Stephen King - Atlantis / Hearts in Atlantis


  • Kurzbeschreibung Amazon:

    Aus der Bedrohung, die für den jungen Bobby Garfield und seine Freunde von den kleinen Männern in ihren senfgelben Mänteln ausgeht, entfaltet Stephen King das komplexe Porträt seiner eigenen Generation, die von den Alpträumen der sechziger Jahre geprägt wird. Ein Epos von Verrat, Gewalt und Schrecken - der literarische Höhepunkt in Stephen Kings Werk.



    Nachdem ich gesehen habe, dass "Atlantis" hier noch nicht vorgestellt wurde, möchte ich es schnell ergänzen.
    In dem Buch gibt es insgesamt fünf Geschichten, die in vielfältiger Art und Weise miteinander verknüpft sind. Ausgangspunkt ist die erste und ausführlichste Geschichte, in der es um den kleinen Bobby Garfield geht, der um 1960 herum mit seiner Mutter in einer von Stephen Kings typischen amerikanischen Kleinstädten lebt. Dieser Teil gefällt mir ehrlich gesagt am besten, da ich hier viel von der Schreibweise aus "Es" wiedergefunden habe. Im anschließenden Buch werden die Lebensgeschichten verschiedener Personen aus Bobbys Kindheit miteinander verwoben. Es geht um den Vietnamkrieg, das Leben an amerikanischen Universitäten während des Vietnamkrieges und dessen anschließende Bewältigung in der amerikanischen Gesellschaft - erzählt von Personen, die der Leser im ersten Teil auf die eine oder andere Art und Weise kennengelernt hat.


    Zu diesem Buch gibt es ja die verschiedensten Meinungen, von "Ein Meisterwerk!" bis hin zu "Unlogisches Geschreibsel". Ich würde mich vorsichtig in Richtung der ersten Meinung bewegen, da ich die Vielschichtigkeit dieses Buches und die hohe Anzahl konsequent bis zum Ende des Buches weitergeführter Handlungen, beachtlich finde. Allerdings habe ich eine ausgeprägte Vorliebe für die ersten beiden Geschichten, wohingegen mir die übrigen drei - als Nichtamerikaner - eher fernbleiben.


    Am besten ihr lest es einfach mal selbst, und bildet euch eine Meinung - es ist auf jeden Fall kein typischer Stephen King.


    LG schnakchen

  • Habe das Werk vor ein paar Jahren gelesen und es gehört zu meinen Lieblingen. Vor allem die erste Geschichte, die ja auch verfilmt wurde. Ich finde das Buch erzeugt eine angenehme und spannende Atmosphäre. Die Darstellung der 50er JAhre konnte ich mir super gut bildlich vorstellen und die Niederen Männer sind auch ohne Bezüge zum Dunklen Turm total unheimlich. (Als ich das Buch las war ich beim Dunklen Turm noch nicht sehr weit, deswegen habe ich keinen Zusammenhang gesehen, aber ich finde den brauchte man auch nicht)


    Fazit: Super Geschichten. Vor allem die erste und eine unglaubliche Atmosphäre. :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:


    P.S.: Kam in der ersten Geschichte nicht das Buch "Der Herr der Fliegen" von Golding vor? Ich weiß es nicht mehr, doch wenn ja, dann hat mich dieses Stephen King Buch dazu inspiriert das Golding Buch zu lesen. Und es hat sich wirklich gelohnt. Es ist sehr empfehlenswert! :thumright:

  • Für alle, die es interessiert, findet sich hier unsere Mini-Leserunde zu "Atlantis".

    Gelesen in 2024: 7 - Gehört in 2024: 5 - SUB: 598


    "Wenn der Schnee fällt und die weißen Winde wehen, stirbt der einsame Wolf, doch das Rudel überlebt." Ned Stark

  • Es ist schon verrückt: Da kündigt sich an, dass ich ein Buch von Stephen King lesen werde und schon formen sich in meinem Kopf aus meinem Wissens- und Erfahrungsschatz vorgefertige Bilder. In seinem Fall fielen mir gleich die Schlagworte Horror, Urängste und bedrückender Grusel, aber auch Spannung und Lesespaß ein. Denn King gehört seit Jahren zu meinen Lieblingsautoren. Nicht daß mir seine Ausflüge in Genres jenseits des Horrors nicht bekannt gewesen wären – “Stand by me” oder “Die Augen des Drachen” sind nur zwei Beispiele hierfür – doch was mich im Buch “Atlantis” erwartete, kam einigermaßen unvorbereitet.

