Axel Braun - Kraniche und Klopfer

  • Nachdem ich "Buntschatten und Fledermäuse" von Axel Brauns mit Interesse gelesen hatte, war ich neugierig auf seinen zweiten Roman: "Kraniche und Klopfer". Der Titel lässt Ähnlichkeiten vermuten und diese sind auch zu finden. Einerseits vom Inhalt her: es geht jeweils um ein Kind, das ausserhalb der Gesellschaft steht und andere Menschen eher distanziert betrachtet und sie entsprechend den Romantiteln in Kategorien einteilt. Ausserdem behält auch hier Brauns seinen besonderen Sprachstil bei, so erfindet er unter anderem neue Worte, vor allem Adjektive (z.B. "fuchsgut" oder "kirschglücklich").


    Allerdings ist die Hauptfigur von "Kraniche und Klopfer", ein siebenjähriges Mädchen namens Adina, keine Autistin, sie wird nur durch die psychische Störung einer anderen Person in die Aussenseiterrolle gedrängt. Ihre Mutter Carla ist das, was man heute oft so lässig "Messi" nennt, sie türmt in ihrem Haus gewaltige Mengen Müll auf, in dem sie und ihre Kinder sich kaum noch fortbewegen können. Das entwickelt sich immer mehr zum hygienischen und sozialen Problem. Letzteres, weil natürlich kein Klopfer (=aussenstehende Person) das Haus betreten darf, da sonst der schlimme Zustand entdeckt werden würde. Deshalb bläut die Mutter ihren Kindern ein, sich von den Klopfern generell fernzuhalten und sich möglichst nur in ihrem "Zuhause" aufzuhalten. Erst durch die Schulpflicht bekommt Adina endlich Kontakt zu anderen Kindern, der sich aber durch ihr anerzogenes Misstrauen und ihre heruntergekommene Erscheinung sehr schlecht gestaltet. Sie wird schnell zum Opfer von Mobbing und Gewalt, wobei sie sich aber durch innere Stärke auszeichnet. Wirklich schlimm ist für sie die seelische und körperliche Distanz der Mutter, die nur mit ihrem Müll beschäftigt ist und ihre Kinder sich selbst überlässt. Eines Tages kommt es zu einem schlimmen Vorfall und Adina fängt an, nach Auswegen aus der Isolation zu suchen..


    Mich hat das Buch ziemlich berührt und gefesselt. Brauns beschreibt detailiert und glaubwürdig das Leben dieses verwahrlosten Mädchens im Müll, seine immer wieder enttäuschten Hoffnungen, seine Ängste, Wut und Trauer. Erstaunlich dass er als Autist sich so in ihre Situation hineinfühlen und sie dem Leser nahe bringen kann.

  • Der Stil des Autors ist ziemlich außergewöhnlich, ich habe während des Lesens viele neue Wörter kennengelernt, die wohl was für den "Interessante Wortbekanntschaften - Thread" wären. Dass der Autor Autist ist, habe ich erst erfahren, als ich das Buch schon begonnen hatte und es verdient große Anerkennung.


    Die Geschichte um Adina hat mich ebenfalls sehr bewegt. Es sind sehr ernste Themen, die der Autor in diesem Buch verarbeitet, und doch hat mir das Lesen einige schöne und interessante Stunden beschert, was vor allem an der unvergleichen Sprache lag.


    Auf die anderen Bücher des Autors bin ich nun ebenfalls sehr gespannt.


    :flower:

    "Hab Vertrauen in den, der dich wirft, denn er liebt dich und wird vollkommen unerwartet auch der Fänger sein."
    Hape Kerkeling


    "Jemanden zu lieben bedeutet, ihn freizulassen. Denn wer liebt, kehrt zurück."
    Bettina Belitz - Scherbenmond


    http://www.lektorat-sprachgefuehl.de

  • Mir hat das Buch sehr gefallen, vor Jahren habe ich schon *Buntschatten
    und Fledermäuse* gelesen. Nun stieß ich auf *Kraniche und Klopfer* und
    bin restlos begeistert. Mit so viel Gefühl beschrieben, man fühlt sich
    als ob man dabei wäre.....Meine Gefühle , beim lesen dieses Buches
    wechselten zwischen Ungläubigkeit, Erschrockenheit, Mitgefühl, Freude
    und Tauer. Dieses Buch berührt.


    Die Zeitschrift Brigitte beschreibt es genau richtig: eindringlich
    , dass es schmerzt.ein verstörtes Kind, dass nach Geborgenheit und
    Glück sucht....

    "Ein gutes Buch ist wie ein erholsamer Kurztrip aus dem Alltag."
    »Verlass das Haus nie ohne ein Buch.« Edward Gorey
    "Zu Hause ist da, wo deine Bücher sind" SILBER - Kerstin Gier