Sten Nadolny – Ullsteinroman

  • Hajum Hirsch Ullstein betrieb noch eine Papiergro฿handlung in der Nachbarschaft der Synagoge in Fürth, dem >fränkischen Jerusalem<. Sein Sohn Leopold wagte den Sprung nach Berlin, wo er Stammvater der berühmten Zeitungsdynastie wurde. Seine fünf S๖hne erweiterten den Verlag zum ersten modernen Medienkonzern der Welt, bis die Nazis das Unternehmen an sich rissen. Die Story der Ullsteins ist ein Stück deutscher Wirtschafts-, Demokratie- und Pressegeschichte, dazu die genaue Beobachtung jüdischen Lebens vor dem Hintergrund eines über Jahrzehnte wachsenden Antisemitismus. Vor allem aber hat Sten Nadolny den packenden Roman einer ehrgeizigen und sch๖pferischen Familie geschaffen, mit allen Erfolgen und Hoffnungen, mit Schwächen und Rückschlägen. Und, ganz unvermeidlich: Liebe und Glück kommen auch vor.


    Der Autor: Sten Nadolny, geboren 1942 in Zehdenick an der Havel, aufgewachsen in Oberbayern, studierte Geschichte, arbeitete als Lehrer und in Spielfilmproduktionen. 1981 erschien sein erstes Buch "Netzkarte“, zwei Jahre später der sehr erfolgreiche Roman "Die Entdeckung der Langsamkeit“. Weitere Romane: "Selim oder Die Gabe der Rede“ (1990), "Er oder Ich“ (1999). Nadolny lebt in Berlin und Bayern.


    Als erstes möchte ich sagen, dass man sich Zeit nehmen sollte um dieses Buch zu lesen. Ich habe es in der Manier eines "Bücherfressers“ gelesen und das war nicht gut. Hier wird eine Familie beschrieben, die im Laufe der Zeit riesige Ausmasse annimmt. Deshalb meine ich, dass man sich etwas Zeit nehmen sollte, da es mir nicht immer gelang die Verwandtschaftverhältnisse zu überblicken. Gefallen hat mir an diesem Buch, dass es sehr chronologisch aufgebaut ist, bis auf wenige Ausnahmen wenn der Autor eine Person irgendwie "abschliessen“ wollte. Desweiteren sind die Stammbäume am Ende des Buches sehr hilfreich um die Orientierung zu behalten. Die Geschichte ist in sehr gefälliger Weise gechrieben und strotzt nur so von Anekdoten. Dabei war ich manchmal unsicher was nur Legende ist und was verbürgt war. Irgendwie ist es mir wie ein Zwitter vorgekommen, da hier wichtige und interessante politische Dinge beschrieben werden und das vor dem Hintergrund einer Familiengeschichte, welche in einigen Teilen "Dallas- oder Denverclanniveau“ erreicht. Mir ist auch wieder aufgefallen, wie wenig ich über die Weimarer Republik weiss. Ausser einigen Schlagw๖rtern und wenigen Politikern kannte ich recht wenig. Ich fand diesen Satz sehr aussagekräftig und auch langfristig anwendbar:
    "Berlin tröstete sich schnell über alles hinweg, vor allem seine Zeitungen schafften es, politische Menetekel mit gesellschaftlichen Skandalen, Theaterereignissen und Sportsensationen so einzurahmen, dass alles annähernd gleich wichtig erschien. Wenn auf der Wand derart viel Leuchtendes zu lesen war, hielt man sich beim Menetekel nicht auf und ging zu Amüsanterem über.“
    Da steckt meines Erachtens auch heute noch viel Wahrheit drin. Ich hätte gern noch etwas mehr über die Emigration und das Leben nach dem Krieg erfahren, aber der Roman endet eigentlich mit der Machtergreifung der Nazis. Es werden im Epilog zwar noch einige Daten vermittelt, aber nachdem ich die ganze Geschichte gelesen habe, war das für mich etwas ungenügend.
    Alles in allem aber ein Buch dem ich fünf Sterne gebe, da ich einiges gelernt habe und zum Nachdenken angeregt wurde.

  • Danke für die interessante Rezi. Schleiche um das Buch herum, bin mir aber angesichts der Höhe meines SUBs noch nicht sicher, ob ich es wirklich lesen will.

    "Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler" (Philippe Dijan)


    Tauschgnom