Luca di Fulvio - Die Rache des Dionysos / La scala di Dioniso

  • Meine Inhaltsbeschreibung:
    Es ist die Jahrhundertwende zum Jahr 1899. Inspektor Germinal hat sich in seiner Heimatstadt eigentlich verdient gemacht: er hat eine Bande Krimineller zur Strecke gebracht – doch keiner ahnt, um welchen Preis: Germinal musste im Zuge der Festnahme eine Frau töten, und damit wird er einfach nicht fertig. Er greift zu Drogen und wird schnell abhängig. Da er aber das Kind eines hohen Würdenträgers der Stadt gerettet hat, suspendiert man ihn nicht, sondern versetzt ihn nur in ein anderes Gebiet der Stadt, ins Arbeiterviertel. Dort ist alles anders, als Germinal es gewohnt ist. Die Polizei arbeitet mit mittelalterlichen Methoden, der junge Kollege wird schräg angeschaut und hat es wirklich nicht leicht.
    Dabei sollte die Polizei eigentlich froh über jede Unterstützung sein, die sie kriegen kann. Denn ein grausamer Mörder treibt sein Unwesen: er steigt in die Villen der Aktionäre der Zuckerfabrik ein und richtet dort ein Blutbad an. Alle im Hause anwesenden Diener werden getötet, und die Hausherrinnen werden auf grausame Weise hingerichtet. Doch vom Täter fehlt jede Spur, was Germinals Meinung nach daran liegt, dass es ihm nicht gestattet wird, alle Leichen zu obduzieren und alle Spuren zu sichern.
    Als er sich schließlich über die Weisungen seines Vorgesetzten hinwegsetzt und die erste Leiche obduziert, macht er eine grausame Entdeckung. Doch er lernt bei dieser Aktion auch den „ärmellosen Grafen“ kennen. Noverre ist ein bedeutender und allgemein anerkannter Arzt, doch wegen eines Geburtsfehlers hat er keine Arme. Er betreut die „Stadt der Tiere“, so wird die Festung genannt, in der alle körperlich oder geistig behinderten Menschen der Stadt leben. Einzig Noverre sorgt dafür, dass sie dort ein würdevolles Leben haben.
    Germinal freundet sich mit Noverre an, doch er ist sich sicher, dass der Arzt etwas zu verbergen hat. Und noch andere Geheimnisse sind um ihn: was hat es mit dem „Maschinenmann“ auf sich, der im Zirkus auftritt, der seine Zelte gerade vor der Zuckerfabrik aufgeschlagen hat? Haben die Arbeiteraufstände etwas mit den Morden zu tun? Welche Rolle spielt Ignés, die Tänzerin des Zirkusses?
    Germinal beginnt zu ermitteln. Er weiß nicht, dass der Verbrecher, den er sucht, sich für auserwählt hält. Auserwählt vom Gott Dionysos…


    Meine Meinung:
    Viel erwartet habe ich ja nicht - und der Anfang ist die Beschreibung eines sehr grausamen Mordes. Obwohl ich gern Thriller lese, fand ich das schon heftig und habe gedacht, dass mich ein brutaler Thriller erwartet, aber das war nicht der Fall. Zwar war das Böse schon omnipräsent in diesem Roman, die Atmosphäre erinnerte mich an die Filme "Sleepy Hollow" oder auch an "From Hell". Toll gemacht, dass es wirklich ein Thriller war, gleichzeitig aber auch ein richtig gut gemachter historischer Roman. In diesem geht es zum Beispiel auch um die Arbeiteraufstände und die Problematik, die die Industrielle Revolution mit sich bringt. Auch der Umgang mit (körperlich und geistig) behinderten Menschen wird hier thematisiert. Ein sehr vielschichtiger Roman also, wie ich finde, und spannend erzählt, da verschiedene Perspektiven eingenommen werden.
    Germinal, der Ermittler, ist einem zwar sympathisch, aber er ist nicht ganz unbescholten, und das macht ihn zu einer sehr interessanten Figur. Auch die meisten anderen Figuren, die der Autor sich ausgedacht hat, sind vielschichtig und haben eine interessante Lebensgeschichte vorzuweisen. Gut ist auch, dass es am Ende keine vollständige Beichte des Mörders gibt, bei der dieser all seine Beweggründe schildert, sondern dass es eine Art Nachklapp gibt, die erzählt, wie es dazu kam.
    Ich würde das Buch auf jeden Fall weiterempfehlen. Für mich war es auf jeden Fall eines der interessantesten Bücher dieses Monats.


