Natascha - Seelenficker

  • Klappentext
    «Ich habe mir immer gedacht, wenn ich Drogen nehme, dann können sie ruhig meinen Körper ficken, dann sollen sie mit mir machen, was sie wollen. Denn ich hasse meinen Körper, der ist so fett und hässlich und unförmig und sowieso habe ich es nicht besser verdient. Doch in den Momenten, wenn die Drogen aufhören zu wirken, merke ich, dass die Leute auch meine Seele ficken. Das tut weh, nein, mehr noch, das zerstört, ohne zu zerstören, man bleibt übrig und weiß, dass man kaputt ist, unheilbar, und dass man damit leben muss ...»
    Intensiv, offen und schockierend. Mit einer sensiblen Sicht für ihr eigenes Leben und die Dinge um sie herum, schildert die junge Autorin ihr Leben zwischen Drogen, Gewalt, Kinderstrich und ihren Träumen. Ihre Unbefangenheit und ihre einzigartige Art, Dinge beim Namen zu nennen, machen ihre eigenen Narben zu den Zeichen der Verletzung einer ganzen Gesellschaft.


    Zur Aurorin
    Der Roman basiert auf autobiographischen Erlebnissen der Autorin. Geboren 1988, wuchs sie irgendwo zwischen Heim, Mutter, Stiefvater und der Straße auf. Am zwölften Geburtstag begann ihre Drogenkarriere und damit kurze Zeit später auch die Beschaffungskriminalität. Der Straßenstrich wurde zu ihrer Heimat. Einen Selbstmordversuch, zwei fehlgeschlagene Schwangerschaften und zahllose Freier hat sie in ihrem Tagebuch festgehalten. Das Leben in einer Parallelwelt, die nur einen kleinen Schritt von der unsrigen entfernt ist, zu nahe, um sie totzuschweigen oder zu ignorieren.


    Meine Meinung
    Die gerade volljährige Autorin erzählt ihre Lebensgeschichte: Das lieblose Elternhaus, die sexuellen Übergriffe des Stiefvaters, die Selbstverstümmelung durch das Ritzen, die ersten Drogen mit zwölf Jahren, den Teufelskreis aus den Drogen und deren Beschaffung auf dem Drogenstrich, fehlgeschlagene Schwangerschaften, Selbstmordversuch und letztlich den Ausstieg und den Neubeginn in einem bürgerlichen und drogenfreien Leben.


    Das vorliegende Buch ist hart, bis an die Grenzen hart.
    Das fängt mit einer sehr direkten Sprache an, die die Dinge bei ihren unschönen Namen nennt und unverändert aus dem Tagebuch der Autorin übernommen wurden. Dies wird auch noch grafisch adaptiert, in dem einzelne Worte oder Passagen wie Schreie handschriftlich in den Text eingearbeitet wurden.
    Zum anderen sind auch die beschriebenen Ereignisse nicht unbedingt zarten Gemütern zu empfehlen. Nachdem die Autorin über Jahre in dem Teufelskreis aus Drogen, Prostitution und Selbstverstümmelung gefangen war, werden die einzelnen Stationen in immer neuen Variationen in allen Einzelheiten geschildert. Sei es das Verlangen nach Schmerzen zur Selbstkasteiung und um überhaupt etwas zu fühlen. Die Sucht nach den Drogen, die sie sich aber nur durch die Prostitution erkaufen kann. Die widerwärtigen und erniedrigenden sexuellen Praktiken der Freier, die sie allerdings auch nur unter Drogen ertragen kann. Und dann wieder die Selbstbestrafung.
    Das alles steht dann stets im harten Kontrast zu ihren lichten Momenten, wenn sie in der Schule ist und mit der Hoffnung auf Schulabschluss und geregelter Arbeit dem Horror entrinnen möchte. Wenn sie ihre Misere erkennt, allerdings dann doch keine Alternative erkennt, als ihren Teufelskreis weiter über Jahre hinweg zu durchleben.


    Betroffen und regelrecht krank macht allerdings nicht nur das geschilderte Leben eines jungen und nahezu gebrochenen Menschen. Sondern auch die Tatsache, wie diese Drogenszene, der Kinderstrich, die Verwahrlosung in der Familie, die Teilnahmelosigkeit im Umfeld des Mädchens direkt vor unseren Augen tagtäglich existieren können.


    Ebenso unbegreiflich ist für mich aber leider auch die reißerische Vermarktung durch den UBooks-Verlag, obwohl das Cover in deren Gesamtprogramm passt, als auch die Tatsache, dass dieses Buch wohl in vielen Buchhandlungen unter ‘Erotische Literatur’ einsortiert wird.


    Mir hat dieses Buch ein Betriebsratskollege im ‘Arbeitskreis Sucht‘ geschenkt, der von dem Buch derart angewidert war, dass er es los haben wollte. Ich kann ihn mittlerweile durchaus verstehen.

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Eine sehr gute Rezension, Kfir!
    Vielen Dank. Ich bin, leider, noch nicht dazu gekommen, das Buch zu lesen,
    aber es steht bereits auf meiner Liste.
    Obwohl es sicherlich hart ist, möchte ich doch das Buch gerne lesen.
    Übrigens, das Cover mag ich überhaupt nicht. Weniger wäre mehr. :roll:

    2024: Bücher: 90/Seiten: 39 866

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Scalzi, John - Die Gesellschaft zur Erhaltung der Kaiju-Monster

  • Das ist eine sehr gelungene Rezemsion und sicher auch ein sehr interessantes Buch. Aber ich glaube, dass sogar ich dafür zu "zart besaitet" bin...


    Zitat

    Der Roman basiert auf autobiographischen Erlebnissen der Autorin.
    Geboren 1988, wuchs sie irgendwo zwischen Heim, Mutter, Stiefvater und
    der Straße auf. Am zwölften Geburtstag begann ihre Drogenkarriere und
    damit kurze Zeit später auch die Beschaffungskriminalität.

    Mein erstgeborenes Schnullermännchen ist Jahrgang 1988... :shock:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber ich werde es definitiv tun.
    Ich habe schon gelsen, dass es sehr hart ist, aber ich denke, das genau das ist, was mich daran interessiert. Weil es eben nicht beschönigt oder buntmalt. Das ist Realität.


    Über das Cover lässt sich natürlich streiten.
    Ich persönlich finde das Bild an sich gut (schön?) und denke, dass es auch zum Buch passt...und ich habe eigentlich auch nichts dagegen, mal ein wenig zu provozieren...

  • Über das Cover lässt sich natürlich streiten.
    Ich persönlich finde das Bild an sich gut (schön?) und denke, dass es auch zum Buch passt...und ich habe eigentlich auch nichts dagegen, mal ein wenig zu provozieren...

    Ja, auch ich bin der Meinung, dass das Mädchen auf dem Titel ein schönes und ansprechendes Gesicht hat, nur leider sieht man auf dem Foto hier die Narben vom Ritzen nicht allzu gut.
    Ich finde es nur ein wenig zweifelhaft, wenn auf einem Buchcover ein so gut wie nacktes Mädchen in Lolita-Pose dargestellt wird, gross eine Abwandlung des Wortes "Fikcen" darüber steht und es dann, was ich schon einige Male beobachten konnte, in der Buchhandlung bei Erotischer Literatur einsortiert wird. Ohne einen Blick auf den Klappentext kommt da wohl mancher Mann auf völlig falsche Gedanken. Aber vielleicht auch nicht verkehrt, wenn jemand meint, sich mit vermeintlich leichter Erotik gemütlich machen zu können und dann mit dieser Realität konfrontiert wird.

    Shalom, kfir


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    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Ja gut, wenn man die Erotik-Abteilung mit einbesieht, ist es natürlich scheiße, das irritiet natürlich.
    Da sollte man vielleicht einmal die Büchhändler fragen, ob sie sich überhaupt durchgelesen haben, worum es geht oder ob sie einfach nur Cover und Titel anschauen und dann einsortieren *kopf schüttel*

  • Ich denke, meine Meinung wäre ein wenig zu hart und zu kritisch, um sie hier direkt aufzuschreiben, also erspare ich sie euch und komme zum Punkt: Ich würde es vielleicht lesen, aber auch nur weil ich der Meinung bin, man sollte schon zumindest gelesen haben, was man kritisiert.


