Org. Titel: Les Feux de l'automne
Seitenzahl: 270
Inhalt:
Sommer 1914. Ein gemütlicher Sonntag, ein vorzügliches Essen mit Freunden, ein anschließender Spaziergang über die Champs-Elysées. Die Zukunft scheint klar und unkompliziert. Doch das laue Lüftchen über Paris bringt Risse ins Idyll. Der erste Weltkrieg kündigt sich an, noch nicht als ernsthaft erkannt, man glaubt in drei Monaten alles wieder im Griff zu haben. Heldenträume kommen zum Erblühen, die Uniform wird ausgeführt, bewundert. Abenteuerlustige, junge Männer können es kaum erwarten ihr Land zu verteidigen, Ruhm einzuheimsen, sich Respekt zu erwerben, zum Stolz der Familie beizutragen. Martial, soeben das Medizinstudium abgeschlossen, heiratet auf Kurzurlaub seine Cousine Therese, um dann ins Lazarett zurückzukehren. Auch Bernard, Thereses Freund aus Kindertagen, meldet sich freiwillig, will nichts verpassen, eilt von der Schule direkt aufs Schlachtfeld.
Die Illusionen sind bald erschöpft. Der Krieg will nicht enden, zeigt sich von einer ganz anderen Seite, an den Tod hatte keiner ernsthaft gedacht und wenn dann voller Ehre und nicht im Schlamm von Nirgendwo. Fronturlaub bedeutet Lügen, die Daheimgebliebenen haben von den Grausamkeiten des Krieges wenig Ahnung, rechnen jeden Tag mit dem Ende, auch dann noch als die Todesnachrichten so manches Sohnes, Freundes eintrifft.
Endlich nach ewigen vier Jahren, kehrt Bernard zurück, Therese ist Witwe, aber er hat überlebt, sich geschworen die verlorenen Jahre nachzuholen ohne Rücksicht. Erwartet eine Wiedergutmachung für das Erlittene, sucht und findet das schnelle Geld. Schließlich verliebt sich Therese in ihn, sie heiraten, aber er will mehr, er will alles.......
Autorin:
Irene Nemirovsky wurde 1903 als Tochter eines jüdischen Bankiers in Kiew geboren.Nach der Oktoberrevolution ging die Familie nach Paris, Irene avancierte zum Star der Literaturszene. Vor den deutschen Truppen floh sie in den Süden Frankreichs, wurde verhaftet und starb 1943 in Auschwitz. Ihr Werk wurde erst 60 Jahre später durch einen Zufall wiederentdeckt.
Mein Kommentar:
Die Verherrlichung des Krieges - selten habe ich so hervorragend die Euphorie des nahenden Krieges gespürt, die Aufbruchstimmung, die Siegesgewissheit. Um so zerstörender die Wirklichkeit, Hass, Lebenshunger und menschlicher Absturz. Die Zeit eilt weiter. Zunächst kann ich die Wut, die Zerissenheit des zurückkehrenden Bernard verstehen. Wie sehr hatte er sich blenden lassen. Wie schmerzlich war sein Irrtum, aber nachdem er Therese für sich gewonnen hatte, glaubte ich er wäre am Ziel. Doch die Gemütlichkeit des Heims genügt ihm nicht. Eine Annäherung an dem Sohn verschiebt er immer wieder auf später. Dann kommt der Zweite Weltkrieg und alles wiederholt sich.
Ein Roman zwischen den beiden Kriegen, Menschenleben zwischen zwei Kriegen, Schicksale zwischen den Kriegen. Großartig erzählt ohne Sentimentalität und dennoch ergreifend, mitreißend.
Die Liebesgeschichte zwischen Therese und Bernard ist alles andere als romantisch und doch das Wichtigste. Sie fängt auf, verzeiht, siegt. Was könnte je mehr Hoffnung geben. Ohne als Moralapostel dastehen zu wollen, empfinde ich immer weniger Sympathie für Bernard und auch Thereses Nachgiebigkeit ist mir fremd, aber für Liebe gibt es keine Norm und so kann ich wenigstens akzeptieren was geschieht.
Zwei Kriege mit Verlusten in einem Leben ertragen zu müssen, wer würde da ein Urteil fällen.
Nicht erst nach diesem Roman wird mir bewußt welch ein Verlust Irene Nemirovskys Tod für die Literaturszene bedeutet hat, ihr Roman überzeugt mich auch nach so vielen Jahren. Meine absolute Empfehlung!
Gruß Wirbelwind
Tatianade Rosnay, Sarahs Schlüssel