Aravind Adiga - Der weiße Tiger

  • Klappentext:
    Balram Halwai ist ein ungewöhnlicher Ich-Erzähler: Diener, Philosoph,
    Unternehmer, Mörder. Im Verlauf von sieben Nächten und in der Form
    eines Briefes an den chinesischen Ministerpräsidenten erzählt er uns
    die schreckliche und zugleich faszinierende Geschichte seines Erfolges
    - der ihm keineswegs in die Wiege gelegt war. Balram - der "weiße
    Tiger" - kommt aus einem Dorf im Herzen Indiens. Seine düsteren
    Zukunftsaussichten hellen sich auf, als er, der klügste Junge im Dorf,
    als Fahrer für den reichsten Mann am Ort engagiert wird und mit ihm
    nach Delhi kommt. Hinter dem Steuer eines Honda City entdeckt Balram -
    und wir mit ihm - eine neue Welt. Balram sieht, wie seinesgleichen, die
    Diener, aber auch ihre reichen Herren mit ihrer Jagd nach Alkohol,
    Geld, Mädchen und Macht den Großen Hühnerkäfig der indischen
    Gesellschaft in Gang halten. Durch Balrams Augen sehen wir das Indien
    der Kakerlaken und Call Center, der Prostituierten und Gläubigen, der
    alten Traditionen und der Internetcafés, der Wasserbüffel und des
    mysteriösen "weißen Tigers".


    Mit seinem ebenso unwiderstehlichen wie unerwarteten Charisma erzählt
    uns Balram von seiner Flucht aus dem Hühnerkäfig, dem Sklavendasein -
    eine Flucht, die ohne Blutvergießen nicht möglich ist. Eine Geschichte
    voller sprühendem Witz, Spannung und fragwürdiger Moral, erzählt in
    einem unnachahmlichen und fesselnden Ton. Keine Saris, keine exotischen
    Düfte und Gewürze, keine Tabla-Musik und Maharadschas - dies ist das
    Indien von heute. Und mehr als das. In seiner Kritik am Sklavendasein
    ist es ein Angriff der dritten auf die erste Welt. Amoralisch und
    respektlos, anrührend und absolut zeitnah



    Der Autor:
    Aravind Adiga, wurde 1974 in Madras geboren, wuchs teilweise in Sydney,
    Australien, auf, studierte englische Literatur an der Columbia
    University und am Magdalen College in Oxford. Er arbeitete als
    Korrespondent für die Zeitschrift Time und für die Financial Times.
    Er lebt - ohne Diener - in Mumbai, Indien.
    Sein erster Roman "Der weiße Tiger" erscheint in 16 Ländern und erhält
    im Oktober 2008 als vierter Debütant den begehrten Booker Prize.
    Das Buch hat den bookerprize 2008 erhalten


    Meine Meinung:
    Balram Halwai, Diener, Mörder und Unternehmer schreibt 7 Nächte lang an den chinesischen Ministerpräsidenten Jiabao. Grund ist der baldige Besuch Jiabaos.
    Balram möchte Jiabao vom wahren Indien erzählen, er will, dass der Ministerpräsident nicht nur die positiven Seiten Indiens kennenlernt.
    Und schon ist man mitten drin im modernen Leben von Indien - schonungslos, offen und auch mit Ironie erzählt Adiga von der Finsternis und dem Licht, von arm und reich.
    Er selbst gehört einer niederen Kaste an und wäre für ein Leben im Teehaus bestimmt. Aber er ist intelligent,kann lesen und so kommt er in die Dienste als Fahrer eines Großgrundbesitzer nach Delhi.
    Dort schildert Adiga das Großstadtleben und Balram lernt, wie man aus dem "Hühnerkäfig" ausbrechen kann.


    Ein absolut lesenswertes Buch, das von mir volle Punktzahl erhält.

  • An der ISBN wird es nicht liegen, der Link zu Amazon ist ja da. Ich glaube, da stimmt irgendwas mit der Vernetzung nicht, aber da kannst du nichts dran ändern. :-k


    Das Buch selber klingt sehr interessant . Ich werde es mit auf meine Wuschliste setzen und dann wohl beim Taschenbuch zuschlagen. O:-)

  • So, ich habe das Buch nun auch gelesen - als Booker-Preisträger, der auch in der TIME in den USA besprochen wurde kam ich nicht wirklich daran vorbei.


    Die Idee des weitestgehend amoralischen Ich-Erzählers, der aus etwas naiver aber doch bauernschlauen Perspektive eine korrupte Gesellschaft beschreibt, ist eigentlich nicht sonderlich originell, hier aber handwerklich weitestgehend gut umgesetzt. Der Bezug auf Indien ist dabei - wenn man der Presse glauben darf - in dieser Form auch in Indien neu, was mit eines der Argumente für die Preisvergabe gewesen sein soll. Ich fand den roman nett und auch interessant gelesen, aber er hat mich nicht so gefesselt, wie andere Booker-Preisträger, weswegen ich auch nur vier Punkte vergeben.

  • Ich sprach heute mit einem Inder über dieses Buch, das er gerade gelesen hat. Er war nicht sehr glücklich und zufrieden mit der Umsetzung. Er sagte mir, dass hier von einem Indien die Rede wäre, das SO einfach nicht (mehr) existiert. Er fühlte sich ungemütlich dabei, dass dann solch ein Autor den Bookerpreis bekommt.

  • Ich sprach heute mit einem Inder über dieses Buch, das er gerade gelesen hat. Er war nicht sehr glücklich und zufrieden mit der Umsetzung. Er sagte mir, dass hier von einem Indien die Rede wäre, das SO einfach nicht (mehr) existiert. Er fühlte sich ungemütlich dabei, dass dann solch ein Autor den Bookerpreis bekommt.


    Das ist interessant u schockierend zugleich. Ich habe vor Weihnachten das Buch bei einer Veranstaltung in einer Buchhandlung vorgestellt bekommen.
    Es hieß dabei, nach der Lektüre sei man informiert, wie das moderne Indien funktioniert!
    Daraufhin habe ich es verschenkt, an eine Inderin...

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti


  • Das ist interessant u schockierend zugleich. Ich habe vor Weihnachten das Buch bei einer Veranstaltung in einer Buchhandlung vorgestellt bekommen. Es hieß dabei, nach der Lektüre sei man informiert, wie das moderne Indien funktioniert!
    Daraufhin habe ich es verschenkt, an eine Inderin...


    Oh, ich wollte keinem ein schlechtes Gewissen einreden! Ich selber habe das Buch NICHT gelesen, gebe nur die Meinung eines Bekannten wieder. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit er ein Querschnitt durch die indische Bevölkerung ist. Eher nicht... Doch das war seine Reaktion.


    Was Indien anbetrifft, so ist es sicherlich so, dass es keine einheitliche indische Realität gibt! Zwischen - z.B. dem städtischen Indien und dem Lande herrschen auch heute noch große Unterschiede. etc. etc.

  • Ja, ich bleib locker! Vielleicht sollte man jedes Buch selbst lesen, bevor man es verschenkt!? Aber ich hätte selbst dann nicht wirklich ein Urteil über die Authenzität fällen können, ich war noch nie in Indien und außer den Infos aus einigen Dokumentationen u wenigen Erzählungen von Freunden, habe ich nicht viel, um mir ein Bild zu machen.

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Danke Conor für den Tipp. Das war sehr interessant. Er scheint zu wissen, was er will!
    Ich werde das Buch dann wohl mal selbst lesen, oh, nur wann, SUB SUB...

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Schonungslos und sehr provokant beschreibt Aravind Adiga das Indien des 21. Jahrhunderts. Er räumt auf mit der „Romantik“ rund um Mahatma Gandhi und der Idee des gewaltlosen Widerstands, möchte aufzeigen, dass das immer noch stark verwurzelte Kastensystem sich selber überholt hat. Einzig mit Korruption, Gewalt und Rücksichtslosigkeit erreicht man den gesellschaftlichen Aufstieg und somit ein lebenswertes Leben. Inwieweit diese Darstellung der Realität entspricht, kann ich nicht beurteilen. Ich habe allerdings ein ungutes Gefühl, wenn ich das Andenken an Gandhi mit Füßen getreten und das religiöse Empfinden ins Lächerliche gezogen sehe. Ich habe aber vor allem große Zweifel daran, dass ein Schriftsteller, der zwar in Indien (Madras, 1974) geboren wurde, als Sohn eines Arztes aber wohl nicht der untersten Schichte angehörte, teilweise in Australien aufwuchs und in Oxford studierte, die soziale und gesellschaftliche Situation in Indien authentisch darstellen kann.