    Deine Informationen zu dem Buch sind super, kfir!

  • Hy Kfir!


    Als ich diese Rezi laß, dachte ich im ersten Moment: Das muß in verdammt interessantes Buch sein.
    Doch dann kamen mir die selben Zweifel wie Dir.


    Nun frage ich micht, was bringt dieses Buch Natascha überhaupt?
    Schafft sie es von den Erlösen des Buches aus dem Teufelskreis zukommen?
    Oder reicht die Gage gerade aus, um 1g Stoff mehr am Tag zu haben unde einen Freier weniger nehmen zu müssen.
    Das Ende hast ja nicht verraten. :wink:


    Aber ich denke ich werde die Finger von dem Buch lassen.

    Im Leben kann man auf vieles verzichten. Außer auf Katzen und Bücher!


    :study: Der Drachenbeithron von Tad Williams
    :musik: Die Bücherdiebin von Markus Zusak


    mb-db

  • Hmmm, ich habe auf der Seite von UBooks mal zwei oder drei pdf mit Interviews/Zeitungsartikeln gelesen, kann sich ja jeder selber durchklicken. Hier die Entwicklung nach dem Buch, soweit ich mich noch an die Artikel erinnern kann, amn möge mir Detailfehler nachsehen ...


    Nochmal mit Nachdruck: Ich empfehle dieses Buch grundsätzlich jedem, aber besonders denjenigen, die mit schlimmen menschlichen Schicksalen umgehen können und denen es nichts ausmacht, wenn einen das Buch noch eine gute Zeit beschäftigt.

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"

  • Nochmal mit Nachdruck: Ich empfehle dieses Buch grundsätzlich jedem, aber besonders denjenigen, die mit schlimmen menschlichen Schicksalen umgehen können und denen es nichts ausmacht, wenn einen das Buch noch eine gute Zeit beschäftigt.


    Genau deswegen möchte ich das Buch gerne mal lesen. :idea:
    Ich "schleiche" da ja schon länger drum herum, aber nun ist es ganz weit oben auf meine Wunschliste gerückt.


    Allerdings muss ich auch sagen, dass ich das Cover äußerst unpassend finde.
    Aber sowas ist ja bei UBooks keine Seltenheit. :loool:

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Seid gegrüsst


    Erstmal möchte auch ich meinem Dank für die tolle Rezi Ausdruck verleihen: Einfach klasse!
    Ich habe sie schon vor etwa 2 Monaten gelesen, und jetzt denke ich immer noch, dass ich das Buch gerne lesen würde.
    Ab auf die Wunschliste damit!


    Herzlichst


    E.S.

    :study: Hjorth & Rosenfeldt - Die Toten, die niemand vermisst

    :musik: Die drei ???

    Bücher haben Macht
    Über dich lachen sie bloss
    Weil du trotzdem liest.

    :love:

  • Ich habe das Buch heute in einem Rutsch durchgelesen. Bei der Seitenzahl ist man ja fix fertig.
    Nun meine Meinung zu dem Buch. Mir fällt es etwas schwer das Buch zu beurteilen. Größtenteils stimme ich allerdings mit der Meinung von Kfir überein.
    Das Buch ist wirklich bis an die Grenzen hart, die Sprache derb - aber für dieses Thema passend. Ich fand auch die graphischen Adaptionen für das Buch und das Thema passend.
    Allerdings ist das Buch nichts für zarte Gemüter. Es wird unverfälscht in ehrlicher, derber Sprache über Drogenkonsum, Prostitution und Selbstverstümmelung, oftmals bis ins Detail, gesprochen.
    Ich hatte dabei den Eindruck das die Autorin, trotz das es in Tagebuchformat geschrieben ist, eine gewisse Distanz zum Leser hält. Mir war die Autorin weder sympathisch noch hatte ich Mitleid. Dafür ist das Buch zu distanziert. Man betrachtet alles aus einer gewissen Entfernung. Jedenfalls ging mir es so.


    Nun frage ich micht, was bringt dieses Buch Natascha überhaupt?
    Schafft sie es von den Erlösen des Buches aus dem Teufelskreis zukommen?


    Hierzu möchte ich sagen, das die Autorin das Buch nicht aus freien Stücken geschrieben hat, sondern 2 Herren sind auf ihr Tagebuch aufmerksam geworden und meinten, das sich das auf Grund des literarischen Niveaus, für ein Buch eigenen würde.
    Ausserdem wollte sie sich damit sicher nicht das Geld für mehr Stoff verdienen, denn..
    (Spoiler verrät das Ende)

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Um solche Bücher mache ich einen weiten Bogen. Nicht, weil ich denke, dass das Mädel nichts zu sagen hätte, sondern weil mich einfach der Titel abstößt. Ich habe in letzter Zeit häufig Bücher in Fäkalsprache gesehen, und frage mich, ob das sein muß? Klar, der Titel soll schocken und Mitleid zugleich erregen, trotzdem finde ich sowas geschmacklos. "Pferde kotzen", "Seelenficker", "Feuchtgebiete" (an sich nicht so schlimm, bis man das Buch aufschlägt)...
    Nennt mich spießig, aber sowas sollte man einer Sprache eigentlich nicht antun dürfen.

  • Um solche Bücher mache ich einen weiten Bogen. Nicht, weil ich denke, dass das Mädel nichts zu sagen hätte, sondern weil mich einfach der Titel abstößt. Ich habe in letzter Zeit häufig Bücher in Fäkalsprache gesehen, und frage mich, ob das sein muß? Klar, der Titel soll schocken und Mitleid zugleich erregen, trotzdem finde ich sowas geschmacklos. "Pferde kotzen", "Seelenficker", "Feuchtgebiete" (an sich nicht so schlimm, bis man das Buch aufschlägt)...
    Nennt mich spießig, aber sowas sollte man einer Sprache eigentlich nicht antun dürfen.

    So geht es mir auch, deshalb werde ich diese Bücher auch nicht lesen. :thumbdown:

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Nicht, weil ich denke, dass das Mädel nichts zu sagen hätte, sondern weil mich einfach der Titel abstößt.


    Schlimmer noch als den Titel finde ich das Bild. Nicht nur das es provokativ ist, nein es ist auch noch völlig unpassend zum Titel.
    Bei dem Verlag, wie schon geschrieben, leider keine Seltenheit.
    Ich finde es schade, dass mit solchen Titeln / Cover die Leser "vergrault" werden. Und auch ich bin der Meinung, dass sowas einfach nicht sein muss. (auch wenn ich das Buch gelesen habe)

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Für mich war das Buch absolute Zeitverschwendung =;

    "Um Geld zu verdienen brauchen wir keine
    grandiose, makellose Literatur. Was wir brauchen ist Mittelmaß,
    Massenware. Was zählt, ist das verkaufte Papier. Und nicht die Worte,
    die drauf stehen"
    Walter Moers - Die Stadt der träumenden Bücher
    :love:

  • Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, aber ich muss sagen, dass ich das Cover nicht so übel finde wie die meisten anderen hier.
    Ich finde, dass man durch den Titel und das Bild auf dem Cover eigentlich sofort weiß worum es in diesem Buch geht (mir ging es zumindest so!)


    Das Mädchen sieht total gequält aus und in keiner Weise aufreizend. Also wer sich von dem Bild sexuell angesprochen fühlt hat sowieso irgendwelche Probleme wenn ihr mich fragt...
    Und die Schnitte sieht man schon sehr gut finde ich..


    So das wars auch schon von meiner seite :mrgreen:


    Bücher gelesen 2012: 11
    Bücher gelesen 2011: 37
    Bücher gelesen 2010: 56

  • Das Buch hat jetzt ein leicht entschärftes Cover ...

    Shalom, kfir


    :study: Joe Hill - Teufelszeug
    :thumleft: Farin Urlaub - Indien & Bhutan - Unterwegs 1 #2533 signiert


    "Scheiss' dir nix, dann feit dir nix!"