Der junge dänische Adlige Malte Laurids Brigge kommt nach Paris, um Dichter zu werden. Die pulsierende Großstadt und Kulturmetropole ist um 1900 eine überwältigende Erfahrung voller Gegensätze und faszinierender Anreize. Rilke hat mit dieser Erzählung das Paris-Bild von Generationen geprägt. Meisterhaft ist seine Sprache und Modernität, von mitreißender Schönheit, Tiefe und Poesie.
Eigentlich hatte ich einen Roman über Paris erwartet; aber das ist es gewiss nicht. Es ist ein Roman über die Lebensangst, über die Einsamkeit und über den Verfall des Adels. Und eigentlich ist es nicht einmal ein Roman, sondern eher eine Sammlung lyrischer Prosa - die "Aufzeichnungen" im Titel sagen es ja schon; so könnte ein Tagebuch des Verfalls geführt werden. Paris ist - der "Kulturmetropole" sei dank - Schauplatz dieses Verfalls und begleitet das Zugrundegehen dieser letzten Blüte eines Adelsgeschlechts, mit Bildern der eigenen Fäulnis, mit Bildern des Elends, als lebensraubender Moloch. Stilistisch ist es natürlich grandios:
Sie saßen stundenlang da und ließen sich gehen, bis es ihnen einfiel, dass sie noch lebten; dann warfen sie sich blindlings irgendwohin und begriffen nicht, was sie dort sollten, und man hörte sie weiterhin niederfallen und drüben und anderswo. Und endlich krochen sie überall und bestarben langsam das ganze Zimmer.
Bewegt hat mich das Buch jedenfalls - in seiner Darstellung der gefühlsmäßigen Abgründe ist und bleibt es eben zeitlos - die Angst ist es ja auch. Und es sind nach wie vor die gleichen Ängste, die der Mensch leiden muss. Für einen der einsam ist, ist eben liebende Umarmung und geliebt werden zerstört. Immer noch. Deswegen nen sehr empfehlenswertes Werk.