Judith Hermann - Alice

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    Wenn jemand geht, der dir nahe ist, ändert sich dein ganzes Leben, es ändert sich, ob du willst oder nicht. Alles wird anders. Alice ist die Heldin dieser fünf Geschichten, alle erzählen von ihr - und davon, wie das Leben ist und das Lieben, wenn Menschen nicht mehr da sind. Dinge bleiben zurück, Bücher, Briefe, Bilder, und ab und zu täuscht man sich in einem Gesicht. Lebenswege kreuzen sich, ändern die Richtung und werden unwiederbringlich auseinandergeführt.
    Die Autorin von »Sommerhaus, später« und »Nichts als Gespenster« schreibt Geschichten von ungeheurer Kraft und großer literarischer Schönheit.



    Meine Meinung:


    In Judith Hermanns drittem Buch „Alice“, einem Erzählungsband, muss die gleichnamige Hauptprotagonistin in kürzester Zeit den Tod von insgesamt fünf ihr wichtiger Männer verkraften.
    In jeder der fünf Geschichten muss sie mit dem Verlust umgehen, der der manchmal unerwartete manchmal herbeigesehnte Tod mit sich bringt.
    Zunächst denkt man, dass die ersten vier Erzählungen nicht zusammenhängend sind. Doch durch die letzte Geschichte fließen alle fünf ineinander und man erkennt deutlich den chronologischen Zusammenhang.
    Alice ist eine eher blasse und unnahbare Gestalt, wirkt aber trotzdem menschlich.
    Nach den ersten Seiten wird man sofort von Judith Hermanns unbeschreiblich authentischen Schreibstil gefangen genommen und will gar nicht mehr aufhören zu lesen. Hermann schreibt unglaublich detailverliebt und ausgeschmückt, sodass das Lesen von Alltäglichem schon ein Vergnügen ist.
    Judith Hermanns Erzählungsband „Alice“ hat solch eine Tiefe und Intensität, dass man ganz in dieser Welt gefangen ist und es einem nach dem Lesen vorkommt, als wenn man lange Zeit unter Wasser gewesen ist. So muss man nämlich nach Beendigung dieser intensiven und atemberaubenden Lektüre erst einmal kräftig Luft holen und alles sacken lassen.
    Schon lange habe ich kein so sowohl prägendes und liebevolles als auch distanziertes Buch mehr gelesen!


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :thumleft: :love: :applause:

  • Danke, hasewue, für deine Rezension!


    Ich hatte das Buch in der Buchhandlung schon öfters in der Hand, hatte nach dem Lesen des Klappentextes aber immer das Gefühl, als würde es sich in den 5 Erzählungen jeweils um den Verlust der Person Alice drehen, geschildert von 5 verschiedenen Personen. Jetzt hab ich erst verstanden, dass es gerade Alice ist, die andere Menschen verliert. :idea:


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Vielen Dank für die schöne Rezension, hasewue :)
    Das Buch liegt schon hier und ich werde es als nächstes lesen, es ist nämlich schon weiterversprochen.
    Meine Meinung schreibe ich dann.


    :winken:

  • Die Planeten laufen langsam, aber sie machen ihre Transite, und dann ändert sich dein ganzes Leben, es ändert sich, ob du willst oder nicht.“ Seite 67/68


    In ihrem neuesten Werk „Alice“ erzählt Judith Hermann fünf Geschichten vom Sterben und vom Tod. Verbunden werden diese durch die Titelfigur Alice, die eben jene menschlichen Verluste zu beklagen hat. Fünfmal musste sie von ihr nahestehenden Personen Abschied nehmen, in ihrem Herzen jedoch und das wird besonders in der letzten Episode deutlich, behalten alle ihren festen Platz.


    Es ist bewundernswert wie sachlich, gleichwohl warmherzig und menschlich die Autorin mit diesem traurigen Thema umgeht. In schon fast minimalistischer Form schildert sie die Schicksale und Erlebnisse weit entfernt von Gefühlsduselei und Druck auf die Tränendrüsen. Beeindruckt hat mich die klare, geradlinige Sprache von Judith Hermann. Kein Wort ist zuviel und keins am falschen Platz. Dabei schafft sie eine bemerkenswert tiefe Atmosphäre, die mir als Leser aber doch noch genügend Raum für eigene Gedanken ließ.


    „Alice“ ist ein Buch für ruhige, besinnliche Stunden, und genau darin lag für mich der Reiz dieses Buches, es ist zeitlos, leise, wohltuend unspektakulär und unsentimental. Ich wünsche diesem besonderen Buch viele Leser und werde es selbst gern weiter empfehlen.

  • Ich habe eben das Buch angefangen zu lesen und es hat mich gleich in seinen Bann gezogen. Der Verlust eines Menschen ist die traumatischste Erfahrung im Leben und Judith Hermann findet eine wunderbare Sprache zu einem Weg, damit umzugehen.

    :flower: Das Leben findet immer einen Weg und blüht pötzlich da wieder auf, wo man es am wenigsten erwartet.