    Ach, und eine interessante Info zum Autor noch: Laut Cover-Innenseite des Romans schreibt er unter Pseudonym eigentlich Kinderbücher.... das hätte ich wirklich nicht erwartet! :shock: ;)

  • Der beste thriller, den ich je gelesen habe. Warum? Ganz einfach, weil das Buch viel mehr zu bieten hat als die "gewöhnliche" thriller-kost. Es ist phantastisch, verstörend, atmosphärisch dicht, spannend, mit vielen skurillen Figuren und Charakteren. Zudem hebt es sich sprachlich auch ganz klar von typischer thriller-schreibe ab. Der Einstieg ist vielleicht etwas schwieriger, weil ungewohnt, aber mit der Zeit lässt einen das Buch, die Geschichte, nicht mehr los.

    :study: Siegfried Lenz - Schweigeminute




    "Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns."

  • Danke für die Rezension!
    Das könnte einer der wenigen Thriller sein, die mir gefallen würden.
    Ein Versuch ist es wert.

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

  • denn das Buch ist ja kein "normaler" Thriller


    Ganz genau deshalb würde es mich auch interessieren.
    Ich stehe einfach nicht auf diese "Peng, tot, wer wars?" Geschichten.
    Muß mal meine Schwester anfunken, ob sie es hat (oder es sich rein Zufällig :--o besorgen möchte)

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

  • Muß mal meine Schwester anfunken, ob sie es hat (oder es sich rein Zufällig :--o besorgen möchte)

    Hat sie nicht. Aber falls du dir das Buch käufst, würd ich es mir durchaus auch ausleihen :mrgreen: Das hört sich nämlich auch absolut nach einem Buch für mich an! :thumleft:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Nun habe ich "Die Rache des Dionysos" auch gelesen.
    Eigentlich bin ich kein Krimi/Thriller Leser. Daher habe ich keine direkte Vergleichsmöglichkeiten.


    An manchen Stellen, fand ich die Geschichte ein wenig verwirrend. Vorallem durch die zeitweise unklare Figurenkonstelation.
    Auch fand ich die Verbindung zwischen

    Sie war zwar für den Kern der Geschichte zwingend nötig, doch kam sie mir auch ein wenig "künstlich" vor.
    Der Leser muß allerdings ein wenig an Blut und ähnliches gewöhnt sein. Stellenweise ist es doch sehr deutlich beschrieben.
    Doch insgesamt bin ich sehr zufrieden mit dem Buch.
    Der Autor hat mE einen Hang dazu den Leser lange Zeit im Unwissenden zu lassen.
    So beschreibt er Szenen und Personen, ohne aber auf ihre Namen oder weiters einzugehen.
    All dies erfährt man immer erst ein wenig später. Manche Dinge auch erst sehr viel später.
    Dadurch schafft er es selbst in Pasagen, die weniger turbulent sind eine gewissen Grad der Spannung nie zu unterschreiten.


    Die Rahmenhandlung sagte mir ebenfalls sehr zu. Die Vorbereitung für einen Arbeitskampf zum Beginn des letzten Jahrhunderts. Gegen die Ausbäutung der Arbeiter in den Fabriken.
    Auch hat der Autor sehr deutlich veranschaulicht, wie schwer es behinderte Menschen es vor 100 Jahren noch hatten.


    Di Fulvio hat offensichtlich auch ein Hang zu extremen Figuren. Jeder Markel wird überdeutlich herausgearbeitet, damit der Leser fast nur über diese Markel die Figuren beurteilen kann.
    Ebenfalls interessant fand ich den Teil der 16 Stufen. Ein sehr schön herausgearbeitet Zahlenspiel und eine Art einen Buch und dessen Geschichte zu Ende zu bringen, die nicht alltäglich ist.



    Ein Kauf den ich nicht bereue :thumleft:

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

  • Di Fulvio hat offensichtlich auch ein Hang zu extremen Figuren. Jeder Markel wird überdeutlich herausgearbeitet, damit der Leser fast nur über diese Markel die Figuren beurteilen kann.

    Stimmt. Wenn ich mich an die Figuren erinnere, dann fallen mir zuerst auch immer ihre Fehler, Behinderungen, etc. ein.
    Find ich gut, dass dir das Buch gefallen hat. ;)

  • Find ich gut, dass dir das Buch gefallen hat.


    Doch, hat es.Das wäre also was für " Hat der BT Dein Leseverhalten geändert?".
    Ohne Deine Rezi hätte ich das Buch niemals gelesen.
    Danke :thumleft:


    Melli: Geht klar!

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

    2 Mal editiert, zuletzt von MrCeline ()

  • Und schwupp, ab auf meine Wunschliste. :loool:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Und schwupp, ab auf meine Wunschliste. :loool:

    Das ist kein Buch für die Wunschliste oder den SUB.
    Das mußt Du gleich morgen bestellen und sofort lesen O:-)

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

  • Das ist kein Buch für die Wunschliste oder den SUB.
    Das mußt Du gleich morgen bestellen und sofort lesen


    Ich schäme mich ja schon. :pale:
    Aber ich versprech hoch und heilig, dass es beim nächsten Buchkauf mit dabei ist. Und der ist ja schon bald. O:-) O:-) O:-)

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • An manchen Stellen, fand ich die Geschichte ein wenig verwirrend

    Besonders der Anfang! Ich habe das Buch jetzt angefnagen zu lesen, und der Anfang hat mich ja echt gefordert. Immer wieder musste ich mal zurück blättern, aber jetzt wo ich auf ca. Seite 50 bin, scheint für mich Grund rein zu kommen, und ich sehe klarer :wink: Also, weilerlesen! :study:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Den Hauptteil der Geschichte habe ich nun auch gelesen. Ich fand es ganz schön schwierig, mich in die Geschichte einzulesen und habe lange gebraucht, bis ich ich ahnte, um was es geht. Aber wenn diese Hürde erst einmal überwunden ist blättern sich die Seiten von ganz alleine um, und ich konnte das Buch kaum noch aus der Hand legen.


    Und ich empfand es auch wie MrCeline und Strandläuferin, dass all die Personen über ihre Makel definiert wurden. Eine irre komplexe Geschichte mit einer super-spannenden Haupt- und Nebenhandlung.


    Und dem Herrn Übersetzter möchte ich mal ganz herzlich auf die Schulter klopfen: Eine wunderschöne Sprache! Der Autor hat gewiss eine herorragende Vorlage geschaffen, aber die Übersetzung liest sich wunderbar!


    Jetzt sitze ich noch vor den 16 Stufen. Das ist wohl ein "Wie kam es zu alldem". MrCeline sagte mir schon, dass das eigentlich das Beste an diesem Buch ist, aber ich glaube, das hebe ich mir für später auf. Ich brauche jetzt mal ein wenig Pause von dieser düsteren Umgebung. Ach, da fällt mir ein, dass es noch erwähnenswert ist, dass ich der Handlung dieses Buches keinem Land, keinem Ort oder einer Stadt zuordnen konnte. Es war alles furchtbar düster und schmutzig. Ganz seltsam.


    Wegen des schwierigen Anfangs gebe ich dem Buch "nur" 4 Sterne (was ja auch eine gute Bewertung ist), denn es hat mich schon einige Mühen und Überwindung gekostet, es zu lesen. :thumright:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Vielen Dank, Strandläuferin, für die interessante Rezension.
    Nun habe ich das Buch auch gelesen, und kann mich den positiven Meinungen nur anschließen.
    Der Thriller hat mir gut gefallen.
    Das erste was mir zu diesem Thriller einfällt, ist das Wort düster. Alles ist düster, die Charaktere sind unsympatisch und düster,
    die Atmosphere, wie auch der Handlungsort, sind düster und schwer, was natürlich die gesammte Stimmung des Buches beeinflusst.
    Sehr detailliert und komplex wird die damalige Zeit und die Situation der Menschen dargestellt. Der Leser fühlt sich mittendrin in dem Geschehen.
    Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit dem Buch warm zu werden. Aber danach... (was war ich froh, dass ich durchgehalten habe :wink: )
    Hat mir wirklich gut gefallen. Besoders letzter Teil - Die sechzehn Sprossen - in dem es praktisch um die Auflösung des Ganzen geht.
    Die kam teilweise unerwartet und war ausgesprochen spannend. Gutes Buch.
    Von mir :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: Sterne

    2024: Bücher: 73/Seiten: 32 187

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

    --------------------------------------------------

    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
    ------------------------------

    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

    ------------------------------

    Lese gerade:

    Lapuente, Sofía/Shusterman, Jarrod - RETRO - Geh nicht online