Louise Jacobs, Gesellschaftsspiele

  • Seitenzahl: 248


    Inhalt:
    Einmal in einem großen Museum ausstellen zu können, Beachtung und Erfolg zu finden, finanziell unabhängig und sorgenfrei zu sein, das sind die Träume des Künstlers Leo Becker.
    Nun steht er kurz vorm Ziel. Er darf in New York ausstellen. Den Erfolg hat er nicht zuletzt seiner Frau Rahel zu verdanken. Sie ist weit mehr als nur seine Ehefrau, sondern übernimmt nach und nach die Organisation. Sie erstellt den Terminplan, entwickelt und förderte für ihn wichtige Kontakte, vermittelt Interviews. Kein Weg zum Maler Leo Becker führt an ihr vorbei. Dabei erfährt sie schmerzlich wie ihre Beziehung sich immer mehr entzweit. Leo sieht sich der völligen Vermarktung gegenüber, fühlt sich unter Druck gesetzt und sucht schließlich um malen zu können die Stille. Auf dem Land findet er das passende Haus und trotz Einsamkeit genießt er dort die Ruhe. Seine Frau klammert er aus. Sie bleibt in Berlin, sucht die Annäherung ohne dem Grund ihres Fremdseins zur Kenntnis zu nehmen. Treffen und Gespräche sind bald nur noch geschäftlicher Natur.
    Verzweifelt sucht Leo wieder Kontakt zu seiner ehemaligen Geliebten Ebba, die er einst auf dem Weg zum Erfolg verließ. In seiner Erinnerung war dies die Zeit der Erfüllung, seine Bilder der Ausdruck von Lebensgefühl.
    Leo ein Künstler zwischen zwei Frauen und der Schattenseite des Ruhms.


    Autor:
    Louise Jacobs, geb. 1982, landete mit ihrer Familienbiografie "Café Heimat" auf den Bestsellerlisten. Sie interessierte sich schon früh für Kunst und ist für ihren Roman ein Jahr lang in die Leipziger Künstlerszene und die internationale Kunstszene abgetaucht. Sie lebt heute in Berlin.


    Meine Meinung:
    Nachdem ich "Café Heimat" gelesen habe, war ich sehr gespannt wie Louise Jacobs den Sprung zum nächsten Buch bewältigen wird.
    Sie schildert deutlich die Zerissenheit des Malers Leo Becker, der kurz vor dem Höhepunkt seiner künstlerischen Karriere eine Entscheidung treffen muß, beruflich und auch privat.
    Er sieht sich zwischen zwei Frauen - seiner ehrgeizigen Ehefrau, die ihre Erfüllung in ihrem Job findet, sich in der turbulenten Kunstszene in ihrem Element fühlt, aber eben nur die Frau an seiner Seite ist. Ihr geschäftsmässiges Vorantreiben lässt ihn zum Spielball der Gesellschaft werden. Unter dem Druck zwöf Bilder zur Ausstellung im Metropolitan zu schaffen, erkennt Leo seine Unfähigkeit ihr Gesicht auf die Leinwand zu bringen. Er gibt unfertige Bilder ab und begreift, dass er längst nicht mehr nach seinen Werken, sondern nur noch nach dem inzwischen in aller Munde liegenden Namen beurteilt wird.
    Ebba, seine frühere Geliebte, erscheint ihm als der Ausweg. Den Schmerz, den er bei beiden Frauen hervorruft, sieht er nicht.
    Louise Jacobs beschreibt sehr schön den Ruhm und seine Schattenseiten, und dass Liebe nicht zum Mittel des Zwecks werden darf. Ich fühle Verständnis für die Situation aller drei Beteiligten.
    Ein unterhaltsamer, niveauvoller, fesselnder Roman, dessen Ende allerdings nicht besonders geglückt ist. Hier hat es sich die Autorin etwas zu einfach gemacht und nur durch den Epilog reagiere ich ein wenig versöhnt.
    Doch man muß berücksichtigen, dass es ihr erster wirklicher Roman ist. Man sollte ihr noch den Weg zur Reife gönnen.
    Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: / :bewertung1von5: und empfehle es wegen des einfühlsamen Künstlerlebens.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Ambroise Vollard, Erinnerungen eines Kunsthändlers

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Meine Meinung:


    Erzählt werden die letzten Monate im Leben des Malers Leo Becker. In neun Monaten soll er zwölf Bilder für eine Ausstellung im Metropolitan Museum von New York anfertigen. Doch, obwohl er sich in ein Atelier im ländlichen Garz zurückgezogen hat, gerät er mehr und mehr unter Zeitdruck.


    So wie es Leo nicht gelingt, das Gesicht seiner Frau Rahel in einem Bild zu malen, so erscheint auch die Ehe der beiden: gesichtslos.
    Auf Leos Geburtstagsfeier in Berlin kommt es zu einem kleinen Eklat, da er eine allzu offensichtliche Affäre seiner Frau nicht mehr hinnehmen kann.
    Leo sucht wieder die Nähe zu Ebba, seiner Geliebten aus vergangener Musikerzeit.


    Louise Jacobs macht es mit ihrem Roman aus der Berliner Künstlerszene den Lesern nicht leicht.


    Leo Becker bleibt unsympathisch, egoistisch und unfähig zu menschlichen Bindungen. Er ist zerrissen zwischen seiner Kunst, Geld und Ruhm. Auch Rahel, seine Frau,beschränkt sich auf die Vermarktung ihres Mannes, kühl spielt sie ihre Rolle in der Maschinerie "Kunstszene".


    Die Figuren mögen flach, kalt und oberflächlich erscheinen, spiegeln damit aber nur das Geschäft um die Kunst wider. "Marken" sind gefragt, Inhalte sekundär. Alle Beteiligten, Künstler, Agenten, Galeristen, Sammler sind ständig auf der Suche, versuchen Einsamkeit und innere Leere durch "ihre Kunst" zu füllen.


    Einzig Ebba, die ehemalige Geliebte, die sich ganz aus der Szene zurückgezogen hat, macht einen nachdenklichen und reflektierten Eindruck. So wundert es auch nicht, dass erst beim Wiedersehen Leo Emotionen, Wut, Angst artikulieren kann. Er vergleicht sich mit einer Spinne, die selbst die Fäden zieht und zugleich in ihrem Netz gefangen ist.
    Aber manchmal reicht auch das nicht aus....


    Auch wenn Louise Jacobs die gängigen Klischees bemüht, Alkohol, Drogen, Sex, Krisen, empfand ich ihre Darstellung der Kunstszene nicht als überhöht.Die Autorin vermittelt ihre Intention klar und glaubhaft.


    Ich vergebe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: .

  • Und ab damit auf die Wunschliste. Das Buch werde ich so schnell, wie möglich, kaufen, denn ich warte schon lange auf etwas Neues von der Autorin. :)

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Dann wünsche ich dir unterhaltsame Stunden, Suspiria!


    Liebe Grüsse :winken:
    Wirbelwind


    :study: Jorge Amado, Die Abenteuer des Kapitäns Vasco Moscoso

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Dieser Termin ist vielleicht für die Berliner und Randberliner unter uns interessant.


    Am Mittwoch, 20. Mai 2009 um 19.00 Uhr liest Louise Jacobs aus "Gesellschaftsspiele" in der Buchhandlung "Leporello" in Berlin Rudow.

  • Dieser Termin ist vielleicht für die Berliner und Randberliner unter uns interessant.


    Am Mittwoch, 20. Mai 2009 um 19.00 Uhr liest Louise Jacobs aus "Gesellschaftsspiele" in der Buchhandlung "Leporello" in Berlin Rudow.


    Da würde ich gern mitkommen, bin aber weder Berliner noch Randberliner :wink:
    Viel Spaß :winken:

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

  • Berlin - leider weit von mir entfernt, schade! Aber vielleicht geht jemand aus Berlin hin und kann dann berichten??? Das wäre toll! :)


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Jorge Amado, Das Abenteuer des Kapitäns Vasco Moscoso

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich würde schon gern hingehen (hinfahren), Voraussetzung ist jedoch ein pünktlicher Feierabend. Mal sehen, vielleicht klappt es ja.

  • Leo Becker ist ein angesehner und erfolgreicher Künstler. Er will anders sein, verachtet die Gesellschaft und die Normalität. Irgendwie scheint er sich für etwas besseres zu halten. Die Welt dreht sich nur um ihn. Jedenfalls verlangt er dies. Er wirkt sehr unsympathisch und das hält sich das ganze Buch über. Seiner Frau gegenüber tritt er sehr unnahbar, verschlossen und egoistisch auf. Er lässt sich allerdings auch zu sehr in das Klischee eines Künstlers drängen. Auf der einen Seite will er den Erfolg, auf der anderen Seite ist er nicht wirklich bereit dafür Kompromisse einzugehen und wenn, dann ist er mit diesen nicht glücklich.
    Leos Frau Rahel ist nicht weniger unsympathisch als Leo selbst. Sie wünscht sich mehr zu sein als sie ist. Sie will nicht nur die Frau des Künstlers sein, sondern eine eigenständige Persönlichkeit. Aber dafür hat sie einfach nicht das nötige Selbstbewusstsein. Auch Finn, ihre Affäre, ist keine wirklich sympathische Figur. Er handelt einfach so, wie es die Gesellschaft verlangt.
    Und dann ist da auch noch Ebba. Die ehemalige Freundin von Leo. Sie ist die einzige, die in diesem Buch zumindest ein wenig Sympathie mit sich bringt. Allerdings sind auch ihre wenigen beschriebenen Gefühle und Gedanken zu wirr.


    Insgesamt ist die Geschichte recht nichtssagend und undurchsichtig. Ja, die Gesellschaft spielt. Mit sich selbst. Und die Gesellschaft erwartet, sie manipuliert. Ob das gut oder schlecht ist, das liegt wohl immer im Auge des Betrachters.


    Jacobs Schreibstil hat mich an einigen Stellen ein wenig angeödet. Viele Wiederholungen und lange Ausführungen ermüden einen.
    Auch, dass das Ende bereits zu Beginn im Prolog mitgeteilt wird und dass darauf aber keine wirklich tolle Erkenntnis kommt, kein Aha-Effekt, nichts. Das hat mich ziemlich enttäuscht.
    Auf dem Cover steht die Frage "Wer hat Leo Becker getötet?". Tja. Meiner Ansicht nach bleibt diese Frage ungeklärt. Alles auf die Gesellschaft an sich zu schieben ist wohl ein wenig zu einfach und unreflektiert.


    Insgesamt hat mir das Buch nicht gefallen und ich hatte mehrmals mit dem Gedanken gespielt es abzubrechen. Da es aber eh nur so kurz war mit seinen knappen 250 Seiten und ich immer noch auf eine Erkenntnis gehofft hatte, habe ich mich doch durchgequält.

  • Inhalt: Noch neun Monate bis zur Metropolitan-Ausstellung in New York. Die Auftragsarbeit könnte der entgültige Durchbruch für den aufstrebenden Maler Leo Becker bedeuten. Doch Leo ist ausgebrannt, kommt schlecht mit dem Zeitdruck und der Erwartungshaltung zurecht, ihm fehlt die Muse seine Bilder fertig zu stellen. Entfremdet von seiner Frau, die gleichzeitig als seine Beraterin tätig ist, entflieht er aufs Land und hofft, sich hier auf die wirklich wichtigen Dinge besinnen zu können und zu sich selbst zu finden.


    Meine Meinung: Erzählt wird nicht nur aus Sicht des ausgebrannten Künstlers, sondern auch von seiner Frau und Beraterin Rahel, sowie der ehemaligen Freundin Ebba. Am Anfang scheinen die Rollen klar verteilt, schon der Klappentext macht aus Leo das arme Opfer, von der Gesellschaft gehetzt, von seiner Frau betrogen. Dieser Eindruck kippt ziemlich schnell. Gerade Rahel habe ich irgendwann nicht mehr als die kalte, erfolgsorientierte Karrierefrau wahrgenommen, zu der sie Anfangs abgestempelt wurde.


    Echte Sympathie konnte ich jedoch zu keiner der Figuren aufbauen, ich hab mich eher wie ein distanzierter, oft auch emotionsloser Beobachter gefühlt, der alles aus weiter Ferne betrachtet. Unverständlich erschien mir Leos Anziehungskraft auf Frauen, ich fand diesen ewig unzufriedenen, egoistischen Mann voller Widersprüche wenig anziehend.


    Deutlich wird die Kritik am Kulturbetrieb – Leo begeistert Kritiker und Sammler mit seinen Werken, doch es geht schon lange nicht mehr um Inhalte, der Name Leo Becker ist zur erfolgreichen Marke geworden. Leider tritt die Geschichte irgendwann auf der Stelle und wird langweilig, Leos Gedanken drehen sich im Kreis, er kann nicht mit, aber er kann auch nicht ohne die öffentliche Aufmerksamkeit.


    „Gesellschaftsspiele“ gewährt authentische Einblicke in die Kunstszene, in die Arbeitweise und Gedanken eines erfolgreichen Malers, konnte mich aber letztendlich nicht wirklich fesseln oder emotional berühren. :bewertung1von5: :bewertung1von5: