Marc Levy - Kinder der Hoffnung

  • Sie sind jung, noch in der Pubertät, voller Sturm und Drang, Engagement und Ideale. Aber für all das ist kein Platz 1940 in Frankreich. Raymond und sein Bruder Claude schließen sich dem Widerstand an, kämpfen in der Résistance gegen die deutschen Besatzer. Ein Roman, der sich zu tief bewegenden Memoiren entwickelt.


    „Eines Tages kehrt der Frühling zurück.“ Dafür wollen sie kämpfen, von überall kommen sie her, viele Einwanderer, der Kampf gegen Hass, Ungerechtigkeit und Diktaturen, ob Hitler, Mussolini oder Franco, vereint sie. In der 35. Brigade Marcel Langer finden sie in Toulouse „eine Art von Familie“, auch wenn das Leben hart, die Regeln streng, der Alltag voller Angst vor der Entdeckung ist. „Du musst eines Tages unsere Geschichte erzählen, sie darf nicht einfach so verschwinden wie ich.“ Das verspricht Raymond einem sterbenden Freund.
    Und er hält dieses Versprechen. Denn viele, viele Jahre später wird er seinem Sohn von dieser schicksalhaften Zeit berichten. Sein Name: Marc Levy. Und der, nicht nur Bestsellerautor, sondern ohnehin jemand, der es glänzend versteht, mit sensibler Hand und hervorragendem Gespür Gefühle und Zwischenmenschliches feinsinnig in Worte zu fassen, verwandelt die Lebenserinnerungen seines Vaters in einen außerordentlich berührenden Roman. Ein Zeitdokument, Memoiren, ein Porträt, Vieles vereint sich hier auf 360 Seiten, die man oft am Rande von Sprachlosigkeit und Entsetzen liest. Die letzten Kriegsjahre aus der Sicht eines Widerstandskämpfers, im Frankreich unter Marschall Pétain. (Quelle: amazon.de)


    Erst 1984 (1984 steht im Buch; 1974 auf der Homepage) hat Marc Levy erfahren, dass sein Vater im französischen Widerstand gekämpft hat.
    Die "Kinder der Hoffnung" sind die jungen Widerstandskämpfer, die für die Freiheit gekämpft haben.


    Das Buch besteht aus drei Teilen:


    Teil 1
    Raymond und sein Bruder Claude, schließen sich der 35. Brigade an. Sie werden Widerstandskämpfer.
    Teil 2
    In diesem Teil wird die Gefangenschaft im Gefängnis Saint-Michel geschildert.
    Teil 3
    Eine Reise im Güterwaggon beginnt. Die Gefangenen von Saint-Michel sollen nach Deutschland deportiert werden.


    Der erste Teil hat mich sehr an die RAF erinnert. Ich hatte etwas Schwierigkeiten in die Erzählung reinzukommen, die blutigen Kämpfe, Anschläge ... gingen unter die Haut, haben mich aber auch etwas abgeschreckt. Ab dem zweiten Teil konnte ich das Buch nicht mehr aus den Händen legen!


    Die Geschichte hat mich zu Tränen gerührt. Wenn man dieses Buch liest, hat man das Gefühl, man sei mittendrin. Umso mehr bricht es einem das Herz, wenn man all die Zeilen in diesem Buch liest. Marc Levy hat es mal wieder geschafft, Gefühle hautnah zu beschreiben!

  • Ich habe Levys Kinder der Hoffnung innerhalb eines Tages und einer Nacht ausgelesen, so sehr faszinierte mich der Roman mit all seinen Charakteren, die in ihm vorkamen, in ihm kämpften und all ihre Hoffnung in die Tatsache setzten, dass eines Tages der Frühling zurückkommt.
    Claude und sein älterer Bruder Raymond - so zumindest nennt sich der Erzähler zu Beginn des Romans noch - sind die Söhne eines jüdischen Schneiders. Als sie dem Vater erzählen, dass sie fortgehen, um sich der Résistance anzuschließen, lässt er sie mit einem traurigen Lächeln gewähren:


    "Ein Jahr zuvor hatte meine Mutter unsere gelben Sterne auf dem Kommissariat abgeholt. Das war für uns das Zeichen zum Exodus und wir brachen nach Toulouse auf. Mein Vater war Schneider und niemals würde er dieses verdammte Ding auf ein Stück Stoff nähen."


    Was folgt, ist ein Jahr der Anschläge, sabotierten Waffentransporte und Zersetzung des französischen Kriegsapparates, der begonnen hat, mit den Nazis zu kollaborieren. Eines halten die jungen Widerstandskämpfer dabei fest, dieser Satz fällt immer wieder im Verlauf des Romans, der auf Erinnerungen von Jeannot, Raymond, Levys Vater gegründet ist:


    "Wir haben niemals einen Unschuldigen, nicht mal einen Dummkopf getötet."


    Und das war das wirklich Faszinierende an ihnen. In all ihrem jugendlichen Unmut über den Krieg und das Leid, das über das Land gekommen war, das sie einst so herzlich aufgenommen hatte (denn der Großteil der Résistance-Bewegung setzte sich aus Italienern, Spaniern, Jugoslawen, Polen, Tschechen und weiteren Jugendlichen zusammen, die vor den Diktaturen ihres eigenen Landes nach Frankreich geflohen waren), handelten sie doch nie unüberlegt. Sie waren vorsichtig, bedacht, hielten Unschuldige und Zivilisten aus ihrer Schusslinie fern - und dass sie doch an einem sehr grauen Augusttag in den letzten Kriegsjahren fast alle gefangen genommen, eingesperrt und deportiert wurden, war fast unerträglich zu erfahren.
    Was folgt, ist eine Odyssee durch das Gefängnis Saint-Michel und anschließend eine fast zeimonatige Reise in einem Gefangenentransport mit dem Endziel Konzentrationslager Dachau.
    Dass die Lebensbedingungen auf diesen Transporten unmenschlich und frei von jeglicher Würde waren, muss fast nicht mehr erwähnt werden:
    Reihenweise rafften Hunger, Durst, mangelnde Luftzufuhr und Krankheiten die Gefangenen dahin.
    Als ihnen am 26. August 1944 schließlich die Flucht gelingt, ist es für einige ihrer Freunde bereits zu spät.


    Ich habe schon einige Bücher über den 2. Weltkrieg gelesen und egal, wieviele man von ihnen kennt, wieviele Geschichten man bereits gehört und wieviele Filme man gesehen hat:
    Man hat noch immer das Gefühl, zu wenig zu wissen und zu wenig Perspektiven zu kennen, um das Ausmaß des Schreckens vollkommen begreifen zu können. Diese Jugendlichen, die damals fast noch Kinder waren, haben mich in all ihrem Mut, ihrer grenzenlosen Hoffnung auf eine bessere Zukunft und ihrem Einsatz für die Freiheit eines Landes, das sie nicht einmal als welche der ihren akzeptierte, tief beeindruckt. Das Besondere an diesem Zeitzeugnis macht auch der persönliche Bezug Marc Levys zu seinem Roman aus:
    Jeannot, das war sein Vater.
    Und erst an einem Septembertag des Jahres 1984, als sein Sohn achtzehn Jahr alt ist, erzählt ihm Raymond Levy von den Verdiensten, die er damals als Kämpfer der Résistance für ein Frankreich leistete, das in einer fernen und besseren Zukunft irgendwann einmal wieder frei sein sollte. Am Ende dieses Tages formuliert Marc Levy folgende Worte, die mich sehr tief berührten:


    "Und erst viel später habe ich begriffen, dass er nicht wollte, dass seine Kindheit die meine überschattet."


    Marc Levy hat hier ein großartiges Zeugnis einer sehr dunklen, sehr traurigen Zeit abgelegt. Und genau deswegen gelten mein Dank, meine Rührung und meine Bewunderung allen, die damals Kinder der Hoffnung waren.


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    Ich habe das Buch übrigens in der Weltbild-Ausgabe, das Cover ist in meinen Augen bildschön. :)

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Ich bin gestern mit diesem Buch fertig geworden. Nachdem das Thema des Romans natürlich kein Schönes ist, die Message ist es dennoch: dass es auf dieser Welt zu jeder Zeit wahre Freundschaft und tiefes Vertrauen gab, auch wenn die Zeiten noch so hart waren. Es ist irgendwie beruhigend, das zu wissen. Leider habe ich erst sehr spät (ca. nach 250 Seiten) einen Zugang zum Roman gefunden. Vorher war es für mich eine bloße Aneinanderreihung der Ereignisse, was mir nicht so besonders großen Lesespaß bereitet hat. Später hat man dann endlich auch etwas mehr über die Gefühle von Raymond alias Jeannot erfahren und man wurde doch von der Spannung mitgerissen. Leider zu spät. Trotzdem ein schönes Buch, und es zu lesen war keine Zeitverschwendung. Denn neben der Geschichte der jungen Widerstandskämpfer nimmt auch immer wieder neue Informationen auf und lernt die Geschichte des 2. Weltkriegs aus französischer Sicht kennen.