  • Ich kann mich nur meinen Vorrezendenten anschließen - da bleibt mir nicht mehr viel zu sagen. :)
    Das Buch hat mir auch gut gefallen.
    Judith Hermann schafft es, trotz der kurzen Sätze eine Atmosphäre zu schaffen.
    Ich werde mir wohl noch andere Bücher der Autorin vornehmen.


    :winken:

  • Mir war "Alice" zu sachlich, zu nüchtern und, wie Karthause es so treffend beschrieben hat, zu minimalistisch. Bei mir als Leser kamen keinerlei Gefühle auf, weder für Alice noch für ihre 5 Männer. Alles bleibt distanziert und unnahbar.


    Ich gebe dem Buch :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Mir ging es genauso wie dir, gaensebluemchen...
    Ich hab keinen Zugang zu den Geschichten bekommen und der Zusammenhang ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar. Auch wenn in der letzten Geschichte ein paar Schnüre zusammengeführt werden, erklärt das für mich noch nicht den zeitlichen Ablauf der Geschichte oder zu wem Alice wie steht. Die Person der Alice scheint für mich auch immer nicht getroffen zu sein von dem Tod der verschiedenen Personen. Einzig in der letzten Geschichte kommen Empfindungen auf. So läuft für mich jede Geschichte ins Leere.
    Mit dem Schreibstil von Judith Hermann konnte ich ebenso überhaupt nichts anfangen und ich war froh, als ich mit dem Buch fertig war. Diese detailreiche Beschreibungen haben mich einfach nur gestört.


    Von mir bekommt das Buch nur :bewertung1von5: :bewertung1von5: .


    lg Lene

    Die Zeit vergeht. Sie weiß es nicht besser.
    (Erich Kästner)

  • Ich hab keinen Zugang zu den Geschichten bekommen und der Zusammenhang ist mir bis jetzt noch nicht ganz klar. Auch wenn in der letzten Geschichte ein paar Schnüre zusammengeführt werden, erklärt das für mich noch nicht den zeitlichen Ablauf der Geschichte oder zu wem Alice wie steht.


    Stimmt, Lene, das habe ich vergessen zu erwähnen, aber so ging es mir auch.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


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    Bettina Belitz - Scherbenmond


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  • Von Judith Hermann habe ich "Sommerhaus später" gelesen und war begeistert von ihrer ruhigen sanften und doch bildhaften Art zu erzählen. Dann habe ich "Nichts als Gespenster" gelesen und wurde missmutiger, je weiter ich im Buch kam: Wieder schön erzählt, aber das wars auch. Die Zeichnung der Personen eher angedeutet als klar umrissen: Immer wieder die gleichen Typen. Und dieselbe Atmosphäre.
    Jede Geschichte für sich ist sehr schön, aber Hermanns Ideenreichtum, was Handlung und Charaktere angeht, finde ich begrenzt.


    So auch in "Alice". Fünf Männer aus ihrem engsten Umfeld sterben; von zweien erfährt man nicht, welche Rolle sie in Alices Leben spielten. In den vier ersten Geschichten geht es nicht um Trauer oder darum, wie Alice mit dem Tod des Mannes umgeht und ihn bewältigt, sondern immer nur um die zwei, drei Tage des Sterbens. Wobei Alice kein Mal im Moment des Todes anwesend ist.
    Nach der ersten Geschichte fand ich es wohltuend, wie nüchtern und gleichmütig Hermann erzählt, wie sie gleichzeitig Distanz und Nähe aufbaut, doch nachdem ich dasselbe in weiteren Variationen gelesen hatte, hoffte ich, dass mehr kommen würde. Aber auch beim letzten, schmerzlichsten Todesfall bleibt Alice gelassen. "... dann ändert sich dein ganzes Leben" - genau davon habe ich in den Erzählungen wenig gespürt.

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Einen Erzählstil wie in "Alice" habe ich in keinem anderen Buch erlebt. Es wirkt so kühl und lakonisch.
    Ich konnte keinen Bezug zu den Figuren aufbauen.
    Es ist sicherlich nicht einfach das Thema Tod & Verlust auf den Punkt zu bringen. Daher gibt es von mir drei Sterne. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ich habe "Alice" gerade als erstes Buch von Judith Hermann gelesen und fand ihre Art zu erzählen auf eine für mich noch nicht ganz greifbare Art faszinierend. Jedenfalls ging davon so etwas wie ein Sog aus, so daß ich es kaum aus der Hand legen konnte. Was diese Faszination ausmacht, darüber muß ich noch nachdenken. Eines allerdings hat mich wirklich genervt: Diese Manie, "rauf, runter, rein, raus" statt "hinauf, hinunter oder herauf, herunter, und hinein, hinaus oder herein, heraus" zu schreiben. Ich meine, es handelt sich hier um geschriebene, erzählende Sprache (und um eine ansonsten sehr gepflegte) und weder um Dialoge noch um nachempfundenen gesprochenen Alltagsjargon. Für diese sprachliche Flapsigkeit kann ich keinerlei Grund entdecken und sie hat mich ungemein gestört.