Herbert Rosendorfer - Der Mann mit den goldenen Ohren

  • Kiepenheuer & Witsch Verlag, 2009
    248 Seiten


    Kurzbeschreibung
    Ein italienisches Insel- und Liebesabenteuer um einen Großmogul auf Klein-Capri
    Der neue Roman von Herbert Rosendorfer, für den Axel Munthes weltberühmtes "Buch von San Michele" Pate steht, erzählt mit viel Charme und hintersinniger Komik von einer italienischen Insel, die auf wundersame Weise und nur für kurze Zeit zum internationalen Jetset-Ziel avanciert.
    Lange wurde die kleine Insel Zompara, die zwar keine Blaue Grotte, aber immerhin eine Mondscheinbucht hat, von Touristen verschont. Das ändert sich grundlegend, als der mysteriöse armenische Großmogul Kasparian beschließt, dort ein Feriendomizil zu errichten. Seine abenteuerlich futuristische Villa in den Klippen macht Zompara zum Architekturmekka. Der Mogul, dessen abstehende Ohren in der Abendsonne golden leuchten, verliebt sich in das schöne Aktmodell Caterina, sorgt für zahlreiche Inselattraktionen und damit für einen Tourismusboom, der erst nach dem plötzlichen Verschwinden Kasparians wieder nachlässt. Jahre später schildert der mäßig erfolgreiche Münchner Maler und Ich-Erzähler Felix Mahr jenen schnellen Aufstieg und Niedergang Zomparas, an dem er nicht ganz unbeteiligt war. Mahrs höchst unterhaltsame Erinnerungen an den "Fall Kasparian" sind immer auch kokette Abschweifungen, durchsetzt mit wunderbaren Anekdoten und Rückblenden auf seine vier gescheiterten Ehen und mit einem typisch Rosendorferschen Arsenal seltsamer Figuren: neben den Einheimischen vor allem deutsche Künstler wie der Beuys-Schüler Horadam, der immer eine Flasche Pilsner Urquell zur Hand hat, der aus Ravensburg stammende Großschriftsteller Heribert Caesar, der steinalt ist, die Insel aber nie mit derselben Frau besucht, ferner Thesa, die Gattin eines Honorarprofessors, und eine schwerreiche "Fra Angelico"-Dame, die ihr teures Kunstwerk immer in einem Koffer mit sich trägt.
    Unterhaltsam-scharfsinnig und mit leichter Hand zeichnet Herbert Rosendorfers Roman über eine fiktive Insel auch ein liebevolles und zugleich selbstironisches Bild deutscher Italiensehnsucht.


    Über den Autor
    Herbert Rosendorfer, 1934 in Bozen geboren, 1939 nach München umgezogen, studierte an der Akademie der Bildenden Künste, wechselte danach zum Jurastudium. Seit 1969 zahlreiche Romane und Erzählungen sowie Theaterstücke. Professor für Bayrische Kulturgeschichte an der Universität München. Zahlreiche Auszeichnungen u.a. 1977 Tukan-Preis, 1999 Jean-Paul-Preis, 2005 Literaturpreis der Stadt München. Rosendorfer ist Ehrenpräsident der Kuno-Krissler-Gesellschaft. Nach seiner Tätigkeit als Richter lebt er wieder in der Nähe von Bozen.


    Meine Meinung
    Felix Mahr, ein deutscher Maler, schreibt auf Wunsch seines Freundes, des Schriftstellers Heribert Caesar, einen Roman über den Aufstieg und Fall der italienischen Insel Zompara, auf der er seit über 20 Jahren lebt.
    Im Haupterzählstrang berichtet Mahr, der Ich-Erzähler, über den durch legale und illegale Geschäfte reich gewordenen Armenier Kasparian, der durch sein Auftauchen und den Bau einer hochmodernen Villa einen Boom auf Zompara auslöste. Geld floss, Straßen, Hotels wurden gebaut, Touristen und Prominente kamen und veränderten das Leben im zuvor geruhsamen Zompara nachhaltig. Aber all dies zerfiel, als Jahre später Kasparian Hals über Kopf die Insel verließ.


    Diese Geschichte erzählt Mahr aber nicht gradlinig. Eingestreut findet man neben zahlreichen Anekdoten aus dem Inselleben, vor, während und nach der „Knall-Zeit“, auch Berichte aus Mahrs vier Ehen, Geschichten um seine Töchter Linda und Lewina und seinen Stiefsohn Belmont.
    Mahr und sein bester Freund Horadam, ein deutscher Objektkünstler, führen ein ruhiges Leben auf Zompara, treffen sich mit den Einheimischen in der Trattoria Vittoria und Ginos Bar, abseits vom Touristenboom, wenn da nicht Mahrs Beteiligung am Ende der „Knall-Zeit“ wäre....


    Fein geschliffen und wortgewandt mit viel (Selbst)ironie und Humor erzählt, kann man Herbert Rosendorfer verzeihen, dass der rote Faden der Geschichte ab und an verloren geht.
    Die Zomparesen zeichnet er liebevoll und einfühlsam, Vittoria, ihre Tochter Amanda, Gino und seinen Sohn, Don Alfredo Difossa, Gubbo, selbst die als Hexe verschrieene Spidara.
    Auch sonst bevölkern mit Horadam, Caesar, Veracci, Lankewitz, Frau Ehrtraud Kolbranz-Schüttling viele skurrile Figuren den Roman.


    Fazit: eine Lektüre, die nicht nur im Urlaub zum Entspannen, Schmunzeln und Lachen einlädt, von Rosendorfer charmant erzählt.


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Sterne von mir.

  • Danke für deine sehr einladende Rezi!
    Bei Amazon zerrissen und von dir geliebt - das allein erweckt schon meine absolute Neugier. Also mache ich Platz auf der Wunschliste, um es hoffentlich bald selbst lesen zu können. :)


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Tereza Brdecková, Das Jahrbuch des versteckten Gartens

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ja, die Amazon-Rezi habe ich auch gelesen ;) . Ich bin nun nicht so ein Rosendorfer-Kenner wie anscheinend dieser Rezensent, aber unterhaltsam fand ich den Roman auf jeden Fall (habe ein paar mal laut lachen müssen :loool: ).

  • Ich habe vor vielen Jahren sein Buch "Briefe in die chinesische Vergangenheit" gelesen und das fand ich witzig, originell und sehr hintergründig.
    Nun bin ich gespannt, ob es mir genau so gut gefällt. Szenen zum Lachen sind doch schon mal ein sehr guter Anfang. :thumleft:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: C.J.Sansom, Pforte der Verdammnis

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  • Angeregt durch Sigrids Rezi haben wir (Conor u. ich) uns spontan zu einer Minileserunde entschlossen. Wir starten am 17. August. Mitleser sind natürlich herzlich willkommen!


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: C.J.Sansom, Feuer der Vergeltung

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









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  • Nach Abschluß der Minileserunde folgendes Fazit:
    "Der Mann mit den goldenen Ohren" von Herbert Rosendorfer bietet alles was den Bereich Humor und Ironie umfasst. Es löst manche Lachsalve aus und auch die Wortspielereien des Autoren bringen Freude.
    Der reiche Kasparian schafft eigentlich nur den Rahmen der Geschichte. Der wirkliche Protagonist ist der Maler Mahr und sein Umfeld.
    Leider geht dem Autor ca. 70 Seiten vor Beendigung die Luft aus. Die Handlung wird flau, der Witz setzt aus - sehr schade, denn bis dahin habe ich mich aufs Köstlichste amüsiert. Da ich jedoch, zumal bei nur 247 Seiten, das Buch als Ganzes bewerten muß, kann ich gerechterweise leider nur :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: geben.
    Trotz der Kritik, aber im Hinblick auf sehr vergnügliche Stunden, werde ich das Buch dennoch gerne weiterempfehlen. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Roma Ligocka, Das Mädchen im roten Mantel

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









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