Daniel Kehlmann - Ruhm

  • Aus der Amazon.de-Redaktion
    Ruhm heißt der neue Roman des Erfolgsschriftstellers Daniel Kehlmann. Damit niemand glaubt, dass er nun größenwahnsinnig geworden ist, hat er in einem Interview vor der Veröffentlichung betont, dass der Titel ironisch gemeint sei. Geistreicher Witz und subtile Ironie - diese beiden Stärken spielt Kehlmann in der Tat auch in seinem neuen Roman aus. Eine seiner Figuren ist Leo Richter, ein brillanter, geistreicher Bestseller-Autor. Der Verdacht liegt nahe, dass es sich um ein Alter Ego Kehlmanns handelt. Genährt wird er dadurch, dass Richter im Roman Ruhm über eben dieses Werk reflektiert. Und er schafft Figuren, die dort auftreten - ein vielschichtiges und spannendes Spiel mit Wirklichkeit und Fiktion, das auf weiteren Ebenen fortgeführt wird. Kehlmann schildert Richter auch in ironischer Brechung: Auf Reisen beispielsweise mutiert Leo, der Löwe, unter Flugangst leidend, zu einem ängstlich wimmernden Kätzchen.


    Aus neun Kurzgeschichten besteht der Roman. Jede kann, mit Ausnahme der letzten, für sich gelesen werden. Einzelne Figuren oder Fäden der einen Geschichte werden in der nächsten oder einer späteren Geschichte weitergesponnen und zu einem Roman verwoben. Ruhm ist voller intertextueller Bezüge und Querverweise. So zitiert Kehlmann paraphrasierend aus Goethes Faust. Aber man muss nicht alles erkennen, um dem Roman folgen und ihn mit Genuss lesen zu können.


    Ruhm ist ein Literatur gewordener Episodenfilm, spannungsreich und mitreißend geschrieben. Pointiert und treffsicher sind die Schilderungen: Ein Satz oder eine Geste reichen bei Kehlmann aus, um Bilder entstehen und Situationen klar werden zu lassen. Den begeisterten Lesern von Die Vermessung der Welt und Ich und Kaminski wird auch Ruhm gefallen. -- Elisabeth Müller "


    Kurzbeschreibung
    Ein Mann kauft ein Mobiltelefon und bekommt Anrufe, die einem anderen gelten nach kurzem Zögern beginnt er ein Spiel mit der fremden Identität. Ein Schauspieler wird von einem Tag auf den nächsten nicht mehr angerufen, als hätte jemand sein Leben an sich gerissen. Ein Schriftsteller macht zwei Reisen in Begleitung einer Frau, deren größter Alptraum es ist, in einer seiner Geschichten vorzukommen. Ein verwirrter Internetblogger wiederum wünscht sich nichts sehnlicher, als einmal Romanfigur zu sein. Eine Krimiautorin geht auf einer abenteuerlichen Reise in Zentralasien verloren, eine alte Dame auf dem Weg in den Tod hadert mit dem Schriftsteller, der sie erfunden hat, und ein Abteilungsleiter in einem Mobiltelefonkonzern verliert über seinem Doppelleben zwischen zwei Frauen den Verstand. Neun Episoden, die sich nach und nach zu einem romanhaften Gesamtbild ordnen, ein raffiniertes Spiel mit Realität und Fiktionen: ein Spiegelkabinett. Ein Buch über Ruhm und Verschwinden, Wahrheit und Täuschungen - voll unvorhersehbarer Wendungen, komisch und brillant.


    Der Autor:
    Daniel Kehlmann, 1975 in München geboren, lebt in Wien und Berlin. Sein Werk wurde unter anderem mit dem Candide-Preis, dem Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung, dem WELT-Literaturpreis, dem Per-Olov-Enquist-preis, dem Kleist-Preis und dem Thomas-Mann-Preis ausgezeichnet. Sein Roman "Vermessung der Welt", übersetzt in über vierzig Sprachen, ist einer der größten Erfolge der deutschen Nachkriegsliteratur.


