Das Haus Gottes: Teil 6 (S.347) - Teil 8 (S.559)

Zitat von €nigma

Aimery hätte - auch wenn er sehr sympathisch ist - einen Gang zum Therapeuten vertragen können.

Der hätte da auch nix mehr ausrichten können. Bei Gilbert vielleicht, aber Aimery? Nä! Das ist so einer dieser schrecklich nervigen Menschen, die von sich selbst immer nur das Schlechteste denken, immer in Selbstmitleid versinken und immer glauben, dass sie nichts Gutes verdient haben. Fürchterlich! Mit so einem Verhalten kann ich absolut nichts anfangen und meiner Meinung nach verdienen solche Leute auch kein Mitleid. Wenn man zu doof ist, zu sehen, was man leistet und was man kann, ist man echt selber schuld! Da kann mir noch so oft jemand erzählen, wie wert- und nutzlos ich doch bin, aber deswegen verachte ich mich doch nicht auch noch selbst.
Mag sein, dass ich da etwas radikal bin in dieser Hinsicht, aber ich musste mich so oft an den eigenen Haaren aus dem Dreck ziehen, bzw. viele Anfeindungen von außen über mich ergehen lassen, dass ich einfach nicht nachvollziehen kann, wie man sich dann auch noch gegen sich selbst wenden kann. Für mich gibt es da keine andere Denkweise als "Jetzt erst recht!" und "Die anderen können mich alle mal!" - und irgendwann steht man dann über dem, was andere von einem denken und gut is'.

Zitat von FallenAngel

Ne, eben nicht. Wie viel Mobbing musste ich seit meiner Kindheit über mich ergehen lassen - ich bin in der Grund- und Realschule sogar verprügelt worden - aber ich bin dennoch nicht immun gegen die Meinung anderer oder gar Anfeindungen. Ich denke, da kann man dein Argument pro Gilbert auch pro Aimery anwenden: Manche Menschen sind da weniger stark als andere.

Das bestreite ich auch nicht, aber für mich hat jeder, auch der "Schwache", eine Wahl: Entweder ich lasse mich fertig machen oder ich "schlage" zurück. Und ich kannte während meiner Schulzeit zwei Jungs, die sich haben fertig machen lassen, bloß weil sie anders und "nicht cool" waren. Der Eine baumelte mit 14 im Keller seines Elternhauses von der Decke, den Anderen hat man kurz nach den Abiklausuren aus der Nordsee gefischt. Und so wollte ich auf keinen Fall enden, da hab ich doch lieber kurz vor der allerletzten Zeugnisausgabe mitten in der Klasse meine Wut rausgebrüllt, alle Drecksäcke und Arschlöcher genannt, bin rausgestürmt und hab mir mein Zeugnis auf der Treppe von meiner mir entgegenkommenden Lehrerin geben lassen, nachdem ich mich standhaft geweigert habe, diesen "Sauladen von Klasse" nochmal zu betreten. Danach gings mir super.

Zitat von JuleBule

Da kann mir noch so oft jemand erzählen, wie wert- und nutzlos ich doch bin, aber deswegen verachte ich mich doch nicht auch noch selbst.

Das gilt aber eher für Erwachsene. Wenn man von frühester Kindheit an immer das Gefühl vermittelt bekommt, nichts zu taugen , ist es bestimmt sehr schwer, das nötige Selbstbewusstsein zu entwickeln. So einen Fall habe (hatte) ich im Verwandtenkreis. Ein Cousin wurde von seinem Vater psychisch kaputtgemacht. Mein Onkel war äußerst clever und ehrgeizig und machte eine blendende Karriere. Der älteste Sohn war nicht so begabt wie gewünscht und konnte nicht die geforderte "Leistung" bringen. Er hat dann irgendwann ganz aufgegeben (Alkoholiker, Frührentner, früher Tod ).

Zitat

Das bestreite ich auch nicht, aber für mich hat jeder, auch der "Schwache", eine Wahl: Entweder ich lasse mich fertig machen oder ich "schlage" zurück.

Da ist etwas dran. Ich wurde als extrem schüchternes und zuhause ziemlich überbehütetes Kind eine Zeitlang von zwei Mitschülern terrorisiert. Eines Tages habe ich dann aber im wahrsten Sinne des Wortes zurückgeschlagen - und zwar dermaßen, dass mir nie mehr jemand dumm gekommen ist...

@ Fallen Angel
Falls Du heute noch Probleme hast, Dich zu wehren, solltest Du Dich um professionelle Hilfe bemühen. Es ist schade, wenn fähige Leute von großmäuligen geistigen Dünnbrettbohrern gemobbt und ausgebremst werden.

Dem schliesse ich mich an, FallenAngel.
Wobei ich - zumindest nach meiner Recherche als Laie - fuerchte, dass auch mit heutigen Therapiemoeglichkeiten nicht alle Verletzungen, die man Menschen vor dem sechzehnten Lebensjahr durch Missbrauch/Misshandlung zufuegt, heilbar sind. Aber es ist sicher erlernbar, das Erlittene so zu integrieren, dass man es nicht dauerhaft abspalten muss, sondern seinen Weg gehen kann (das waere im Uebrigen meine persoenliche Definition von Staerke im Umgang mit solchen Traumata. Aber das sieht jeder sicher anders - und ein Betroffener definitiv noch einmal ganz anders).

Lass Dich nicht kleinmachen.

Alles Liebe von Charlie

Wir haben uns ueberschnitten.

Selbstbewusst sind ja nicht nur oder nicht vordringlich die, die mit den Fuessen stampfen, am lautesten bruellen oder am schnellsten zurueckschlagen.
Ich denke, selbstbewusst sind die, die ihre eigenen Wege zur Bewaeltigung finden, die, auf denen sie mit sich im Reinen sind, unabhaengig von dem, was ihnen wiederum von anderen suggeriert wird.

Alles Gute!
Charlie