Thomas Hesse: Der Rabe

  • Thomas Hesse - Thomas Niermann: Der Rabe; Emons Verlag Kön 1998; 249 Seiten; ISBN: 3-89705-109-5


    Das Böse ist immer und überall. Und natürlich auch am Niederrhein. Ausgerechnet die ausgedehnten Katakomben der Weser Engelskirche mußte es sich aussuchen. Nächtliches Orgelspiel, Schreie und Satansrunen bleiben da nicht aus. Ein Baby verschwindet spurlos. Daß das nicht nur die Polizei, sondern auch den Gemeindepfarrer Anton Rabe - ein Pastor mit Vergangenheit - auf den Plan ruft, ist selbstverständlich. Ob sein guter Draht in den Himmel und zu der hübschen Frauenärztin Gertrud Rosenbaum wohl gutgeht? Die beiden harmonisieren jedenfalls nicht nur beim Jazz.
    Auch Ferdi Fleischmann ist wieder mit von der Partie. Wie immer von Ehrgeiz und Eros getrieben, ist er das Trüffelschwein unter den Lokaljournalisten in Wesel. Stets dicht dabei und doch voll daneben. Auch Hauptkommissarin Susanne Straaten tappt im Dunkeln. Doch der liebe Gott wird`s schon richten, oder...?
    Thomas Hesse ist Jahrgang 1953. Er arbeitet als Redakteur bei der Rheinischen Post. Der studierte Germanist und Kommunikationswissenschaftler ist zwar ein Zugezogener, mag aber wohl das "platte Land", Krimis und das Schreiben. Thomas Niermann ist Jahrgang 1959 und arbeitet als Friedhofsgärtner.
    So, so, Niederrhein-Krimis gibt es jetzt auch schon. Naja, eigentlich ist das ja seit dem Trio Leenders / Bay / Leenders bekannt. Hesse und Niermann bieten einen spannenden Krimi, der kenntnisreich und flott geschrieben ist. Eine reichliche Prise Eros und Liebe kommt auch darin vor. Was das Buch aber wirklich lesenswert macht, ist der Humor, der das ansonsten eher trockene Thema auflockert. Es ist wirklich köstlich, wie ein liebeskranker Ferdi Fleischmann tollpatschig versucht, zur Lösung des Falles beizutragen und dabei von einer ulkig-unangenehmen Situation in die nächste stolpert. Alleine diese Szenen machen das Buch lesenswert. Jenseits aller Gesellschaftskritik und Moralpredigten ist den beiden Autoren ein lesenswerter Krimi gelungen.
    Ein kleiner Wermutstropfen sei bei aller Lobhudelei aber angebracht. "Was möchte uns der Künstler damit sagen?" fragt der Betrachter zumindest bei moderner Kunst. "Was ist das Motiv des Mörders?" So fragt der Krimiliebhaber, wenn er das Objekt seiner Liebhaberei liest. Die Auflösung am Ende hätte durchaus ein wenig stärker sein können. Was treibt selbst religiös angehauchte Menschen in die Arme des Bösen? Was macht aus eigentlich guten Menschen böse? Wie kommt eine Seele von Mensch auf Abwegen? Diese Fragen werden hier nicht beantwortet. Schade eigentlich. Irgendeine plausible Antwort hätten den beiden Autoren durchaus einfallen können.
    Dies ist aber der einzige Schwachpunkt. Ansonsten ist das vorliegende Werk durchaus ein lesenswertes Buch.