Erster Teil der Serie: Die Nacht der Raben
Klappentext:
Mittsommer auf den Shetlands - die Tage sind sehr lang und die Nächte sehr hell. Eines lauen Sommerabends findet in Biddista eine Vernissage statt. Mitten in die Feierlichkeiten platzt ein Fremder. Als sein Blick auf die "Frau in Rot" fält, bricht er in Tränen aus. Kurz darauf ist er verschwunden. Am nächsten Morgen findet man im nahegelegenen Bootsschuppen einen Toten: Der Erhängte trägt eine Clownsmaske. Detective Jimmy Perez glaubt nicht an Selbstmord, und eine weitere Leiche gibt ihm recht. Perez ist fest entschlossen, diesen Fall aufzuklären, doch seine Liebe zu Fran Hunter macht ihn blind. Er übersieht einiges - bis es fast zu spät ist.
Meinung:
Ich habe "Die Nacht der Raben" mit Begeisterung gelesen, es gehört zu meinen Lieblingskrimis. Mit entsprechend hohen Erwartungen bin ich an "Der längste Tag" herangegangen, und wurde prompt ein wenig enttäuscht. Es ist bestimmt kein schlechtes Buch, wer allerdings (vielleicht auch aufgrund des letzten Satzes des Klappentextes?) einen temporeichen Krimi erwartet, ist hier falsch - Ann Cleeves läßt sich Zeit (der Titel passt). Teilweise zuviel, ich hatte über gut die ersten 200 Seiten das Gefühl, dass gar nicht wirklich etwas passiert. Sie nimmt sich vor allem Zeit, die Beziehung zwischen Fran Hunter und Jimmy Perezs aufzubauen, was allerdings nicht zu meiner vollkommenen Befriedigung geklappt hat.
Irgendwie war mir das alles zu... unausgegoren, Jimmy Perez fand ich fast unreif/kompliziert (das wäre kein Mann für mich, der ginge mir auf den Geist - da würde es mir ähnlich gehen wie seinem Kollegen Taylor, der auch genervt ist von Jimmys Art). der Flirthandlungsstrang zwischen Fran und dem Schriftsteller Wilding nur angerissen und nicht ausgeschöpft, alles macht irgendwie einen unfertigen Eindruck, weil beide einerseits aufgrund ihres Handelns Konsequenzen erwarten - z.B. Klatsch/Tratsch im Dorf, die aber dann nie kommen. Nicht einmal von Frans Tochter Cassie kommt man richtig eine richtige Reaktion, obwohl diese mitbekommt, dass da ein neuer Mann in Mutters Leben ist. Und gerade aufgrund von Frans Exmann wäre ja inseltechnisch genügend Konfliktpotential vorhanden gewesen. Für ein doch schon Hineinstolpern in eine Beziehung fand ich das alles nicht überzeugend.
Außerdem widmet sie ihren Figuren insgesamt und auch der Vergangenheit viel Raum, sie schafft Charaktere, die einem schnell sympathisch/unangenehm sind - das ist wirklich gelungen. Stil und Beschreibungen sind wie auch schon in "Die Nacht der Raben" großartig, und gerade wie die Krimihandlung in eben erwähnte Vergangenheit der Figuren eingewoben wurde, hat mir gut gefallen.
Schade finde ich nur, dass die Fährte, die der Klappentext und die Szene auf der Vernissage eine falsche Fährte sind... mir hätte es besser gefallen, wenn der hysterische Ausbruch des Mannes eine tatsächliche Ursache gehabt hätten und nicht nur Teil seines Plans gewesen wäre, die Amnesie nicht nur Mittel zum Zweck als Ausweg sondern echt.
Fazit: Etwas behäbig und ruhig, lebt aufgrund der Beschreibungen und dem eigenen Interesse am "Wer war's?" auf, wird erst dadurch spannend. Macht aber Lust auf Shetland, und neugierig auf die nächste Fortsetzung.