James Frey - Strahlend schöner Morgen / Bright Shiny Morning

  • Kurzmeinung

    SiriNYC
    Zu viele Fragmente und aneinandergereihte Infos haben mir den guten Hauptteil etwas verleidet.
  • "Alle bringen ihren Traum mit."
    Ein Satz im letzten Abschnitt des Buches, der dessen Thematik auf den Punkt bringt.


    Im Buch "Strahlend schöner Morgen" von James Frey erfährt der Leser auf 590 Seiten die Beweggründe unzähliger Menschen nach Los Angelos zu kommen. Etliche haben den Wunsch berühmt und erfolgreich zu werden, einige kommen wegen der Familie, andere wegen der Arbeit oder des Studiums, doch viele von ihnen scheitern und schaffen es nicht richtig Fuß zu fassen.


    Vier Schicksale werden im Buch detailierter beschrieben. Zum Einen wird die Geschichte eines jungen Liebespaares erzählt. Die beiden 19jährigen fliehen aus aus Angst vor einer Zukunft mit Alkoholproblemen und Arbeitslosigkeit von Ohio nach LA. Ohne Geld, Wohnung und Job haben sie dort zunächst nur einander. Durch den Verkauf ihres Autos können sie sich jedoch bald ein kleines Zimmer leisten und finden auch schnell einen Job. Das Leben der beiden läuft dahin, bis Maddie schwanger wird. Das Geld ist knapp, die Wohnung klein, da bietet sich Dylan eine Gelegenheit an Geld zu kommen. Er greift zu und beschließt mit Maddie zu fliehen...
    Zum Anderen erfährt der Leser vom Leben des obdachlosen Old Man Joe, der auf der Suche nach dem Sinn des Lebens von Texas nach LA gekommen ist. Als er glaubt den Sinn seines trostlosen Lebens in der Rettung einer Jugendlichen drogenabhängigen gefunden zu haben wird er jedoch eines besseren belehrt...
    Außerdem beschreibt Frey das Leben der jungen Amerikanerin Esperanza, deren Eltern auf der Suche nach einem besseren Leben aus
    Mexico geflohen sind. Nur aufgrund der Geburt der Tochter bekamen diese die amerikanische Staatsbürgerschaft. Das junge Mädchen
    ist gut in der Schule und beschließt früh sich ihren Lebensunterhalt selbst zu erarbeiten. Sie jobbt als Putzfrau bei einer reichen Frau, von der sie jedoch nur gedehmütigt und beschimpft wird. Sie hasst den Job - bis zu dem Tag, als der Sohn der Frau ins Haus einzieht. Sie beginnen sich in einander zu verlieben. Doch schließlich fliegt die Beziehung auf und Esperanza muss unter wüsten Beschimpfungen das Haus verlassen...

    Schlussendlich geht es um das Leben des erfolgreichen Schauspielers Amberton, welcher offiziell der treue Ehemann und Vater und

    inoffiziell schwul ist. Aufgrund seines enormen Reichtums kann er sich einen Callboy nach dem anderen kaufen. Verlieben tut er sich
    jedoch in den falschen...

    Wie auch bei den nur kurz erzählten Schicksalen schaffen es auch von diesen vier Personen nicht alle am Ende in LA glücklich zu

    sein.


    Eigene Meinung

    Für mich sehr berührend erzäht Frey die vier Hauptgeschichten. Im Grunde lässt sich die Geschichte auf jede Stadt und auf jeden Menschen übertragen. Jeder ist doch auf der Suche nach der Verwirklichung seiner Träume und jeder zweifelt manchmal, ob das nun alles ist, oder ob da nicht noch mehr sein kann. Der Erzählstil gefällt mir ausgesprochen gut. Auch, das es bei gesprochener Rede keine Anführungsstriche gibt (es heißt oft lediglich "... spricht"), stört mich nicht. Was mich allerdings zum Ende hin schon etwas gestört hat, waren die Unterbrechungen der Hauptgeschichten durch kleine Einzelschicksale. Es waren irgendwannn einfach zu viele.
    Meiner Meinung nach ein wirklich lesenswertes Buch :cheers: , aber aufgrund der kleinen Kritik: 4 Sterne

  • Im neuen Roman von James Frey „Strahlend schöner Morgen“ trifft man auf verschiedene Personen mit gänzlich verschiedenen Charakteren, die alle in Los Angeles leben.
    Man begegnet zum Beispiel dem obdachlosen Alkoholiker Old Man Joe, den Ausreißern Dylan und Maddie, dem homosexuellen Filmstar Amberton und der Einwanderertochter Esperanza. Frey erzählt deren Geschichten sehr lebendig und glaubhaft und durch die Fakten über L.A., die Frey immer wieder zwischen die Geschichten streut, bekommt der Leser auch einen ganz guten Überblick, was den Schauplatz L.A. betrifft.
    Durch Freys phänomenalen Erzählstil werden die Hoffnungen, Sehnsüchte und Wünsche der einzelnen Protagonisten gut zum Ausdruck gebracht und durch seine facettenreichen Schilderungen gewinnt dieses Buch auch eine ganz besondere Atmosphäre, so dass man ganz in der Handlung gefangen genommen wird und hofft, dass diese wunderbare Geschichte von den Schicksalen der einzelnen Personen nie endet. Auch schafft es Frey perfekt die einzelnen Gefühle dem Leser emotional sehr gut zu vermitteln, wo durch man selbst mit den einzelnen Charakteren mitfühlt und ein Teil der Geschichte wird.
    James Frey hat mit „Strahlend schöner Morgen“ ein grandioses Buch über bewegende, aber leider alltägliche Schicksale einzelner Personen geschrieben, welches ein Lesegenuss ist und gelesen werden muss!



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  • Kaleidoskop einer Stadt


    Vier Geschichten exemplarischer Schicksale, in chronologischen Episoden erzählt, durchziehen das Buch. Dylan und Maddie, das Ausreißerliebespärchen, ist vor gewalttätigen Eltern nach Los Angeles geflohen. Old Man Joe lebt als Obdachloser in einer Toilette, ernährt sich von Chablis. Der schwule Filmstar Amberton und seine lebische Filmstar-Ehefrau Casey gaukeln der Welt ein perfektes Familienleben vor. Esperanza, Tochter mexikanischer Einwohner, sollte es besser als ihre Eltern haben und landet als Hausmädchen bei der tyrannischen Mrs Campbell.
    In weiteren kurzen Kapiteln erzählt Frey von einer Vielzahl Menschen, meist gesichts-, oft auch namenlos. Von Mädchen mit schönen Zügen und Figuren, die auf dem Weg zu einer Model-Karriere in einem Striplokal hängenbleiben. Von einem, der auszog, um Filme zu drehen, und das Glück hat, zumindest einen Job als Kellner zu bekommen. Von einem, der seinen Traum erfüllt hat, und trotzdem vor den Scherben steht. Vom Sportler, der sich nach einem Unfall vom Leben betrogen fühlt. Von Waffennarren, von Verbrechern und ihren Opfern, von Schwarzen, Weißen und Mischlingen. Von Toleranten, Selbstlosen, Liebebedürftigen, Rassisten, Reichen, Armen.
    Alle, so verschieden sie auch sind, werden von einer Sehnsucht getrieben, von einem Traum nach einem besseren Leben. Das kann Liebe heißen, Geld, Ruhm, Erfolg oder einfach nur: Überleben.


