  • 9 n. Chr. - Germanien ist unbefriedet und von den Römern unterworfen worden. Der Statthalter Publius Quinctilius Varus soll Teile des römischen Heeres vom Sommerlager zurück in das Winterquartier in der Nähe des heutigen Xanten führen. Im Vorfeld erhält er mehrere konkrete Hinweise, dass sein Vertrauter Arminius, aus einem germanischen Fürstengeschlecht stammend und unter Römern aufgewachsen, einen Verrat plant. Er hat zu seinem Schützling blindes Vertrauen und schlägt überheblich alle Warnungen in den Wind.

    Als dann die ersten Angriffe auf die von ihm angeführten drei Legionen und deren Trosse erfolgen, ist Varus noch immer nicht gewarnt. Das Wetter ist schlecht, das Gelände ist unwegsam und für die Römer nicht geeignet in Stellung zu gehen. Aber in nicht nachvollziehbarer Selbstüberschätzung sieht Varus den Gegner sowohl kampfkraft- als auch zahlenmäßig als unterlegen an. Das entpuppt sich als eine fatale Fehleinschätzung der Situation, die den fast vollständigen Verlust der drei Legionen samt Nachhut zur Folge hat.


    Zum 2.000. Mal jährt sich in diesem Jahr die Varusschlacht, die das politische Gesicht Mitteleuropas dauerhaft veränderte. Grund genug zu diesem historischen Roman von Iris Kammerer zu greifen. Sie schildert das historische Geschehen aus der Sicht der Römer. Sie nutzt gekonnt verschiedene Handlungsstränge und Perspektiven, um sich diesem Thema zu nähern. Da gibt es zum einen Caldus, der den Statthalter vor dem Verrat warnt und dafür rangniedrigere Dienste ausführen muss. Dann wird die Geschichte des Titus Annius erzählt, der die Sklavin Thiudgif aus einer Laune heraus durch ein Würfelspiel gewinnt, um die Iris Kammerer ebenfalls eine Handlung aufgebaut hat. Und es gibt den Erzählstrang um die Figur des Varus, in dem deutlich wird, wieso es zu dieser verheerenden Niederlage kommen konnte.

    In ihrem Roman lässt Iris Kammerer sowohl historisch verbürgte Figuren als auch fiktive in die Handlung eingreifen, die, grob gesehen, die Handlungsstränge des Romans ausmachen. Sie schildert das Geschehen im Teutoburger Wald vor 2.000 Jahren äußerst glaubwürdig und realistisch. Dabei ist nicht sicher zu belegen, ob es sich in Wirklichkeit so und nicht anders zugetragen hat. Aber es wäre genau so, wie die Autorin es beschrieb, sehr gut vorstellbar.

    Besonders hervorheben möchte ich, dass es Iris Kammerer, trotz der allgemein bekannten Geschichte der Schlacht, gelang, einen spannenden und fesselnden Roman zu schreiben. Dies ist aber auch darauf zurückzuführen, dass ihr Augenmerk nicht auf Varus und Arminius, sondern eher auf den historischen Helden der 2. Reihe lag. Die Sprache ist bestechend, klar und der Zeit gemäß. Ein dem Roman beigefügtes Glossar hilft dem Leser über die eine oder andere Klippe hinweg. Das Buch enthält ein ebenfalls sehr nützliches Namensverzeichnis, in dem die historischen Personen gekennzeichnet sind. Das half mir die anfängliche Verwirrung bei den sich ähnelnden römischen Namen zu überwinden.

    Mein Fazit: „Varus“ ist einer der besten historischen Romane, die ich in der letzten Zeit las. Das bekannte Thema wurde hervorragend in einen spannenden Roman verpackt. Ich bin beeindruckt von der Detailtreue der Autorin und werde in absehbarer Zeit ihre Cinna-Trilogie lesen.


    Über den Autor (Quelle: Amazon.de)

    Iris Kammerer, 1963 in Krefeld geboren, arbeitete nach dem Studium der Klassischen Philologie und Philosophie als Texterin, Redakteurin und Beraterin. Seit 2004 ist sie freie Autorin. Bisher erschien die erfolgreiche Trilogie um den römischen Offizier Cinna ("Der Tribun", "Die Schwerter des Tiberius" und "Wolf und Adler") sowie der im Mittelalter angesiedelte Roman "Der Pfaffenkönig". Iris Kammerer lebt zusammen mit ihrem als Sachbuchautor tätigen Mann Helmut Kammerer in Marburg.


    Fandorina und Frühlingswiese
    Die Leserunde mit euch hat mir sehr viel Spaß gemacht. :friends:



  • Ich habe von dieser Autorin bisher nur "Der Pfaffenkönig gelesen, das hat mir sehr gut gefallen. Das von Dir vorgestellte Buch klingt nach der Rezi auch gut, aber die Zeit (Antike) interessiert mich nicht so sehr.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Vielen Dank für deine schöne und treffende Rezension, Karthause! :thumleft:


    Ich kann auch nur noch mal betonen, dass man diese historische Begebenheit als Roman einfach nicht besser hätte darstellen können. Iris Kammerer schreibt lebendig und hat sehr gut recherchiert, so weit ich das beurteilen kann. Die Schlachten und die damaligen Verhältnisse sowie die Hirachie der Soldaten: All dieses ist gar nicht so einfach zu beschreiben, ohne langatmig oder langweilig zu werden. Bei "Varus" war es aber im Gegenteil sehr spannend, informativ und mitreißend.


    Wer sich für diese Epoche im Allgemeinen und für die Varusschlacht im Besonderen interessiert, dem möchte auch ich dieses Buch sehr ans Herz legen. Aber auch diejenigen, die generell Spaß an historischen Romanen haben, werden mit diesem Buch ihre Freude haben. :)

    @Karthause und Fandorina: Die Leserunde mit euch war toll!
    :friends:

  • Die Varus-Schlacht. Wer kennt es nicht, wenn auch nur vom Namen her: Das Hermann-Denkmal im Teutoburger Wald. „Deutsche Geschichte“ in ganz frühen Jahren.


    Iris Kammerer beschäftigt sich in ihrem Buch „Varus“ mit der Schlacht, mit den Menschen, die sie miterleben. Das Thema ist höchst faszinierend, allerdings habe ich mich vorher wohl zu wenig mit dem Thema beschäftigt. Ich hatte Schwierigkeiten mit den Namen, konnte mir die Personen nicht vorstellen, außerdem fiel mir die Zuordnung einiger Namen zu den Personen sehr schwer.


    Angenehm aufgefallen sind mir die historische Daten, Erklärungen und das Nachwort zu diesem Roman.


    Der Schreibstil ist schon angenehm, trotzdem habe ich unheimlich lange gebraucht, das Buch zu lesen, und ich weiß nicht warum.


    Und mir fehlte das Kino im Kopf. Das fand ich eigentlich schade.

  • Besser spät als nie habe ich "Varus" gerade eben beendet. :study:
    Nach meinem Geschmack eigentlich ein gutes Buch, mit einer spannenden, historisch (soweit heute noch recherchierbar) korrekten Geschichte.
    Allerdings ist der Schreibstil der Autorin recht anstrengend - weil oft nicht eindeutig. Z.b. schreibt sie in den Beschreibungen der Schlachten oft nur von "Kriegern" und der Leser kann sich dann aussuchen, ob sie nun die "Guten" oder die "Bösen" gemeint hat.
    Außerdem verwirren die massenhaften römischen Titel, die aus einem einzigen Mann jemanden mit zwanzig verschiedenen Namen machen.


    Ein bisschen fehlte mir auch eine "bildlichere" Schreibweise, die - wie hier bereits erwähnt wurde - das Kopfkino in Gang bringt.
    Dieses richtige "ins-Geschehen-abtauchen-können" war mir bei diesem Buch nicht richtig möglich, weshalb ich es nach dem Auslesen auch irgendwie ein wenig unbefriedigt ins Regal zurückstelle.


    Alles in allem aber dennoch ganz gutes, wenn auch nicht ganz einfaches, Buch.
    Meiner Meinung nach nicht unbedingt als Zwischendurchlektüre geeignet, weil man sich schon ziemlich konzentrieren muss.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: von mir.