Christine Grän Dead is beautiful
Anna Marx arbeitet als Journalistin in Bonn. Sie scheint einer
eigenartigen Geschichte auf der Spur zu sein. Die Ehefrau eines
hochrangigen Politikers, der ein Schulfreund von Marx ist, hat
ein lesbisches Verhältnis. Da niemand die Schönheit kennt,
möchte der doppelt gehörnte Ehemann natürlich Einzelheiten
erfahren.
Was soll ich sagen? „Eine Journalistin ist schlauer als die
Polizei erlaubt,“ ist meine erste Reaktion. Wie kommt es nur,
daß die Berufsgruppe der Journalisten den Polizeikommissaren und
Privatdetektiven eine solche Konkurrenz macht? Ich arbeite auch
als Journalist. Ich habe bislang noch kein Verbrechen
aufgeklärt. Ich kenne auch keinen Kollegen, der dies geschafft
hat.
Christine Grän wurde 1952 in Graz geboren. Nach ihrem Studium
arbeitete sie zunächst als Redakteurin; dann ging sie für 5
Jahre als Entwicklungshelferin nach Botswana. Seit 1985 arbeitet
sie als freie Journalistin und Autorin in Bonn. Ob es wohl
beabsichtigt war, daß dieser Roman viele autobiographische
Bezüge enthält? Von der Einleitung (die in Bonn spielt)
abgesehen ist das österreichische Badgastein der zentrale Ort
der Handlung. Ein Abstecher in die Republik Südafrika ist darin
eingeschlossen. Irgend etwas fehlt mir aber. Es fehlt mir die
Milieubeschreibung – sowohl was Badgastein als auch die
Schönheitsfarm, in der Marx ihren Auftrag erledigen muß,
anbelangt. Liegt der Ort im Tal? Nein, er ist „an einen Berg
geklebt“ – ich habe es gerade noch einmal nachgeschlagen. Hat
der Ort Charme und Flair? Welche Art Menschen lebt dort? Welche
Leute kommen zu Besuch?
Es fehlt jegliche persönliche Note, die den Roman lesenswert
macht. Ich bedauere dies sehr. Es ist über 20 Jahre her, daß ich
in Österreich gewesen bin. Ich war damals zusammen mit meinen
Eltern in Bludenz im Vorarlberg im Urlaub. Da Österreich kein
gängiger Ort für Kriminalromane ist, hätte sich hier schon die
Möglichkeit geboten, Land und Leute (liebevoll?) vorzustellen.
Ich komme auf meine Eingangsfrage zurück: Was soll ich sagen?
Die Sachen, die mir aufgefallen sind und mir wichtig waren, sind
hier schriftlich niedergelegt. Daher werde ich jetzt schweigen
und dem Leser sein eigenes Urteil überlassen.
Christine Grän:
Dead is beautiful; Rowohlt – Verlag Reinbek bei Hamburg 1990;
169 Seiten; ISBN 3 – 499 – 42944 – 6