    Meine Meinung:
    Die neun Geschichten sind virtuos miteinander verknüpft - da kauft sich in der ersten Geschichte Herr Ebling zum ersten Mal ein Handy und erhält Anrufe von ihm unbekannten Personen. Er schlüpft in die Identität des Anderen.
    In der vierten Geschichte wird dann die Geschichte des Anderen erzählt, wie es plötzlich mit ihm beruflich hapert, wie er nicht mehr angerufen wird.
    So sind die Geschichten miteinander verbunden - interessant, zu erfahren, was für Folgen die Entscheidung des Einen für den Anderen bedeuten.
    Kritisch wird begutachtet, wie leicht es ist, die Identität eines anderen anzunehmen.
    Kehlmann spielt mit Fiktion und Realität, die Frage: Was ist Wahrheit und was Lüge, was ist Realität und was Fiktion zieht sich durch den ganzen Roman.


    Sicher habe ich nicht die ganzen Querverweise erlesen - aber vielleicht beim zweiten Mal? Wer weiß?
    Jedenfalls ist der Roman durchaus lesenswert. :thumright:

  • Hallo Conor,
    danke für die sehr informative Rezi. :D
    Eine doch ungewöhnliche Darstellungsform, aber reizvoll. Soeben habe ich erfahren, dass unsere Bücherei es ins Neuerscheinungen-Bestseller -Angebot aufgenommen hat. Na da greife ich doch zu.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Louis Aragon, Aurelien
    :study: Barabara Vine, Heuschrecken

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Es ist ein Vergnügen, diesen "Roman" zu lesen. Auf eine originelle Weise verknüpft Kehlmann die Personen und ihre Geschichten, denn jedes Erlebnis und jedes Ereignis, woran mindestens zwei Personen beteiligt sind, hat auch seine zwei Seiten, die sich, je nachdem aus wessen Augen man die Sache betrachtet, ganz anders darstellen. Gleichzeitig ein amüsantes Spiel: Wo hört die fiktionale Ebene auf und wo beginnt die Fiktion der Fiktion? Man kommt nicht immer eindeutig dahinter - jedenfalls ist es mir nicht immer gelungen - aber das schmälert den Lesespaß nicht.
    Als Leser sollte man sich die Namen der Figuren gut einprägen, um sie wieder zu erkennen, wenn sie in einer anderen Geschichte erneut auftauchen.


    Was mir gefällt: Wenn die Figuren in Dialog mit ihrem Autor treten, weil er schreibt, was er für richtig hält, und nicht das, was sie sich eigentlich für ihr Leben als Buch-Protagonist wünschen. Und wenn der Autor dann seinen Lesern erklären muss, warum es besser ist, nachzugeben als seinen Kopf durchzusetzen.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Auch mir hat das Buch sehr gut gefallen. Zuerst haben mich die "neun geschichten" abgeschreckt, weil ich Kurzgeschichten nicht so mag, aber: Erstens sind die einzelnen Geschichten sehr ideenreich und zweitens - wie schon erläutert - werden diese auf scharfsinnige Weise verknüpft.


    Zu ergänzen zu dieser tollen Rezi ist eigentlich nur noch wenig: Es ist mir an einigen Stellen (und in einem ganzen Kapitel ganz deutlich) aufgefallen, dass Daniel Kehlmann die Sprache anpasst, je nach dem, aus welcher Sicht die Geschichte erzählt wird. Das klingt banal, aber es würde sich sicher lohnen, schon von Anfang an darauf zu achten, wenn einen so etwas interessiert.


    Zudem möchte ich noch erwähnen, dass es ein sehr schönes Buch ist, mit einer angenehmen Typographie. Ausserdem liegt es gut in der Hand und hat ein schönes bordaux-rotes Lesezeichenbändchen.

  • Mir hat das Buch so gut gefallen, dass ich es mir ertauscht habe, obwohl ich es ja schon gelesen habe - das erste Mal war es ein Wanderbuch.
    Ich will es auf jeden Fall ein zweites Mal lesen.
    Freut mich, dass es euch auch so gut gefallen hat. :)


    :winken:

  • Hallole!


