Daphne Du Maurier: Plötzlich an jenem Abend

  • Inhalt
    Daphne Du Maurier (1907-1989) erzählt in diesen 7 Schauergeschichten, die Geschichten von plötzlichen psychologischen Abgründen und Hoffnung, dass doch noch alles wieder gut wird.
    Du Mauriers subtil angelegte Handlungsstränge münden meist in einem überraschenden Ausgang der Erzählung und lassen den Leser eine Weile nicht mehr los.



    1. Die Vögel: Bei jeder Flut greifen Vögel aller Art gemeinsam die Menschen und deren Behausungen an. Bei Ebbe ziehen sie sich auf das Meer zurück oder lauern regungslos in den Gärten. Radiosender brechen zusammen, Flugzeuge stürzen ab, da die Vögel sich selbstmörderisch in ihre Turbinen werfen. Eine Familie rettet sich von Ebbe zu Ebbe und kann nur Abwarten, es wird nicht klar welche Macht die Vögel lenkt.

    2. Der kleine Photograph:
    Eine schöne aber gelangweilte Marquise sehnt sich nach einem Liebesabenteuer. Da sie Ihr Mann im Urlaub nicht begleiten kann, bietet sich hier die Gelegenheit. Sie wählt den lockigen, treuäuigen Fotografen mit dem Klumpfuß, der mit seiner hässlichen Schwester das Fotoatelier betreibt.


    3. Der Alte: Geschichte von einem alten, mürrischen Despoten, seiner Frau und dem grausamen Ende des Sohnes.


    4. Der Kreuzweg: Eine Gruppe Oberschicht-Engländer besucht mit dem Vertretungspfarrer ihrer Gemeinde die heilige Stadt Jerusalem. Allen Briten passieren Demütigungen, wie einst Jesus auf dem Kreuzweg.


    5. Die blauen Gläser: Einer augenkranken Frau werden nach einer aufwändigen Operation blaue Gläser (Linsen) eingesetzt. Die Tönung schont die Augen, da die Frau seit Wochen mit verbundenen Augen liegen musste. Nun sieht sie alle Schwestern und Ärzte, deren Stimmen sie bislang nur kannte. Sie erschreckt, weil sie die wahren Gesichter des Personals erkennt.


    6. Plötzlich an jenem Abend: Eine Liebesgeschichte, die durch die Spätfolgen des 2.Weltkrieges nicht gut ausgeht.


    7. Der Schrecken: Ein Schauspieler ist ein ganz anderer Mann, als alle um ihn herum annahmen. Seine innere Stärke hängt von ganz einfachen Dingen ab, wie Milchreis und Familienfotos und nicht von schnellem Sex am Strand.


    Meinung:
    Die unheimlichen Geschichten gefallen mir um einiges besser, als ihre Erzählungen, die sich um Liebe drehen, aber sie müssten wirklich mal neu übersetzt werden. Manche Worte werden nicht mehr gebraucht, wie z.B. Shawl und Neger. Da die Erzählungen nach wie vor gut sind, wäre es schade, wenn sie keine Leser mehr finden würden, weil die Übersetzungen überholt sind.


  • Ich habe einen kleinen Sammelband an Kurzgeschichten von Daphne du Maurier aus dem Scherz-Verlag gelesen, und hänge meinen Kommentar mal an diesen Thread, weil drei der vier Erzählungen ursprünglich unter «Plötzlich an jenem Abend» erschienen sind (ausser «Zum Tode erwacht»):


    Die Vögel (The Birds)
    Eindeutig das Highlight dieser Sammlung, und dank der Hitchcock vermutlich aus mit die bekannteste (evtl noch neben «Wenn die Gondeln Trauer tragen»). Natürlich hatte ich beim Lesen den Filmklassiker vor Augen, der die knappe Kurzgeschichte – ca 50 Seiten – noch etwas ausschmückt. Aber egal, ob man den Film nun kennt oder nicht, die Erzählung ist auch für sich gesehen beklemmend und ganz hervorragend beschrieben – mit offenem Ende. – :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Der kleine Fotograf (The Little Photographer)
    Eine gelangweilte Marquise beginnt an ihrem Urlaubsort eine Liebschaft, die sich zu einer verhängnisvollen Affäre ausweitet. Eine Kurzgeschichte mit Längen, und ziemlich vorhersehbar. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Zum Tode erwacht (No Motive)
    Eine Frau, schwanger und scheinbar glücklich verheiratet, begeht Selbstmord, ohne eine Nachricht zu hinterlassen. Der beauftragte Detektiv soll das Motiv herausfinden und recherchiert Herkunft, Kindheit und «das Vorleben» der wohl doch «unbekannten» Ehefrau. Eine abstruse, ziemlich konstruierte Story, die ausschliesslich davon lebt, dass man als Leser eben doch noch wissen will, wieso die Frau sich umbrachte. Ich fand es enttäuschend, aber bei Kurzgeschichten hat man als Leser wenigstens nicht viel Zeit «verschwendet» :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Die blauen Gläser (The Blue Lenses)
    Nach einer Augenoperation erhält die Patientin blaue Linsen und sieht damit den wahren Charakter des Pflegepersonals und ihres Gatten. Eine absurde, ungewöhnliche Geschichte. :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:


    Die Kurzgeschichte «Die Vögel» ist wirklich empfehlenswert. Die übrigen Erzählungen fand ich bestenfalls unterhaltsam und animieren mich jetzt nicht dazu, weitere Kurzgeschichten von Daphne Du Maurier zu lesen.