    Stephen King – Bekanntheitsgrad gefühlt 100 %

    Würde man beliebige Passanten auf den Straßen der westlichen Welt ansprechen, bekäme man vermutlich annähernd von 100 % der Befragten die Antwort: “Ja, Stephen King kenne ich. Der schreibt doch Horror-Romane.” Die Suche nach jemandem, der King nicht kennt, dürfte sich vermutlich sehr schwer gestalten. Deshalb nur kurz ein paar Eckdaden: Stephen Edwin King kam 1947 in amerikanischen Portland, Maine, zu Welt. Er schrieb mehrere Weltbestseller, darunter “Carrie” (verfilmt mit Sissy Spacek), “Shining” (verfilmt mit Jack Nicholson) oder “The green Mile” (verfilmt mit Tom Hanks). Unter dem Pseudonym Richard Bachman veröffentlichte er zudem Bücher, die sich oft dem gesellschaftlichen Horror widmeten. Eindrucksvoll sind aus meiner Sicht z.B. “Menschenjagd” oder “Der Todesmarsch”. Stephen King gehört zu den weltweit erfolgreichsten Schriftstellen, dessen Bücher inzwischen in 40 Sprachen übersetzt und 400 Millionen Mal verkauft wurden.

    Das Gefühl einer Generation

    Das Buch “Atlantis” beschreibt in fünf Kapiteln die Geschichte einer Generation zwischen Baby Boomer und Generation X. Im ersten Teil lebt Bobby Garfield als Elfjähriger alleine mit seiner bestimmenden Mutter in einem Haus, in dessen oberste Etage eines Tages Ted Brautigan einzieht. Der ist ein älterer, ein wenig kauziger Herr dessen Verhalten seiner Umwelt Rätsel aufgibt.


    Teil zwei des Buches beschreibt in der Ich-Sicht die College-Zeit von Peter Riley in den 60er Jahren. Trotz bester Vorsätze verliert er sich während seines Studiums mehr und mehr in der Spielsucht.


    Vietnamveteran Willie Shearman hat sich im dritten Teil 30 Jahre nach dem Vietnamkrieg eine besondere Art der Buße für eine Tat ausgedacht,

    Im vierten Teil gibt es ein kurzes Wiedersehen mit Sully Johnson,


    Zuletzt treffen sich der inzwischen fünfzigjährige Bobby Garfield und seine Jugendfreundin Carol Gerber,

    Eine subjektive Betrachtung

    Eigentlich gibt es nichts, was mich mit den elfjährigen Bobby Garfield verbindet. Seine Geschichte hat mit meinem eigenen Leben nicht das Geringste zu tun. Und doch schafft es Stephen King bereits im ersten und längsten Kapitel des Buches in mir eine Menge Gefühle und Emotionen herauf zu beschwören, die mich in meine eigene Kindheit zurück versetzten. Diese Reise in die Vergangenheit ermöglicht King dem Leser mit einem unglaublichen Gespür für Atmosphäre. Detailreich wird ein spießiges Kleinstadtleben offenbart, wie es in den USA vermutlich unzählige gibt und gab. Die Geschichte spielt in den 50er Jahren, die ich selbst nicht erlebt habe, und doch trat beim Lesen eine Flut von Erinnerungen an meine eigene Kindheit aus den Tiefen meines Gedächtnisses hervor, die mich zu einer Art Bobby Garfield werden ließen. Mit einer beim Lesen eines Buches noch nie erlebten Intensität fühlte ich mich in die Geschichte hineingezogen. Mein eigenes Leben vermengte sich mit Bobbys Erlebnissen und selbst der phantastische Teil mit den “niederen Männern” erschien mir beim Lesen gar nicht mehr so realitätsfern. Dies alles ist der ungemein lebendigen Sprache des Autors zu verdanken, die mich in ihren Bann gezogen hat. Die Gefühlswelt und Zerrissenheit des elfjährigen Jungen ist in jeder Zeile spürbar und zieht sich durch die ganze Geschichte.


