Originaltitel: A False Mirror, 10. Band der Reihe um Inspector Rutledge
Inhalt (von Amazon kopiert):
Hampton Regis ist ein kleines, beschauliches Provinzstädtchen an der Südküste von England. Doch nun wurden seine Bewohner aufgeschreckt durch ein abscheuliches Verbrechen: Der Liebhaber einer Frau wird verdächtigt, deren Ehemann nahezu tot geprügelt und anschließend seine Geliebte als Geisel genommen zu haben. Er verlangt von Inspektor Rutledge, dass dieser seine Unschuld beweist. Rutledge kennt den Mann aus dem Krieg und mit dieser Kenntnis tauchen alte Erinnerungen in ihm auf, die er schon längst begraben wähnte.
Der Protagonist in den Krimis des "Autors" Charles Todd ist Rutledge, ein Inspector von Scotland Yard. Schauplätze sind meist ländliche Gegenden in England. Zeit: Nach dem 1. Weltkrieg. Rutledge hat aus dem Krieg ein Trauma zurückbehalten, das sich in Hamish, einem Soldaten der eigenen Truppe, den er erschießen musste, personaliziert hat. Hamish spukt in Rutledges Kopf und spricht mit ihm.
Dass der ganze Hintergrund, wie es zu Hamishs Anwesenheit in Rutledges Kopf kam, in jedem Band erneut aufgerollt wird, kann man evtl. verstehen und ist für Quereinsteiger in die Serie vermutlich nützlich. Ob es aber nützlich ist, dass Rutledge sich nicht nur in diesem Band ständig mit dem Krieg und seinen Folgen für das persönliche Leben beschäftigt?
Was auch in jedem Band wiederkommt: Rutledge wird von seinen Vorgesetzten und den Kollegen vor Ort abgelehnt. Im Vergleich zu Ian Rankins Rebus, aus dessen Charakterisierung und Handeln sich die Ablehnung ergibt, hängt sie bei Rutledge, der eigentlich ein umgänglicher, verständnisvoller Mann ist, in der Luft.
Charles Todd ist Meister der gepflegten Langeweile. Das System, wie Todd seine Spannung auszudehnen versucht und gleichzeitig in den Keller fährt, ist einfach: Rutledge stößt z.B. auf eine merkwürdige Entdeckung, eine wichtige Person. Doch dann kommt irgendwas dazwischen, und er kann der Spur nicht folgen. Ob eine Mutter die Vernehmung ihres Sohnes verbietet, ob die wichtige Person nicht aufzufinden ist (und derjenige, der ihm weiterhelfen könnte, x-mal nicht ans Telefon geht), dauernd wird das Interesse des Lesers erst geweckt, dann abgeblockt. Die zahllosen Versuche, eine Spannung aufzubauen, und sie dann mit heißer Luft verpuffen zu lassen, haben Methode.
Auch sonst stolpert man über einige Merkwüridkeiten: Rutledge macht sich auf die Suche nach einer verschwundenen Person und findet Anhaltspunkte für deren Tod. Ein paar Seiten weiter verdächtigt er die Person eines gerade verübten Mordes.
Die Auflösung scheint konstruiert nach dem Motto: Überraschung für den Leser. Und wenn derjenige herausgeguckt ist, mit dem der Leser am wenigsten rechnet, wird ihm noch schnell ein Motiv zurechtgebastelt.
Die ersten Bände der Serie lassen sich noch als ruhige traditionelle englische Krimis lesen. Aber die letzten Bände versinken in lang gezogenen, an Handlung armen Geschichten. Allerdings bleibt die Hoffnung: Band 9 war noch schlechter als Band 10.
Marie