Karen Duve - Dies ist kein Liebeslied

  • Klappentext:
    Mit sieben schwor ich, niemals zu lieben. Mit achtzehn tat ich es trotzdem. Es war genauso schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war demütigend, schmerzhaft und völlig außerhalb meiner Kontrolle."
    Seither träumt die inzwischen dreißigjährige, übergewichtige Anne Strelau von ihrer unglücklichen und unerwiderten Jugendliebe. Doch nun hat sie einen Entschluss gefasst: Ein letztes Mal will sie Peter Hemstedt treffen - in der Hoffnung, daß ein Wort, ein Zeichen von ihm, sie endlich von ihrem unerfüllten Traum erlöst....


    Die Autorin:(wikipedia)
    Karen Duve wuchs im Hamburger Stadtteil Lemsahl-Mellingstedt (Bezirk Wandsbek) auf. Im Jahr 1981 legte sie ihr Abitur ab und begann danach eine Ausbildung zur Steuerinspektorin, die sie aber im Jahr 1983 abbrach. In der Folge arbeitete sie 13 Jahre lang als Taxifahrerin in Hamburg, überwiegend im Nachtdienst. Diese Erfahrungen fanden später Eingang in ihren Roman Taxi. Außerdem war sie Korrektorin für eine Zeitschrift. Seit 1990 ist sie freie Schriftstellerin. Ihre erste Erzählung mit dem Titel Im tiefen Schnee ein stilles Heim veröffentlichte sie im Jahr 1995.
    Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen.


    Meine Meinung:
    Das Buch hat mir gut gefallen - komisch, aber auch traurig zugleich -irgendwie. Anne Strelau hat mir oft leid getan.
    Anne Strelau sitzt im Flugzeug nach London, um dort noch einmal ihre ehemalige Liebe Peter Hemstedt zu treffen. Dabei lässt sie ihr Leben Revue passieren.
    Von Anfang an ist sie eine Außenseiterin, hat mit ihrem Gewicht zu kämpfen und fühlt sich nicht geliebt.
    Viel Selbstironie, Sarkasmus, Tragik und Komik ist in dem Buch vorhanden. Duves Schreibstil hat mir zugesagt.


    Buchanfang:
    "Mit sieben Jahren schwor ich, niemals zu lieben. Mit achtzehn tat ich es trotzdem. Es war genauso schlimm, wie ich befürchtet hatte. Es war demütigend, schmerzhaft und völlig außerhalb meiner Kontrolle. Ich wurde nicht wiedergeliebt; es gab nichts, was ich tun konnte, um das zu ändern, und bei dem Versuch, selbst nicht mehr zu lieben, wurde ich beinahe verrückt. Wenn man erkennt, daß man den Verstand verliert, ist es das Klügste, die Sache für sich zu behalten und geistige Gesundheit vorzutäuschen, indem man sich wie alle anderen benimmt. Alle anderen hatten Freunde und Sex, sie hatten Berufe, gingen auf Parties und Reisen, und freuten sich fünf Tage lang aufs Wochenende. Also ging ich ebenfalls mit Männern ins Bett und mit Frauen in Bars, scheiterte in diversen Jobs, langweilte mich auf Festen und woanders und schnitzte mir sonntags mit einem Kartoffelschälmesser Muster in die Oberarme. Unterdessen wurde der FC Bayern München achtmal deutscher Meister. Alle Leute, die ich kannte, kauften sich Uhren mit Digitalanzeige und vertauschten ihre Schlaghosen gegen knöchelenge Jeans oder Karottenhosen. Der Iran erklärte die USA zum großen Satan, und MTV startete sein Programm mit :Video killed the Radio Star von den Buggles. Englische Soldaten marschierten auf den Falklandinseln ein und sowjetische in Afghanistan und amerikanische auf Grenada. Alle Leute, die ich kannte, tauschten ihre Digitaluhren wieder gegen normale Uhren mit Zeiger und Zifferblatt und kauften sich Walkmen...."

  • Danke Conor!
    Das klang so faszinierend, dass ich schon wieder geclickt habe...
    Wann soll ich das alles nur lesen, frag ich mich!

