Siegfried Lenz - So zärtlich war Suleyken

  • Klappentext
    "Irgendwo und nirgendwo“ in Masuren liegt das Dörfchen Suleyken, zu erreichen mit einer Kleinbahn namens „Popp“. Hier leben Menschen mit einer „Seele, zu deren Eigenarten blitzhafte Schläue gehörte und schwerfällige Tücke, tapsige Zärtlichkeit uns eine rührende Geduld“. Mit schelmischer Leichtigkeit beschreibt Siegfried Lenz in 20 Erzählungen all die Figuren seiner kleinen masurischen Dorfwelt: den Hamlikar Schass der – erst seit kurzem des Lesens kundig – weder durch Krieg noch akute Lebensgefahr von der Lektüre abzuhalten ist. Den schönen Alec, der angesichts drängelnder Gläubiger den angekündigten Tod seines Erbonkels herbeisehnt. Oder Stanislav Grieggull, den plötzlicher Reichtum trifft und der sich auf ein höchst absurdes Duell einlässt.
    „So zärtlich war Suleyken“ ist Siegfried Lenz’ wunderbare Liebeserklärung an seine Heimat Masuren.


    Und so folgt eine Geschichte der andern, jede voller Witz, Charme und an Originalität wohl nicht zu übertreffen. Ich lese dieses Buch immer und immer wieder einmal, und jedes Mal bringen mich die Geschichten von neuem zum Lachen.
    Ein wunderbares Buch, das garantiert! ;) denjenigen der es liest, fröhlicher macht.


    Anmerkung: Natürlich habe ich eine Erzählung die ich besonders mag, diejenige vom Zirkus. Wobei die Bevökerung von Anita Schiebukat sehr freundlich und nett empfangen wird. Diese stellt sich anschliessend dem Messerwerfer zu Verfügung "Aber nun passierte es: dieser Mensch schmiss seine Messer nach Anita Schiebkuat, alle fünf sausten ins Holz, aber getroffen hat, gottlob keines. :lol: Was weiter folgte lass ich besser aus dass wäre ja die Pointe verraten. :wink:

    Gebt gerne das, was ihr gerne hättet: Höflichkeit, Freundlichkeit, Respekt. Wenn das alle tun würden, hätten wir alle zusammen ein bedeutend besseres Miteinander.

    Horst Lichter

    3 Mal editiert, zuletzt von serjena ()

  • Danke an Serjena, dass Du hier dieses wunderbare Buch vorstellst. Ich habe es auch mehrmals gelesen. Als ich in einer französischen Leserunde was Deutsches vorstellen sollte, übersetzte ich eine Geschichte daraus und fand reißenden Beifall. Lenz gehört zu den ganz großen Erzählern, und gerade hier zu einem friedvoll stimmenden, obwohl er doch seine Heimat verloren hat. Was für eine Liebeserklärung an einen verschwundenen Landstrich! Ganz dicke Empfehlung!!!

  • Da Siegfried Lenz mittlerweile zu meinen Lieblingsautoren gehört, ist dieses Buch gleich auf meine Wunschliste gewandert. :thumleft:


    Vielen Dank für die tolle Vorstellung serjena. :thumleft:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Da Siegfried Lenz mittlerweile zu meinen Lieblingsautoren gehört, ist dieses Buch gleich auf meine Wunschliste gewandert.


    Nicht nur auf deine Wunschliste. Auch auf meine.


    Vielen Dank für die tolle Vorstellung, serjana :thumleft:


    Liebe Grüße von der buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Das sagt Siegfried Lenz selbst zum Genre der Kurzgeschichte: "Eine Geschichte will nicht abbilden, beschreiben, berichten, was sich so oder so ereignete oder hätte ereignen können. Sie kann sich weder Ablenkungen vom Thema leisten noch auf zarte Entwicklungen eingehen. Sie ist nichts weiter als die Spiegelung der Sekunde, in der das Tellereisen zuschnappt: das Ablösen und der Transport der Beute werden dem Leser überlassen."
    (entnommen dem Klappentext aus Siegfried Lenz, Gesammelte Erzählungen , Ausgabe von 1970)


    Geschichten aus "So zärtlich war Suleyken" waren in meiner Schulzeit in allen Lesebüchern zu finden. Ich habe sie auch schon mehrmals gelesen. Schön, dass Du dieses Buch vorgestellt hast, @ serjena. Auf dass es noch viele Leser findet.


    Marie

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Mit jeder Geschichte spinnt sich ein detailgetreues Gemälde um die Masuren.


