T.C. Boyle - Riven Rock

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  • Riven Rock - ein Herrenhaus in Kalifornien, schick und modern ausgestatten, mit einem großen Park und .. Gittern an Fenstern. Es gehört Stanley McCormick, dem Erben eines steinreichen Mähmachinenfabrikanten, es ist sein Haus und sein Gefängnis.
    Boyles Roman hat drei große Teile, benannt nach den Ärzten, die Stanley behandeln: vom Erforscher der Sexualität der Affen Hamilton bis zum Freudianer Kempf. Stanley hat ein Problem mit Frauen, ein großes Problem, das erst richtig hervorbricht als er die schöne Katherine Dexter heiratet und ihn schließlich hinter die Mauern Riven Rocks befördert.
    Boyle hat in seinen Roman eine ganze Reihe an Protagonisten gepackt: natürlich das "Ehepaar" McCormick, Stanley mit seinem Bündel an Traumen, die Sufragette, Frauenrechtlerin und Wissenschaftlerin Katherine. Was macht eine solch starke früh emanzipierte Frau (der Roman spielt zu Beginn des 20. Jahrhunderts), wenn sie merkt, dass ihr großer, starker Märchenprinz seinen ehelichen Pflichten nicht nachkommt, wenn sie ihn schließlich Jahre und Jahrzehnte nicht sehen darf?
    Unter den Pflegern hervorgehoben wird die Gestalt Eddie O'Kanes- er hat und kann all das, was Stanley so immense Probleme bereitet: er heiratet (zweimal), hat Liebschaften, lebt seine Triebe aus. Und träumt vom großen Geld, das ihm Stanley bei seiner Heilung geben wird, das er mit Orangenhainen in Kalifornien spielend vermehren wird. Unerfüllte Begierden, die ihn dem Alkohol auch in Zeiten der Prohibition immer mehr in die Arme treiben.
    Auch Eddie hat eine weibliche Gegenspielerin: die temperamentvolle Italienerin Giovanella, eine Frau, die weiß was sie will und wie sie es bekommt.


    Boyle ist ein witziger, nachdenklich stimmender, schön-trauriger Roman mit facettenreichen und vielschichtigen Charakteren gelungen. Er zeichnet gleichzeitig ein Bild Amerikas um die Jahrhundertwende bis in die Zwanziger-, Dreissigerjahre - die Entwicklung und Kontroverse um die Psychoanalyse spielt da eine große Rolle. Es ist kein ereignisreicher Roman, er wird getragen von vielen Rückblenden, die Stanleys und Katherines Leben bis zum endgültigen Zusammenbruch des Gatten erzählen. Geplatzte Träume ziehen sich durch die Seiten.
    Wie genau Boyle das Psychogramm eines geistig Kranken gelungen ist, kann ich aus fachlicher Sicht nicht beurteilen, es las sich für mich stimmig und ohne in Klischees abzurutschen. Boyletypisch gibt es ein paar skurrile "Schocksituationen" - ich denke da an die letzte Szene im ersten Teil: Stanley und der Affe.
    Wunderschöne sprachliche Bilder machen das Buch zu einem flott zu lesenden Vergnügen!


    Katia

  • @ Katia, schön, wieder etwas von Dir zu lesen! Obwohl mein Geschmack häufig mit dem Deinen übereinstimmt, habe ich zu „Riven Rock“ eine negative Meinung. So sehr ich von „World’s End“ und „Wassermusik“ begeistert war, so enttäuscht war ich von „Willkommen in Wellville“ und „Riven Rock“. Ich fand beide Bücher langweilig und anödend. Da die Lektüre schon ein paar Jahre her ist, kann ich mich im Einzelnen nicht mehr erinnern, aber ich weiß noch, dass mir beide Romane seltsam substanzlos erschienen sind, so als habe der Autor einfach eine Geschichte geschrieben, ohne einen festen, tragfähigen Plot zu haben. „Riven Rock“ endet wie begonnen. In den dazwischen liegenden zwanzig Jahren passiert so gut wie gar nichts, die Handlung dümpelt so dahin. Ab und zu blitzt mal etwas von Boyles Witz und Ironie auf, aber nicht genug, um mir die Langeweile zu vertreiben. Stanleys Pfleger O’Kane habe ich als eher schwache Romanfigur empfunden, und auch das übrige Personal hat mich nicht überzeugt. Gleiches gilt für „Willkommen in Wellville“, das zwar mehr Handlung, aber nicht weniger Langeweile (für mich) bot. Nach diesen beiden Flops habe ich es mit Boyle erst mal gut sein lassen. Jetzt habe ich mir aber „América“ zugelegt. Mal sehen, ob eine Boyle-Renaissance ins Haus steht.


    Gruß mofre

    :study: Uwe Tellkamp - Der Turm

    :study: Robert Macfarlane - Im Unterland

    :study: Petra Morsbach - Plötzlich ist es Abend

    :study: Elizabeth George - Glaube der Lüge










  • "Riven Rock" war mein erstes Buch von Boyle. Sehr anders und sehr empfehlenswert !


    Seitdem hab ich fast alles, was es von diesem Autor auf dem Markt gibt, gelesen. :thumleft: :thumright:

  • Schön, dass es noch mehr Fans von T.C. Boyle gibt ... ich habe schon sehr Gutes von ihm aber auch weniger Gutes gelesen. Habe aber noch viele Bücher von ihm auf dem Wunschzettel und möchte mir ein umfassendes Bild von dem Autor machen. Die guten Geschichten überwiegen, daher lese ich begeistert weiter seine teilweise sehr skurillen Geschichten!


    Danke für die Rezie :applause::winken:

    "Ein Leben ohne Hund ist möglich, aber sinnlos ..."

    (nach Loriot)

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