    Geschickt spielt Frey mit den Gefühlen des Lesers; ich habe den Eindruck, dass er sie genau dorthin bekommt, wo er sie haben will (und zwar ohne plakativ zu werden oder zu dick aufzutragen):
    Amberton sorgt dafür, dass man als Leser seinen Vorurteilen nachgeben darf, denn: einmal Schauspieler, immer Schauspieler. Der Mann verdient Millionen, schikaniert, erpresst - ohne schlechtes Gewissen darf man dessen Depression und Eßstörung als Krokodilstränen empfinden.
    Um Dylan und Maddie sorgt man sich: So eine große Liebe, so viel grenzenlose Naivität, kann das gutgehen?
    Old Man Joe: einerseits wird man vom Ekel geschüttelt beim Gedanken an seine "Behausung", andererseits bewundert man sein Überlebensprogramm.
    Esperanza wächst ans Herz, und manchmal weiß man nicht, wen man eher schütteln will: Sie selbst wegen ihres unnötig geringen Selbstbewußtseins oder Mrs Campbell wegen ihrer ungerecht herrischen Art mit Esperanza umzugehen.
    Die Geschichten enden wie im "richtigen Leben": Glücklich - versöhnlich - tragisch.


    Zwischen die einzelnen Kapitel hat der Autor Sachinformationen über Gründung und Entwicklung von Los Angeles geschaltet. Auch einzelne Kapitel beschäftigen sich immer wieder mit den Einzigartigkeiten der Stadt, ihren Straßen mitsamt Staus, den Vierteln, die bestimmt werden von Geld, Hautfarbe oder Ansehen ihrer Bewohner, dem Pazifik mit seinem endlosen Strand.
    In schnellem Staccato reiht Frey Kapitel an Kapitel, Schicksal an Schicksal, Information an Information. So entsteht beim Leser der Eindruck eines immerwährenden Wechsels, einer bisweilen atemlosen Hektik - die Charakterisierung einer Stadt, die in ihrer Komplexität für niemanden fassbar ist.



    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Nicht ohne Grund beginnt das Buch mit der Warnung "Vorsicht: Dies ist keine wahre Geschichte". Die Lebenssplitter, aus denen das Kaleidoskop amerikanischer Einzelschicksale in Form dieses Buches besteht, wirken nur allzu realistisch. Der Leser schwebt über der Stadt, zoomt sich mit rasanter Geschwindigkeit hinein, wirft durch eine Lupe einen Blick auf ein Menschenleben, um kurz darauf wieder engelsgleich aufzusteigen, Abstand zu nehmen und sich auf ein anderes Schicksal in einem anderen Stadtteil zu konzentrieren. Die vier parallel laufenden Erzählstränge um Dylan und Maddie, Old Man Joe, Amberton und Esperanza halten das Buch zusammen und machen es erst richtig spannend, denn man möchte wissen, wie es mit ihnen weiter geht und muss immer weiter lesen. Dadurch liest sich das Buch sehr flüssig und schnell. Aber auch die Kapitel dazwischen, mit den kurzen Einzelschicksalen und Fakten, sind interessant und treiben kurzzeitig den Blutdruck hoch, schockieren oder rühren das Herz.


    Die Sprache hat Tempo, das durch kurze Sätze und kurze Kapitel beschleunigt wird. Wiederholungen einzelner Satzfragmente oder Wörter, oft dreimal hintereinander, verstärken die Intensität des Geschriebenen und bilden einen Sprachrhythmus. Da ist kein Platz für Anführungszeichen in Dialogen, sie sind auch nicht nötig, man kann die Sprechenden gut auseinander halten. Der Flattersatz ist ungewöhnlich für einen Roman, aber passt zu dem schnellen Tempo, und erleichtert den Flug des Auges über die Zeilen.


    Wie auf dem Buchumschlag geschrieben, ist die eigentliche Hauptfigur im Buch Los Angeles. James Frey beschreibt die Stadt bis ins Detail, jeden Stadtteil, jeden Winkel, jede Straße. Obwohl ich noch nie in L.A. war, habe ich jetzt ein ziemlich lebendiges Bild dieser Stadt, weiß nicht nur über die durchschnittliche Anzahl der Schlaf- und Badezimmer in den Luxusvillen Bescheid, sondern auch über den Inhalt so mancher Abfalltonne in den Hintergassen. Es ist, als lebe diese Stadt, hat ihre eigene Persönlichkeit, ihre Launen, ihre guten und schlechten Seiten.


    Mein Fazit:
    Das Buch ist durch und durch stimmig. Die collageartige Zusammensetzung aus fiktiven Geschichten, realistisch anmutenden Einzelschicksalen im Stil einer Sozialreportage, kommentierten und unkommentierten Aufzählungen von Fakten, macht das Lesen informativ und spannend zugleich, verschiebt Relationen, wirkt rührend und aufklärend, bietet zahlreiche Perspektiven, zeigt die Seiten von Los Angeles, die man aus den Medien zu kennen glaubt und viele, an die man bisher nicht gedacht hat. Die Sprache ist prägnant und klar, ich empfinde den Schreibstil als erfrischend unpathetisch und kann das Buch jedem empfehlen, der nicht ausschließlich Trivialromane und in sich geschlossene Handlungen liest, denn diese dürften die Handlung als zu zersplittert und die Sprache als zu krass empfinden. Es zeigt einen modernen Blick auf amerikanische Lebensstile und amerikanische Träume, manche werden wahr, manche nicht. Die Kritik bleibt dem Leser überlassen.


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    Über den Autor:
    James Frey wurde 1969 in Cleveland, Ohio geboren, studierte Kunst in Chicago und schlug sich mit Gelegenheitsjobs durch. 1996 zog er nach Los Angeles, wo er als Drehbuchautor, Regisseur und Filmproduzent arbeitete. Im gleichen Jahr begann er die Arbeit an seinem Debutroman „A Million Little Pieces“ (dt. Titel: „Tausend kleine Scherben“), das 2003 erschien und als Autobiografie vermarktet wurde, was sich im Nachhinein jedoch größtenteils als Falsch erwies. In dem Buch und seiner Fortsetzung „My Friend Leonard“ (2005) beschreibt er sein Leben als Krimineller und Drogensüchtiger. Es ist jedoch wahr, dass er Erfahrungen mit Drogen- und Alkoholsucht hatte, die er jedoch mit einer Entzugsbehandlung 1993 überwunden hat. 2008 erschien sein dritter Roman „Bright Shiny Morning“, der überwiegend gute Kritiken erhielt.


    Heute lebt James Frey mit seiner Familie in New York.

    "The difference between fiction and reality? Fiction has to make sense."
    Tom Clancy

  • Meinung:

    Alles begann mit dem kleinen Dorf El Pueblo de Nuestra Señora la Reina de Los Ángeles de Porciúncula: Heute bekannt unter dem Namen Los Angeles, eine der vielen schillernden Metropolen der Vereinigten Staaten von Amerika und doch einzigartig. Dort liegt Hollywood und Beverly Hills sowie Santa Monica, wo sich die Stars und Sternchen tummeln. L.A., eine Großstadt, die weltweit bekannt ist für Reichtum, Schönheit, aber auch für Armut und Verbrechen. Allgegenwärtig herrscht tagtägliches reges Treiben, Chaos. Gleichzeitig gilt die Stadt aber auch als Ursprung der weltweit erfolgreichsten Kinofilme.


    In dieser Stadt leben die unterschiedlichsten Menschen aus verschiedenen Schichten, darunter auch Old Man Joe. Er ist obdachlos. Er übernachtet in der Gästetoilette eines kleinen Ladens. Seinen Vorrat an Chablis versteckt er im Spülkasten, damit ihn kein Fremder findet. Er ist vierzig Jahre alt, sieht aber wie über siebzig aus. Jeden Tag stellt er sich eine einzige Frage und hofft auf Antwort. Dazu begibt er sich in einem täglichen Ritual an den Strand und starrt zum Horizont, der aufgehenden Sonne entgegen. Er bettelt und betrinkt sich – mit Chablis. Eines Tages ändert sich sein Leben vollständig: Ein blutbeschmiertes Mädchen liegt hinter den Mülltonnen vor seiner Gästetoilette.


