Irene Nemirovsky - David Golder

  • Seitenzahl: 191


    Inhalt:
    David Golder hat in den 20 er Jahren durch Spekulationen ein Vermögen gemacht. Er ist reich, mächtig, aber auch nicht zimperlich was seine Methoden betrifft. Da wird getrickst, getäuscht, übervorteilt.
    Als sein jahrelanger Freund und früherer Kompagnon Marcus ihn um Hilfe bittet, weil ihm das Wasser bis zum Halse steht, lehnt er diese rigoros ab. Freut sich nahezu über dessen Hilflosigkeit. Am nächsten Tag erfährt er, dass Marcus sich das Leben genommen hat, und das ist der Beginn seines eigenen Niedergangs. Seine Frau Gloria und seine Tochter Joyce leben in Saus und Braus. Für sie ist er nur der Geldbeschaffer und sie fordern immer mehr, sind nie zufrieden. Die Weltwirtschaftskrise 1929 und eine Erkrankung hinterlassen deutliche Spuren. Er ist einsam, verbittert und kämpft nur noch um einige Jahre Leben. Da erfährt er von einem sehr lukrativen Geschäft und beschließt es noch einmal allen zu zeigen.


    Meine Meinung:
    David Golder ist nicht unbedingt ein Sympathieträger, aber den braucht der Roman auch nicht. Wie man in den Wald hineinruft, schallt es auch heraus. David Golder verkörpert diesen Spruch perfekt. Seine Gier nach Erfolg und Macht lassen zumindest nach außen hin keinen Platz für Gefühle. Seine Frau betrügt, verachtet ihn, aber er wahrt den Schein. In "seine " Tochter dagegen ist er vernarrt, verzeiht ihr alle Oberflächlichkeit und Eigensucht. Für ihn ist sie das Einzigste, das bleibt und um ihre Wünsche zu erfüllen, ihre Zukunft zu sichern riskiert er alles.
    Erneut ein mitreissender Roman von Irene Nemirovsky, der zeigt was Geld allein wert ist, wenn Liebe und Freundschaft zu Fremdwörtern werden.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Robert Seethaler, Die weiteren Aussichten

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Danke für die Rezi. Wie viele Bücher hat diese Autorin denn in ihrem relativ kurzen Leben geschrieben?

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Hallo €nigma,
    so genau kann ich deine Frage nicht beantworten. Sie war in den Dreißigern in Frankreich ziemlich angesagt und durch ihre Tochter nun wiederentdeckt.
    Auf dem deutschen Markt sind inzwischen 8 Titel erschienen, davon habe ich 6 gelesen und im Mai erscheint ein weiteres Buch - Herr der Seelen.


    Suite francaise
    Der Ball
    Jesabel
    Die Hunde und die Wölfe
    Feuer im Herbst
    David Golder
    Der Fall Kurilow noch nicht gelesen
    Herbstfliegen noch nicht gelesen
    Herr der Seelen erscheint im Mai


    Ich hoffe sehr es werden noch mehr. :D


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


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    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Wie viele Bücher hat diese Autorin denn in ihrem relativ kurzen Leben geschrieben

    Ich hoffe sehr es werden noch mehr. :D

    €nigma, Wirbelwind:
    Ich habe mal gegoogelt und bei Meyers Lexikon online habe ich alleine 17 Romane gezählt, dazu noch einige Erzählungen. Leider scheint mir die Seite nicht so ganz aktuell zu sein, was die deutschen Übersetzungen angeht.


    Ich habe noch kein Buch von ihr gelesen - ich glaube, ich werde auch kein bestimmtes Buch von ihr auf den Wunschzettel zu setzen. Stattdessen werde ich einfach mal bei Gelegenheit zu meinem Lieblingsbuchdealer gehen und bei ihm stöbern. :wink:

  • Was eine Handlung angeht, gibt das Buch nicht viel her.

    Und diese alten jüdischen Männer mit ihren Händeln und Geschäften, ohne die sie nicht leben können, sind auch nicht meine Welt :-?.

    Mal abgesehen von den (für mich) eher unverständlichen Passagen, in den es um besagte Geschäfte geht, besteht dieser relativ kurze Roman hauptsächlich aus Atmospähre, Gefühlen und Beschreibungen von zwischenmenschlichen Beziehungen bzw. Dramen. Die eindringliche Intensität, mit der die Autorin Sinn- und Lieblosigkeit eines Lebens wie dem von Golder vermittelt, hat etwas Geniales, dessen Sogwirkung ich mich nicht entziehen konnte, obwohl mir das Buch nicht im eigentlichen Sinn "gefallen" hat.

    Selten habe ich so etwas Bitteres gelesen wie die Gespräche zwischen Golder und seiner Frau Gloria und die unendliche Einsamkeit um all diese materiell so reichen Menschen fand ich erschütternd.

    Für mich ein lesenswertes Stück Literatur, auf das ich hier im Forum durch mehrfache Nennung aufmerksam geworden bin :).

  • Die eindringliche Intensität, mit der die Autorin Sinn- und Lieblosigkeit eines Lebens wie dem von Golder vermittelt, hat etwas Geniales, dessen Sogwirkung ich mich nicht entziehen konnte, obwohl mir das Buch nicht im eigentlichen Sinn "gefallen" hat.

    genau das bewundere ich bei all ihren Büchern - die Fähigkeit, diese Atmosphären zu schaffen, in die Menschen hineinzuschauen, und das Ganze derart intensiv zu beschreiben, dass es einen mitzieht und einsaugt.

  • Squirrel

    Hat den Titel des Themas von „Irene Nemirovsky, David Golder“ zu „Irene Nemirovsky - David Golder“ geändert.
  • Dies war nun mein fünftes Buch, das ich von der Autorin las - und entweder stellt sich bei mir eine Ermüdung ein, oder vielleicht liegt es daran, dass es ein Frühwerk von ihr ist - aber ich bin nicht mehr so begeistert wie zuvor.


    Der Roman ist unterhaltsam und leicht zu lesen. Aber irgendwie fand ich die Figuren schablonenhaft und den Handlungsverlauf vorhersehbar. Mir fehlte Spannung, eine Überraschung, einen Wendepunkt, irgendetwas; aber die paar auftretenden Figuren blieben für mich hölzern.

    Ich denke, es macht mir nicht viel aus, dass alle Protagonisten unsympathisch sind. Es war eher diese schwarz-weiss-Zeichnung, diese eindimensionalen Charaktere: der umtriebige, geldgierige Jude, eine oberflächliche, verwöhnte Tochter, die betrügerische Ehefrau mit Liebhaber,...

    Mein Mitleid mit David Golder hält sich in Grenzen, jahrzehntelang war er geldgierig und geizig, das Verhalten von Frau und Tochter sollte ihn auch nicht überraschen; seine Einsamkeit nach dem Bankrott ist logische Konsequenz.


    Somit ganz nett, aber nichts, was mir länger im Gedächtnis bleiben wird.


    Ich las es zwar auf deutsch, aber der Vollständigkeit halber hier noch der Link zu einer Ausgabe im französischsprachigen Original: