Amanda Taylor - Nobody knows

  • Kurzbeschreibung von Amazon:
    Von einer, die losging, sich mit 13 Jahren an den eigenen wunderschönen langen Haaren aus dem Sumpf ihrer Kindheit zu ziehen. Jessica wächst auf, unheimlich frei, unheimlich abenteuerlich, aber in erster Linie unheimlich. Es ist keine Zeit für Kinderspiele, da die Erwachsenen ihre Spiele mit den Kindern spielen. Doch Jessica lässt sich ihre Kindheit nicht stehlen, mit all ihrer Phantasie erkämpft sie sie zurück.


    Jessica ist das mittlere von drei Kindern, die ihre Mutter bereits vor ihrem 20. Geburtstag von drei verschiedenen Männern bekam. Das Leben der Familie ist geprägt von ständigem Wohnortwechsel, von den einander ablösenden Liebhabern, von Streit und von Rauschmitteln. Die überforderte Mutter wechselt in ihrer "Erziehung" zwischen Gewalt und überschüttender Liebe; die meiste Zeit sind die Kinder sich selbst überlassen und klammern sich in ihrer Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung an jeden, der es scheinbar gut mit ihnen meint.


    In Jessicas Leben gibt es zwei Sorten Männer: Die Gewalttäter und die Pädophilen, und sie muss 14 Jahre alt werden, um festzustellen, dass es auch eine Art "Vater" gibt. Bereits auf den ersten 60 Seiten wird dreimal sexueller Missbrauch von Männern an Mädchen geschildert. Und jedesmal, wenn eine neue männliche Person eingeführt wird, schwant dem Leser schon Schreckliches, das sich meistens bewahrheitet. Irgendwann denkt man nur noch: Bitte nicht schon wieder!



    "Aus dem Amerikanischen übersetzt von Manfred Allié" heißt es vorne im Buch, aber es findet sich kein Originaltitel. Die Autorin dankt im Nachwort diesem Übersetzer, und bei Amazon ist er als Autor angegeben, obwohl es sich laut Informationen im Buch um eine Amerikanerin handeln soll, die ihre Autobiographie unter Pseudonym verfasst hat. So lautet der Untertitel: Nach einer wahren Geschichte. Die Sprache ist äußerst einfach, entspricht also dem Alter der kindlichen Ich-Erzählerin. Ich vermute, dass es ein Manuskript gab, das besagter Allié übersetzt hat, und das also von Diogenes als Erstveröffentlichung herausgebracht wurde.


    Vielleicht tue ich der Autorin böse Unrecht, aber mir kommt die Sache merkwürdig vor, und ich zweifle. Die äußeren Umstände der Familie, die Wohnortwechsel, die Alkoholprobleme, die Lügen und anderes mehr erinnerte mich sehr an Situationen aus Schloss aus Glas, die durch den ständigen Missbrauch hier noch getoppt werden. (Was allerdings fehlt, ist die komische Seite.)
    Andererseits weiß ich, dass es nicht wenige Kinder gibt, die eine Kindheit ertragen müssen, die wir uns in unserer grausamsten Phantasie nicht vorstellen können.
    So möchte ich kein abschließendes Urteil fällen, wäre aber gespannt über die Meinung anderer zu diesem Buch.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)