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Conor! Ich habe es gelesen und ich bin so froh, dass ich es gelesen habe! Danke!
    Eine Mischung aus einigen vielversprechenden Zutaten. Am Anfang viel Humor und Sarkasmus, die Kindheit hatte für mich teilweise Wiedererkennungseffekt, so wie wenn man eine 70er odper 80er Show anschaut. Zuerst wird man mit typischen Sorgen und Nöten der Pubertät konfrontiert und ich war begeistert, wie lebendig die Autorin dieses Lebensgefühl schildert. Ihr Erzählton hat mir unglaublich gut gefallen!
    Im Laufe der Geschichte verdüstert sich dann alles und ich habe gelitten. Ich hätte Anne manchmal schütteln können, mit ihrer Weltsicht und ihrem bitteren Zynismus hatte sie gar keine Chance aus der unglückseligen Spirale herauszukommen. Anne wurde dicker und dicker und die Geschichte immer auswegloser und bedrückender.
    Wäre nicht alles so traurig, müsste man ja über die Szenen beim Therapeuten u in der Selbsterfahrungsgruppe lachen, aber das blieb mir buchstäblich im Halse stecken.
    Da größtenteils retrospektiv erzählt wird u die Gegenwart, in der Anne ja auf dem Weg nach London zu ihrer großen unerreichten Liebe Peter ist, wurde ich zusehends nervös, als das Buch immer dünner wurde und ich mir absolut keine Lösung für ein halbwegs schlüssiges oder befriedigendes Ende vorstellen konnte. Ich war verführt vorzublättern u zu spicken, aber das ist bei mir absolut tabu!
    Von dem Ende der Geschichte war ich absolut angetan. Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass Karen Duve aus dieser Ausgangslage noch ein nicht-kitschiges Ende findet, das nicht völlig vernichtend ist. Dieses Ende ist eigentlich kein Happy-end, aber dennoch ist es ein bisschen ...? Na ja, stimmig u versöhnlich vielleicht!?!
    Nach dieser Lektüre wurde ich nochmal sehr nachdenklich darüber, wie viele Gedanken im Leben wohl fast aller Frauen sich um Figur, Gewicht, Essen, Diäten drehen. Ich habe bisher noch nie etwas anderes gehabt als Idealgewicht, dennoch hatte ich Phasen, vor allem als ich jung war, wo ich damit nicht zufrieden war u überlegt habe, wie ich es anstelle, dass...
    Zwar alles lange nicht so extrem, wie in diesem Buch beschrieben, aber welche Frau kann schon von sich sagen, dass sie über diesen Dingen steht?
    Und mit wie vielen Kilos fängt das Leben an und mit wie vielen hört es auf lebenswert zu sein, diese Frage zieht sich wohl nicht nur durch Karen Duves Buch...

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Conor: Und schon wieder ist ein Buch auf meine Wunschliste gelandet. Vielen Dank für die wunderschöne Rezi!


    Liebe Grüße von der buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Ich kam nicht über 60 Seiten hinaus, dann hab ich es abgebrochen.
    So langweilig und unnötig in meinen Augen. Die Handlung ermüdend, der Schreibstil auch nichts Besonderes.
    Nein, da möchte ich mich nicht weiter durchquälen.

    "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont."
    Konrad Adenauer


    :study: Ashley Audrain - Der Verdacht











  • Danke Conor!
    Das klang so faszinierend, dass ich schon wieder geclickt habe...
    Wann soll ich das alles nur lesen, frag ich mich!

    Mir gehts genauso. Ich finde immer wieder Bücher, die ich dann auf die Wunschliste setze, obwohl ich genau weiß, dass ich sowieso keine Zeit dafür habe.

    Ein Buch :study: ist ein Garten :flower: , den man in der Tasche trägt.


    :flower: :flower: :flower: arabisches Sprichwort :flower: :flower: :flower:

  • Mich hat dieses Buch sehr berührt. Es zeigt meines Erachtens sehr gut, was der gesellschaftliche Druck auf Frauen, schlank zu sein, ihnen antut. Bei Anne kommt erschwerend hinzu, dass sie in ihrer Kindheit keinerlei Liebe oder Rückhalt erfährt, im Grunde kennen ihre Eltern sie gar nicht, ihre Wünsche und Bedürfnisse sind ihnen schlicht egal. Sie nimmt immer mehr zu, verliert gleichzeitig stetig an Selbstwertgefühl, glaubt, keiner Liebe wert zu sein und gleicht diesen Mangel wiederum durch eine gewisse Härte anderen gegenüber aus, um sich vor Abweisung und seelischer Verletzung zu schützen - was sie aber letztlich noch weiter isoliert. Andererseits zeigt sich hier auch hier ihre Stärke, sie kann und will sich den Zwängen nicht beugen (z.B. zum "Dauerlächeln"), sie sieht sehr klar die Schwächen ihrer Mitmenschen, allen voran die ihrer lieblosen Bettgefährten und ihres miserablen Therapeuten. Trotzdem schafft sie es nicht, sich von ihnen zu lösen. Zum Teil ist sie mehr oder weniger gewollt ein Außenseiter, zum anderen leidet sie sehr darunter. Der Autorin gelingt es hier, ein sehr komplexes und realistisches Bild ihrer Protagonistin zu zeichnen.