    Im Übrigen erwarte ich mir von einem „Booker“-Preisträger auch eine höhere literarische Qualität.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ok das Buch ist umstritten, also wollte ich mir, soweit möglich, eine eigene Meinung bilden. Nun habe ich das Interview gelesen und ich bin sehr verärgert. Wenn der Autor sein Interesse an Deutschland und alle deutschsprachigen Länder mit null bezeichnet, was auf mich ziemlich agressiv wirkt, frage ich mich warum ich meinerseits Interesse an ihm und seinem Buch zeigen soll. Er ignoriert Deutschland auf seiner Lesereise und ich hiermit sein Buch!


    Gruß Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich habe allerdings ein ungutes Gefühl, wenn ich das Andenken an Gandhi mit Füßen getreten und das religiöse Empfinden ins Lächerliche gezogen sehe. Ich habe aber vor allem große Zweifel daran, dass ein Schriftsteller, der zwar in Indien (Madras, 1974) geboren wurde, als Sohn eines Arztes aber wohl nicht der untersten Schichte angehörte, teilweise in Australien aufwuchs und in Oxford studierte, die soziale und gesellschaftliche Situation in Indien authentisch darstellen kann.


    Gerade deine Kritik hat mich neugierig gemacht. Danke Rosalita!


    . Nun habe ich das Interview gelesen und ich bin sehr verärgert. Wenn der Autor sein Interesse an Deutschland und alle deutschsprachigen Länder mit null bezeichnet, was auf mich ziemlich agressiv wirkt, frage ich mich warum ich meinerseits Interesse an ihm und seinem Buch zeigen soll. Er ignoriert Deutschland auf seiner Lesereise und ich hiermit sein Buch!


    Ich kann aber seine Unlust auf Deutschland sehr gut verstehen und nachvollziehen.


    herzlichst: alixe

    [i][color=#000066][font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand. [size=8](Erasmus von Rotterdam)

  • Ich kann aber seine Unlust auf Deutschland sehr gut verstehen und nachvollziehen.


    Nun diese "Unlust" breitet sich aber nicht auf den Verkauf seines Buches im deutschsprachigen Raum aus. Ganz schön verlogen! Tut mir leid darauf reagiere ich äußerst empfindlich!!!


    Grzuß Wirbelwind

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Nun diese "Unlust" breitet sich aber nicht auf den Verkauf seines Buches im deutschsprachigen Raum aus. Ganz schön verlogen! Tut mir leid darauf reagiere ich äußerst empfindlich!!!


    Grzuß Wirbelwind


    Wirbelwind:
    Hat der Autor einen Einfluss darauf, wo sein Buch erscheint? :-k
    (Ich kenne mich nicht aus in den Bestimmungen/Vorschriften, wie ein Verlag es handhabt.)
    :winken:

    So many books so little time.

    (Zappa)

    Einmal editiert, zuletzt von Conor ()

  • Hat der Autor einen Einfluss darauf, wo sein Buch erscheint?


    Hallo Conor,
    nun das ist Verhandlungssache, normalerweise nicht. Aber wenn es dem Autor erfolgreich gelungen ist, sich vor der Leserunde in Deutschland zu drücken, hätte er auch den Verkauf hier verweigern können. Doch auf das Geld verzichtet er mit Sicherheit sehr ungern. Dabei darf man aber die Macht des Lesers nicht unterschätzen - er hat auch ohne Verträge die Wahl ein Buch zu kaufen oder nicht.
    Sorry ich will dir damit nicht vor den Kopf stoßen! Jeder hat die freie Entscheidung. Ich mag nun mal keine Inkonsequenz und ich finde es ist mehr als schlechter Stil die Hand zu beißen, die einem füttern soll.


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Susan Vreeland, Sonntage im Licht

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Wirbelwind:
    Du stösst mich nicht vor den Kopf. :wink:
    Mich hat es nur zum Nachdenken gebracht.( Das Interview habe ich übrigens erst nach dem Ertausch des Buches gelesen.)
    Konsequenterweise hätte er eine Lesereise durch Deutschland und die deutschsprachigen Länder machen sollen und hätte dabei positive Erfahrungen sammeln können (und die hätte er bestimmt gemacht, oder?)
    Dass er Vorbehalte hat aufgrund der schlechten Erfahrungen kann ich allerdings schon verstehen.
    Aber inkonsequent ist es dann schon, wenn das Buch hier verkauft wird.
    Als Leser/Käufer kann man dann natürlich das Buch links liegen lassen.


    :winken: