Anouar Benmalek, Die Liebenden von Algier

  • Seitenzahl: 412
    Org. Titel: Les amants desunis


    Inhalt:
    Nachdem ihr Genfer Mann gestorben ist, kommt Anna 1997 wieder nach Algier. Ihrem Sohn hat sie erzählt sie wolle sich die Pyramiden in Ägypten ansehen, aber in Wahrheit reist sie in die eigene Vergangenheit von der die schweizer Familie nichts weiß.
    Anna kam in den Wirren des Zweiten Weltkriegs als Zirkusartistin mit einem Wanderzirkus nach Algerien. Dort lernte sie ihren ersten Ehemann Nasreddin kennen und lieben. 1955 wird er von der Französischen Armee verhaftet und sie wird ausgewiesen. Sie hat ihn seit dieser Zeit nie wiedergesehen. Das war vor vierzig Jahren. Algerien ist nun unabhängig geworden, aber immer noch ist es für eine Ausländerin gefährlich sich im Land frei zu bewegen, denn der Bürgerkrieg hat das Land erfasst. Der Terror greift erneut um sich. Trotz aller Warnungen möchte Anna zu den Gräbern ihrer Kinder reisen und insgeheim hofft sie Nasreddin, falls er noch lebt, zu finden. Sie verkleidet sich als Araberin und reist in Begleitung des Strassenjungens Dschallal in das Bergdorf aus dem Nasreddin stammt, und in dem sie mit ihm und den beiden gemeinsamen Kindern gelebt hat bis die Mudschahidin mordend durch die Dörfer zogen. Diese Fahrt bringt sie an die Grenze ihrer Kraft und doch treibt sie eine innere Stimme voran.


    Autor:
    Anouar Benmalek, geb. 1956 in Casablanca. Er besitzt die algerische und die französische Staatsbürgerschaft. Er ist Privatdozent für Mathematik in Rennes, Journalist und überzeugter Demokrat und Mitbegründer des Algerischen Komitees gegen die Folter.


    Meine Meinung:
    Von dem einfaltslosen Buchtitel sollte man sich nicht täuschen lassen. Zwar beschreibt der Autor einfühlsam das Leben und die Liebe der jungen Anna, aber ebenso intensiv, oft grausam und somit sehr realistisch schildert er die Unabhängigkeitskämpfe. Egal von welcher Seite die Gefahr lauert, die Bevölkerung schwebt in ständiger Angst. Anna und Nasreddin halten fest zusammen bis sie scheinbar für immer voneinander getrennt werden.
    Als sie 1997 in das unabhängige Algerien zurückkehrt, könnte man glauben die Zeit wäre stehen geblieben, denn Korruption, Gewalt und brutale Szenen gehören immer noch zum Alltag, aber wir dürfen erleben wie all das durch eine über die lange Zeit bestehende Liebe mit einem Hauch Poesie sich dem entgegensetzt.
    Was hier so märchenhaft klingt, findet immer wieder Bodenständigkeit, liefert eine Spannung, die mit Grusel, Grauen, liebevoller Hingabe und Freundschaft ihre Nahrung findet. Ein Magnet, der dann jedoch im Traumland endet, einige Fragen in bezug auf die Familie in der Schweiz unbeantwortet läßt und dennoch mit einem guten Gefühl in der Bauchgegend diese abenteuerliche, halsrecherische Reise beendet. :wink:
    Ein erzählerisch großartiges Buch über ein bis heute gebeuteltes Land. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


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    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.