Robert Wilson - Die Maske des Bösen

  • Nach "Der Blinde von Sevilla" und "Die Toten von Santa Clara" der dritte Fall um Inspector Javier Falcón.


    Inhalt: In Sevilla explodiert eine Bombe - Wohnhäuser sowie ein Kindergarten fliegen in die Luft, unter den Toten natürlich vor allem Kinder. Es herrscht Entsetzen in der Stadt, und die vermeintlich Verantwortlichen sind schnell gefunden: im Keller eines der Gebäude befand sich eine Moschee, und auch weitere Hinweise deuten auf einen terroristischen Anschlag. Falcón ist das ein wenig zu einfach, zumal er neben der Explosion im Fall einer grausam verstümmelten Leiche ermittelt und bald glaubt, dass ein Zusammenhang bestehen könnte...


    Meinung: Ich mag die anderen Romane von Robert Wilson sehr, besonders "Die Toten von Santa Clara" haben mir unglaublich spannende Lesestunden mit herrlichem Spanienfeeling im Garten beschert. Was ich jetzt von "Die Maske des Bösen" halten soll, weiß ich nicht so recht. Es sind relativ viele Dinge, die mir durch den Kopf schwirren, und ich hoffe, ich schaffe es, sie einigermaßen sinnvoll aufzuschreiben.


    - Die Handlung ist im Licht der realen Anschlage, z.B. in Spanien, sehr realistisch - die beschriebenen Rettungsmaßnahmen habe ich als äußerst beklemmend empfunden, und mich dabei auch gefragt, ob ich darüber tatsächlich (schon) einen Krimi lesen möchte. Zugute halten möchte ich Wilson aber auf jeden Fall, dass er nicht den einfachsten Weg gewählt hat und ein simples, islamistisches Terrorszenario entworfen hat. Eine von Wilsons Stärke ist aber, wie lebendig und authentisch er das Szenario und die damit verbundenen Emotionen beschreibt.
    - Neben der "normalen" spanischen Polizei spielen aufgrund der Situation auch die Geheimdienste eine Rolle, nicht nur der Spanische, die Amerikaner sind (natürlich!) mit der CIA dabei. Daraus entwickelt sich ein Spionage-Plot, der mich ehrlich gesagt gelangweilt hat, und bei dem ich bekennen muss, dass ich seitenweise nur quer gelesen habe.
    - Die Lösung des Falls entwickelt sich als etwas verwickelte Geschichte, bei der auch politische Interessen eine entscheidende Rolle spielen, und bei der es mir teilweise etwas schwer fiel, zu folgen (neeeein, dass ich nur quergelesen habe, kann damit natürlich nichts zu tun haben :wink: )
    - Das Drumherum. Falcóns Umfeld ist voll von Personen (bereits aus den vorangegangenen Romanen bekannt) mit mehr oder weniger komplizierten Lebensgeschichten und die auch in diesem Band wieder eine Rolle spielen. Zuerst war mir diese Vielzahl an Nebenstränge zu viel: Consuelo Jimenez (seelisch gebeutelt und noch immer das Liebesinteresse von Falcón), Staatsanwalt Calderon (den ich zwar als Arschloch in Erinnerung hatte, aber dass er sich derart :shock: entwickeln würde, hätte ich niemals gedacht...), Falcóns Exfrau (mein Empfinden für sie schwankte zwischen Mitleid und Genervtheit), Falcóns Schwester + deren Liebhaber... und zuletzt natürlich Falcón selbst, der für mich in "Die Maske des Bösen" im Vergleich zu den "Nebenfiguren" fast ein wenig blass erscheint. Nachdem ich zuerst dachte, dass mich das Privatleben dieser ganzen Leute gar nicht interessiert, musste ich feststellen, dass diese Teile des Romans letztendlich zu den spannendsten gehörten und besonders den Spionage-Part übertrumpften. Schade nur, dass es Wilson nicht vollständig gelungen ist, diese Nebenhandlungen zu einem kompletten Ganzen zu verweben, teilweise blieb das Geschehen ein wenig isoliert und ich hätte mir eine bessere Vernetzung gewünscht.


    Alles in allem reicht "Die Maske des Bösen" für mich nicht an die beiden Vorgänger heran, aber es war dennoch eine gelungene Lektüre, die ich mit Faszination für die Details und Nebenelemente gelesen habe - und Wilsons Serie an sich gehört für mich momentan zum Besten unter meinen Krimifavoriten.

    In allem habe ich Ruhe gesucht und sie nirgends gefunden außer in einer Ecke mit einem Buch.
    - Umberto Eco

  • Danke Thari :cheers:


    für die ausführliche Rezi. Ich habe ja schon mit den ersten beiden Fällen so meine Probleme mit teilweiser Langatmigkeit und sehr verzwickten Geschichten gehabt und ich weiß noch nicht genau, ob ich mich nochmals darauf einlasse. Vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt. :winken:

    Liebe Grüße
    Helga :winken:


    :study: [b]???


    Lesen ist ernten, was andere gesät haben (unbekannt)

  • Hallo Helga,


    ich kann dich da gut verstehen, und ich kenne einige, denen es mit Wilson geht wie dir... Spannende Langatmigkeit stört mich nicht, das Problem bei "Die Maske des Bösen" war für mich einfach, dass die Spannung nicht kosequent durchgehalten ist, und - meiner Meinung nach - wirklich über große Teile des Romans nur von den Nebenhandlungen getragen wird. Und das ist ja eigentlich nicht Sinn der Sache :)

    In allem habe ich Ruhe gesucht und sie nirgends gefunden außer in einer Ecke mit einem Buch.
    - Umberto Eco

  • Danke für die Rezi und dass du auch die Links zu den beiden Vorgängern gesetzt hast! Klingt interessant, sind alle drei auf meinem Wunschzettel gelandet!!! :thumleft:

    Das Missliche an neuen Büchern ist, dass sie uns hindern, die alten zu lesen.
    J.Joubert

  • Die Story von “Die Maske des Bösen” ist sehr umfangreich und besteht aus verschiedenen Handlungssträngen. Die gesamte Handlung wirkt auf mich ziemlich gut durchdacht, allerdings auch etwas zu verstrickt. Es tauchen unzählige Personen auf, die eine mehr oder weniger große Rolle spielen. Außerdem werden verschiedene Theorien über Terrorismus (im Zusammenhang mit der Explosion der Moschee) sehr ausführlich und langatmig beschrieben.


    Man muss aufmerksam lesen, um nicht den Faden zu verlieren.


    Trotz einiger langatmiger Abschnitte, gab es immer wieder überaus spannende Szenen und Momente.


    Insgesamt handelt es sich um eine komplexe und gut durchdachte Story, aber mir ist nicht klar, ob ich den ganzen Umfang und die verschiedenen Zusammenhänge wirklich begriffen habe. :-k