    Leider ist mir die anfängliche intensive Nähe zur Geschichte in den folgenden Teilen des Buches wieder etwas abhanden gekommen. Auch wenn die Beschreibung der Geschehnisse weiterhin sehr lebhaft bleibt, fehlte mir die Beziehung sowohl zum spielsüchtigen Peter Riley, als auch zu den verrückt scheinenden Vietnam-Veteranen Willie und Sully. Erst das letzte kurze Kapitel,

    brachte die starken Emotionen des ersten Teils wieder zurück. Denn auch ich habe inzwischen, wie Bobby, die Fünfzig überschritten und denke immer häufiger über meine Kindheit nach. Und wie Bobby bin ich mit dem, was ich erreicht habe, weitgehend zufrieden, auch wenn ich mir mein Leben damals völlig anders vorgestellt hatte. Nur meine erste Jugendliebe habe ich nie wiedergesehen, aber das kann ja noch kommen.

    Der Versuch eines objektiven Fazits

    “Atlantis” ist kein typischer King – das schon einmal als klares Statement vorweg. Wer in erster Linie ein Freund der Horror-Geschichten des Autors ist, wird von diesem Buch möglicherweise enttäuscht sein. Wer aber das unschlagbare Talent Kings liebt, lebhafte Geschichten zu erzählen, und dabei auch vor einem kopflastigen Gesellschaftsportrait nicht zurückschreckt, wird in “Atlantis” eintauchen. Es ist ein kritischer Roman, der an vielen Stellen mit dem Klischee “früher war alles besser” aufräumt, der die Gräuel des Vietnamkrieges verurteilt und die daran gescheiterte Generation gefühlvoll beschreibt. Vor allem aber ist das Buch ein Katalysator für eine Reise in die eigene Vergangenheit – wenn man sich darauf einlässt. Die üblichen King-Elemente Action und Horror sucht man, mit Ausnahme eines leichten Anflugs von Übersinnlichem im ersten Teil, vergebens. Dennoch hat der Roman das Potenzial, zu fesseln – vielleicht auch nur, weil man gerade im Alter des Erzählers ist.

  • Die üblichen King-Elemente Action und Horror sucht man, mit Ausnahme eines leichten Anflugs von Übersinnlichem im ersten Teil, vergebens. Dennoch hat der Roman das Potenzial, zu fesseln – vielleicht auch nur, weil man gerade im Alter des Erzählers ist.

    Ich mag King ja gerade dann, wenn er nicht so viel Horrorgedöns einfließen lässt. Das Buch merke ich mir.

  • HarryF Ich hab mal ein paar Spoiler in deinen Beitrag gesetzt, denn Du verrätst ziemlich viel vom Inhalt, so dass ein unbedarfter Leser hier etliche Zusammenhänge zu früh erkennt. Mit den Spoilern kann jeder selbst entscheiden, wie viel Vorab-Information er / sie lesen möchte. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • HarryF Ich hab mal ein paar Spoiler in deinen Beitrag gesetzt, denn Du verrätst ziemlich viel vom Inhalt, so dass ein unbedarfter Leser hier etliche Zusammenhänge zu früh erkennt. Mit den Spoilern kann jeder selbst entscheiden, wie viel Vorab-Information er / sie lesen möchte. :wink:

    Ich hatte schon befürchtet, dass ich mit meiner Art der Rezension über das Ziel hinausschieße. Ich neige leider zu Ausschweifungen :wink: . Da kommt der Autor in mir durch.

  • Das ist nicht schlimm, da darfst Du Dich ausleben. Aber setz bitte einfach Spoiler ein, sobald Du sehr intensiv auf den Inhalt eingehst, noch dazu wenn wichtige Verbindungen o.ä. dadurch verraten werden. Dazu machst Du vor und hinter den zu spoilernden Text einen Absatz, markierst den Text und klickst rechts oben auf das durchgestrichene Auge. :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



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