    Amberton Parker hingegen hat alles, was man sich nur erträumen kann: Er ist ein weißer Schauspieler, sieht gut aus und ist stinkreich. Mit seiner wunderschönen Frau, die ebenfalls Schauspielerin ist, hat er drei bezaubernde Kinder. Allerdings hat er auch ein Geheimnis, von dem die Öffentlichkeit nichts ahnt: Er ist homosexuell und die Ehe mit Casey führt er nur zum Schein. Eines Tages verliebt er sich in einen afroamerikanischen Footballspieler. Er will ihn unbedingt für sich haben. Schnell wird klar, dass die Welt, in der Amberton lebt, derjenige regiert, der die Macht und das Geld dazu besitzt, sich alles zu erkaufen, was er sich wünscht. Auch auf Kosten seiner Menschlichkeit…


    Esperanza ist ein Mädchen, deren Eltern aus Mexiko über die Grenze geflohen sind. Dort kam sie auf us-amerikanischen Boden zur Welt, weshalb ihre Familie im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bleiben durfte. Schon seit ihrer Geburt hat Esperanza riesige Oberschenkel, die im Laufe ihres Lebens Grund für Spott und Hohn sind. In ihrem eigenen Zimmer – in dem Haus, das ihre Eltern sich durch harte Arbeit leisten konnten – träumt sie von einer besseren Zukunft. Sie ist sehr gut in der Schule und erhält sogar ein Stipendium. Doch dann landet sie als Putzfrau bei einer weißen, alten, herrischen Dame, welche die junge Frau tyrannisiert, sodass sie sich minderwertig und fehl am Platz fühlt.


    Diese drei Persönlichkeiten, deren Geschichten erzählt werden, sind nur ein winziger Teil von Figuren, Personen und Leben, von denen James Frey in seinem Buch berichtet. Maddie und Dylan, ein Ausreißerpärchen aus der Kleinstadt und hunderte von Namenlosen, deren Schicksalsschläge wenige Zeilen bis hin zu einigen Seiten füllen. Das Buch erzählt von Menschen mit Träumen und Hoffnungen, von der Zukunft und dem harten Erwachen aus den Wunschvorstellungen, denn nicht jedem ist es vergönnt ein Leben zu führen, wie man es möchte. Ein einziger Tag kann alles verändern.


    Dieses Werk – das durchaus als zeitgenössisches Epos bezeichnet werden darf – umfasst aber noch weit mehr als fiktive Erzählungen aus Los Angeles. Es ist ein historischer Abriss der Geschichte dieser Großstadt. Es werden Fakten genannt, Zahlen und Namen, Titel und Tatsachen: Straßen- und Verkehrsnetz, Krankenhäuser, Universitäten, Verbrechensrate, Wachstumsquote, Immobilienmarkt, Pornogeschäft, Spielhöllen, Armenviertel, illegale Einwanderung, Flüchtlinge und vieles mehr.


    Aber auch die lustigen Tatsachen über Los Angeles kommen nicht zu kurz: Mottenjagd im Lichtkegel von Straßenlaternen ist verboten, Luftballons dürfen sich in der Stadt nicht mehr als anderthalb Meter über den Boden erheben und dort gibt es mehr Selbsthilfegruppen für UFO-Entführungsopfer als im restlichen Land.


    Trotz dieser Anonymität, welche die Stadt zu bieten hat, verleiht der Erzähler jeder einzelnen Figur eine eigene Stimme. Das Sprachniveau, die Textstruktur und die Wortwahl passen sich der Umgebung und dem Charakter desjenigen an, über den erzählt wird.


    Fazit:

    James Frey schafft mit seinem Buch ein Werk, das man nicht als Roadtrip, sondern als Urbantrip bezeichnen könnte. Strahlend Schöner Morgen verknüpft ein langweiliges Geschichtsbuch, das aus Fakten und Zahlen besteht, mit hunderten von Geschichten von Namhaften und Unbekannten. Es zeigt die Schnelllebigkeit, die Veränderlichkeit und das bunte Treiben der Stadt, was durch den ständigen Wechsel der einzelnen Geschichten dem Leser vor Augen geführt wird. Er erschafft eine Mischung aus Roman und Datensammlung, ein faktenartiges Darstellen von Leben; von Menschen, die mit Hoffnungen nach L.A. kamen und namenlos – anonym – altern und nie das erreichen, was sie sich in jungen Jahren gewünscht haben. Erschreckend, bewegend, realistisch und nicht ganz ohne Zuversicht.


    Von mir gibt es daher :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne!

  • Ein tolles Buch - ich brauche gar nichts mehr hinzuzufügen nach den vielen schönen Rezensionen hier und schließe mich einfach mal an. :mrgreen:


    Das Buch entwickelt Sogwirkung - die Aufzählung der Soldatennamen habe ich allerdings ein wenig überflogen.




    Von mir gibt es :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sternchen.

  • James Frey erzählt in "Strahlend schöner Morgen" die Geschichte von Los Angeles, L.A., Hollywood. Er erzählt von Entstehung, von den Menschen, den Tatsachen.
    Es werden einzelne Schicksale verschiedener Menschen erzählt, wie das Leben von Amberton Parker, einem berühmten Schauspieler, der inoffiziell komosexuell ist und denkt, dass er für Geld alles bekommt.
    Von Esperanza, der Tochter mexikanischer Einwanderer, die im Haus einer reichen und arroganten Amerikanerin putzen muss und dort ihre Liebe findet.
    Von Old Man Joe, einem Obdachlosen, der sich in einer Toilette ein Leben aufgebaut hat und dieses opfert, um ein Mädchen zu rettet, dass gar nicht gerettet werden will.
    Von einem jungen Liebespaar, das von Zuhause geflohen ist, um zusammen ein besserer Leben anzufangen.


    "Strahlend schöner Morgen" erzählt von der Stadt der Träume, der Hoffnung, in die viele Menschen kommen, da sie denken, dort, in L.A. erfolgreich zu sein.
    Doch der Schein trügt - die Stadt von so vielen Hoffnungen hat die höchste Verbrecherrate in den USA, Mädchen und Jungen werden zur Prostitution gezwungen, jeder möchte Karriere machen, schauspielern, modeln, doch schaffen tun es nur sehr, sehr wenige. Und sogar der Reichtum, die Berühmtheit bringt nicht alles Glück der Welt, hinter der schillernden Fassade Hollywoods steckt nicht viel mehr dahinter, als Drogen, Alkohol, Missbrauch, Gewalt, Erpressung.


    Die Geschichte Los Angeles' wird eher negativ dargestellt, doch mich hat der Roman davon überzeugt, dass ich unbedingt selbst meine Erfahrungen machen muss. Ich muss selbst nach L.A., um mich selbst zu überzeugen. Zu überzeugen von dieser Stadt. Der Stadt der Träume und zerstörten Hoffnungen.



    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • Danke! Was ihr schreibt, klingt sehr interessant!
    Was ich noch nicht ganz verstanden habe: Handelt es sich um einen einzigen Roman mit vielen Handlungsstängen u Splittern oder um einzelne in sich abgeschlossene Geschichten?
    :winken:

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Das Buch hat mich total fasziniert und begeistert! :applause:


    Die vier Hauptschicksale konnten mich allesamt fesseln und berühren. Wobei mir Amberton

    Besonders berührt haben mich die Schicksale von Esperanza sowie von Dylan und Maddie. Gut fand ich, dass alle vier Schicksale nicht konkret zu Ende geführt werden. So bleibt vieles meiner Fantasie überlassen und ich muss mich zum Beispiel nicht damit abfinden,