    Des Erzählers Großvater wird nach Kulkaken zum Kommandant Trunz beordert, er solle einen Oberfüsilier ersetzen, der krank geworden ist. Und so macht sich der Großvater mit seiner Schrotflinte und einem Stück Rauchfleisch auf den Weg. Als er in der Garnison eintrifft sitzen die anderen Kammeraden in einem Vortrag, wozu er sich auch gesellt. Trunz nimmt auch direkt den Neuling dran, fragt seine Reden ab, die der Großvater selbstverständlich nicht mitbekommen hat. Dieser aber nicht auf den Mund gefallen, plappert freudig drauf los, und bringt damit den Kommandant auf die Palme. Ein Wutanfall, Trunz flippt aus …
    Lange Rede kurzer Sinn, Opa geht schlafen, er ist platt von der langen Anreise. Er legt sich ins Bett und schläft direkt ein. Am anderen Morgen eine ähnliche Situation: Trunz unterrichtet wie man Schmuggler überführt, und unser Held gerät wieder mit dem Kommandant aneinander. Daraufhin schnappt sich der Großvater seine Flinte und geht … Wie unter Schafen im Schafspelz erwischt er die anderen getarnten Schafe und bringt sie Trunz, die Schmuggler.
    „Übrigens blieb er bei den Kulkaker Füsilieren nicht bis zu seinem Tode; im Frühjahr verschwand er eines Tages zum Kartoffelpflanzen und kam nicht mehr zurück.“


    So das ist eine der zwanzig masurischen Geschichten. Alle hängen sie zusammen, oft sind es die gleichen Figuren, und zum Schluss kann man sich ein wirklich gutes Bild über Land und Leute machen. Ein wenig überzogen sind die Geschichten/Figuren alle, denn mit sehr viel klugen Humor werden ihre Charakteren gezeichnet. Ihre Begriffsstutzigkeit wird oft nur als Vorwand benutzt, denn darin steckt oft eine gute Portion Alltagsweisheit. Mir hat dieses Büchlein richtig gut gefallen!

  • Zwanzig masurische Geschichten enthält der Erzählband, und sie sind alle liebevoll beschrieben, mit sympathischen Charakteren und teilweise ins Absurde überzogenen Situationen. Nicht unbedingt wahrheitsgetreu, aber so überzeichnet, dass gerade das Besondere dieses Menschenschlags hervorsticht. Und man gewinnt mit jeder Geschichte die Menschen mehr lieb, schätzt die Eigenheiten und «Bauernschläue».
    Eine meiner Lieblingsgeschichten in diesem Band war übrigens «Eine Kleinbahn namens Popp», in der es um die Einweihung und Jungfernfahrt eines kleinen Regionalzuges geht. Die neumodische Errungenschaft wird natürlich neugierig begutachtet. Die Feier mit der ständig die Glocke läutenden Frau Popp und den Zwischenfragen des Publikums – was den Festtagsredner zunehmend verwirrt – wird mir noch länger im Gedächtnis bleiben. Alles in allem nette kurze Anekdoten, eine Liebeserklärung an einen Landstrich mit «Originalen», die auch nach über 60 Jahren noch lesenswert ist.

  • K.-G. Beck-Ewe

    Hat den Titel des Themas von „So zärtlich war Suleyken Siegfried Lenz“ zu „Siegfried Lenz - So zärtlich war Suleyken“ geändert.
  • Vorab das Beste: 2013 erschien diese kurzen Erzählungen von Siegfried Lenz in einer Neuauflage in polnischer Sprache. Das Buch und seine Botschaft waren endgültig angekommen in ihrer Heimat und diese in der EU. Das Gemeinsame, das Untrennbare, das weder polnisch, noch masurisch, noch deutsch war darin, das verbindende Element der gemeinsamen Erinnerung hatte überwogen und die Menschen erreicht. Es war ein wunderbarer Reread für mich nach über 40 Jahren, was ist dazwischen nicht alles passiert, nicht nur in Polen, genauer in der Woiwodschaft Ermland - Masuren, in der nicht weniger als 14 Landsmannschaften leben.

    Das ist der Teil dieses Buches, der mir besonders wertvoll ist, der verbindende Teil.

    In einem Landschaftsbild, im Geschmack von Piroggen, dem Geruch der Herbstfeuer und der Seen, in den Farben der Felder und vor allem im Rhytmus und den Redewendungen und Formen der Sprache liegt das, wofür es nunmal keinen besseren Ausdruck gibt als Heimat.

    Lenz versteht es, sein Heimatbild völlig frei zu halten von revanchistischem oder völkischem Unrat und so zu erzählen wie er es erinnert, in einem bunten Kaleidoskop von Eindrücken. Es sind gemächlich sprechende und handelnde Menschen und die Erzählung passt sich ihnen perfekt an im Tempo, wir Leser sehen die Tante Arafa auf dem Kutschbock sitzen und alle an ihren Lippen hängen, als hätten wir dabei gestanden.

    Genau so erzählt man und Lenz tut es ohne Bitterkeit über den Verlust und die Trauer ohne Groll, in seiner schönen Sprache, die wie ein sanfter Fluss die Landschaft seiner Erzählung prägt.

    Sollte ich das Unverwechselbare, das Typische nennen für diese Erzählungen von Siegfried Lenz, so würde ich es die Wärme des Herzens nennen, wie Heinrich Böll es einmal über ihn gesagt hat. Mit jeder einzelnen Seite wuchs das Bedauern darüber, daß dieses Buch ein Ende hat, auch das wie vor 40 Jahren.

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