    Ich kann mich meinen Vorrednern im Großen und Ganzen nur anschließen - ein interessantes, angenehm flüssig zu lesendes Buch. Auch wenn ich im Nachhinein nicht wirklich weiß, um was es eigentlich ging. Durch die Vielzahl der handelnden Personen hatte der Roman kein Zentrum im üblichen Sinne. Ging es um den Verlust der Identität? Ging es um neue Medien? Um den Verlust der Identität durch neue Medien? Unterschwellig beängstigend fand ich einige Episoden, weil sie deutlich machten, wie dünn und brüchig das Gebilde ist, das wir Realität nenen, wie schnell sich alles ändern und man aus der Bahn geworfen werden kann.


    Besonders gelungen fand ich den fiktiven Forumsbeitrag. (Auch wenn er für einen echten Forumsbeitrag zu lang war, den würde so niemand wirklich lesen.) Die Sprache hat mir hier besonders Spaß gemacht. Diese Mischung aus denglisch, Szeneslang und leicht verquerer Grammatik war wirklich Klasse. Voller Container!

  • Von diesem Buch bin ich enttäuscht. Ich hatte mehr erwartet als neun belanglose Geschichten. Einzig die elegante Erzählweise des Autors lässt mich diesem Buch noch 3 Sterne vergeben.

  • Hallo!
    Ich habe das Buch heute durchgelesen und war positiv überrascht, nachdem ich "Die Vermessung der Welt" nach den ersten 30 Seiten weggelegt habe, weil es nicht so mein Geschmack war. Dieses Buch fand ich wiederum ziemlich gut, ich mochte diese ganzen Querverweise, es ist sehr schön erzählt und die Charaktere fand ich größtenteils wunderbar ausgearbeitet.
    Meine Lieblingsepisode ist "Rosalie geht sterben". Da sind sehr schöne Gedankengänge drin und ich mag dieses Spiel zwischen Autor und Romanfigur :D

    Besonders gelungen fand ich den fiktiven Forumsbeitrag. (Auch wenn er für einen echten Forumsbeitrag zu lang war, den würde so niemand wirklich lesen.) Die Sprache hat mir hier besonders Spaß gemacht. Diese Mischung aus denglisch, Szeneslang und leicht verquerer Grammatik war wirklich Klasse. Voller Container!


    Da kann ich irgendwie gar nicht zustimmen, diese Episode hat mir am wenigsten gefallen. Nicht nur, dass es unglaublich anstrengend war, das zu lesen, nein, dort wird auch sehr viel mit Klichees gearbeitet. Ein fettes, internetverrücktes, dümmliches Muttersöhnchen? Nein danke, das ist mir zu klischeehaft. Natürlich wird vor allem durch die Sprache auch diese ganze "Internetgesellschaft" parodiert, aber es hat auf mich auch ein wenig zu übertrieben und zu ... "gewollt komisch" gewirkt, um lustig zu sein.


    Aber alles in allem ein Buch, das mir gut gefallen hat. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

    "You may, however, rest assured there are no ghosts in this world. Save those we make for ourselves."
    Sherlock (BBC) - The Abominable Bride


    "Please don't put a label on me - don't make me a category before you get to know me!"
    John Irving - In One Person

  • Ich habe "Ruhm" mit sehr großem Vergnügen gelesen, obwohl ich sonst eigentlich kein Freund von kurzen Erzählungen bin. Intelligent, ironisch und selbstkritisch verknüpft Kehlmann die einzelnen Geschichten, stellt die Figuren aus verschiedenen Perspektiven dar, macht sich lustig über die ach so moderne Welt und schafft am Ende bezeichnenderweise einen "Roman in neun Geschichten". Ich wurde - nach "Ich und Kaminski" wiederum vom großen Talent des Schriftstellers Kehlmann überzeugt und es wird nun endlich Zeit, auch "Die Vermessung der Welt" zur Hand zu nehmen!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich fand "Ruhm" sehr schön zu lesen, es war mein erster Kehlmann und die Zeit wurde mir nicht lang.


    Beeindruckt hat mich, wie die Geschichten miteinander verstrickt waren und wie vielfältige und verschiedene Charaktere Kehlmann geschaffen hat.


    Ich kann es nur empfehlen :D

  • Ich bin ziemlich beeindruckt von diesem Buch Kehlmanns und habe jetzt schon vor, es nochmals zu lesen, um noch besser die Querverweise zu erkennen. Ich höre es als Audio-Book in einer sehr guten Interpretation - eine für mich noch recht neue Art der Rezeption.


    Ich unterstreiche neben dem Humor allerdings doch auch den unterschwelligen Horror, den ich empfand angesichts dessen, was immer wieder als ein Leitthema hochzukommen scheint: der Verlust, die Fragwürdig- oder die Wandelbarkeit von Identität in den verschiedensten Variationen. Kommt mir thematisch sehr aktuell vor!


    Echte Empfehlung von mir!!!

  • Zitat

    Zitat tom fleo:
    Ich bin ziemlich beeindruckt von diesem Buch Kehlmanns und habe jetzt schon vor, es nochmals zu lesen, um noch besser die Querverweise zu erkennen. Ich höre es als Audio-Book in einer sehr guten Interpretation - eine für mich noch recht neue Art der Rezeption.


    Ein Wiederlesen habe ich mir auch vorgenommen und mir das Buch bei Tauschticket nochmals ertauscht. Vorher hatte ich es nur als Wanderbuch. Als Audio-Book könnte ich es mir auch gut vorstellen.


    Liebe Grüße :winken:

  • jetzt verstehe ich, warum sich das Buch solange auf der Bestseller-Liste gehalten hat, bei so viel Begeisterung :wink:


    Ich kann "Ruhm" leider gar nichts abgewinnen. Es ist nicht so, dass ich mich durchquälen musste, aber es hat mich völlig unbeeindruckt gelassen. Irgendwie hatte ich ständig das Gefühl das alles schon mal irgendwo anders gelesen zu haben. Nach allem was ich über Kehlmann und das Buch gehört hatte, habe ich mir etwas ganz neues, individuelles vorgestellt- und einen Aufguss bekommen (so kam es mir vor). Ich dachte zunächst, ich stünde da mal wieder auf verlorenem Posten (geht mir öfter bei den absoluten Bestsellern so), aber in meinem Freundeskreis haben wir das das zu fünft oder sechst unabhängig voneinander gelesen und am Ende war keiner wirklich begeistert :-? Obwohl einige "Die Vermessung der Welt" regelrecht verschlungen haben.
    Für die Idee mit den verknüpften Einzelgeschichten bekommt das Buch von mir :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch...

    "We're all stories in the end. Just make it a good one." - The Doctor


    2019 gelesen: 0 gehört: 0 (2018: 25/13) aktiver SUB: 75

  • Ich habe dieses Buch gestern gewichtelt bekommen und nach 3/4 gebe ich einfach mal eine kurze Einschätzung ab! Ich hatte dieses Buch schon ewig auf der Wunschliste, da mir die Vermessung der Welt gut gefallen hat. Näheres wusste ich nicht über dieses Buch und so erwarteten mich 9 Kurzgeschichten, die miteinander verwoben sind. Sie sind alle bisher gut geschrieben und spielen alle mit Realität und Schein- was ist wahr? Was wäre wenn?


    Insbesondere das Verweben der Geschichten gefällt mir immer gut- ich habe schon weitere Bücher dieser Art (Manila, Als der Zufall sich zwischen die Stühle setze) gelesen und der Autor bekommt dies in diesem Fall auch gut hin, Menschen, die eigentlich keinen Bezug zueinander haben, zu verzahnen, ohne dass sie sich kennen.

  • So, ich bin durch. Hat mir supergut gefallen!!! Meinem Wichtel noch einmal vielen Dank! Ich habe 4,5 Sterne verteilt- wieso nicht das Maximum? Ich bin ja immer etwas nörgelig, das vergebe ich nur bei Büchern, dich ich einfach nicht mehr weglegen kann und dieses war einfach ein bißchen zu kurz, um völlig gefesselt zu werden.

  • Das Buch habe ich in 3 Tagen gelesen.
    Ich fand es nicht gut.
    Die Geschichten sind langweilig, einzig die Blogger Geschichte ist lustig. Gut die alte Dame die sterben fährt war auch interessant.
    Aber große Verzweigungen zwischen den Geschichten habe ich auch nicht gefunden und das Ende ist mir ein Rätsel.
    Ich geb mal 2/5 Sternen.

  • Furtano
    Ich fand die Blogger-Episode auch am besten. Die Sprache, in der Kehlmann diese Figur sprechen lässt, wirkt sehr authentisch und ist dem Autor besonders gut gelungen.