    Aber das Buch ist noch so viel mehr: James Frey schafft ein umfassendes Porträt einer Stadt und mich haben auch die vielen Zwischenkapitel begeistert. Vor allem die, in denen er die größten Straßen LAs beschreibt oder einfach nur Namen von Soldaten nennt, die verletzt nach LA zurückkehren. Oder er nennt eine Namensliste von jungen Frauen und Männern, die in LA ihre Träume wahr werden lassen wollten, aber gescheitert sind. Ebenso begeistert haben mich die Fakten über LA oder ich war schockiert von einer Aufzählung an Waffen, die in einem bestimmten Laden über die Theke wandern.


    Das Buch ist einfach enorm vielseitig und tiefsinnig und hat mich in seinen Bann gezogen. Daran schuld ist aber auch der Stil des Autors. Ich kann ihn nicht genau beschreiben, aber er ist auf jeden Fall fesselnd und sehr intelligent.


    Das Buch wird eigentlich durchweg von einer negativen Stimmung geprägt. LA wird als eine Stadt dargestellt, in der ich niemals würde leben wollen. Der Alltag ist geprägt von Kriminalität und Gewalt, Gangs kämpfen um ihre Viertel, Obdachlose versuchen, genügend Geld zu erbetteln, um den Tag zu überstehen. Wünsche zerplatzen wie Seifenblasen und nachts weinen sich die Bewohner der Stadt in den Schlaf. Doch es gibt auch hoffnungsvolle Szenen, die sehr leise und vorsichtig gezeichnet werden: Dylan und Maddie, die auf ihrem Motorrad von einem Fahrradfahrer überholt werden; Esperanza, die von einer Rose verzaubert wird; Old Man Joe, der eine junge Obdachlose vor seiner Toilette vorfindet; Amberton, der vor Liebe platzen könnte. Doch all diese Szenen sind nur von kurzer Dauer und schlagen schnell wieder in Angst und Verzweiflung um.


    Das Buch hat mich in einer sehr sentimentalen Stimmung zurückgelassen, aber ich bin so froh, es gelesen zu haben.


    Das Buch bekommt von mir volle 5 :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Ich habe das Buch mit :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertungHalb: bewertet.


    Die vielen eingefügten Informationen über Los Angeles störten meinen Lesefluss erheblich.

    Einige der Kapitel bestehen, wie bereits in anderen Meinungen hier erwähnt, lediglich aus Aufzählungen, so werden z.B. die Namen aller in der Stadt beheimateten Gangs aufgelistet.


    Wer es nicht mag, wenn Anführungszeichen fehlen, wird auch keine Freude an der Lektüre haben. Mir macht das grundsätzlich nichts aus. Allerdings nervte mich hier, dass die Dialoge in der Mehrzahl der Fälle mit „Sie spricht“ oder „Er spricht“ eingeleitet wurden.

    Solcher „Stilmittel“ bedient sich Frey noch öfter, indem er z.B. am Ende eines Kapitels die letzten beiden Worte wiederholt („und dann weinte sie. Weinte sie.“). Mir kam das ziemlich aufgesetzt vor.

    Ansonsten fand ich die Sprache zu stark vereinfacht, was gut gehen kann, mich hier aber nicht wirklich überzeugte.


    Die Geschichten über die Menschen, die in L.A. leben waren spannend, aber nicht unbedingt neu, wenn man die „üblichen“ amerikanischen Autoren schon gelesen hat.

    Gegen Ende werden den vier Hauptpersonen plötzlich noch ein, zwei Handlungsstränge hinzugefügt, was m.E. zu viel des Guten war, so dass ich alles in allem zu viele Seiten einfach überflogen oder quer gelesen habe.


  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „James Frey - Strahlend schöner Morgen“ zu „James Frey - Strahlend schöner Morgen / Bright Shiny Morning“ geändert.