T. C. Boyle - World´s end

  • Klappentext:
    »Walter wußte Bescheid. Er war selbst ein entfremdeter Held... ein Mann aus Eisen und Tränen... Es war völlig undenkbar, jetzt nach Hause zu fahren, zu dem gefüllten Hähnchen, dem Spargelsalat und der glänzenden Mousse au chocolat, die seine Adoptivmutter für ihn gemacht hatte. Völlig undenkbar, jetzt dankbar das Geschenk seiner Freundin Jessica auszupacken - ein neuer Helm, bronzefarben wie die Sonne und dekoriert mit seinem Namen aus Blümchenaufklebern.. .« In der Nacht seines 22. Geburtstages rast Walter Van Brunt betrunken und bekifft mit seinem Motorrad gegen eine Gedenktafel. Die Vergangenheit holt ihn ein, sein Vater, der vor zwanzig Jahren seine Freunde verriet, sein Vorfahr aus dem 17. Jahrhundert, ein holländischer Neusiedler und Pachtbauer, von dem es heißt, er habe in der Auseinandersetzung mit dem reichen Grundherrn feige versagt. » World's End ist ein listiges Gesellschaftsbild, das raffiniert mit der amerikanischen Geschichte spielt. T. Coraghessan Boyle ist ein großartiger Schriftsteller« (Die Presse, Wien), »die literarische Entdeckung Amerikas« (Die Zeit, Hamburg), »der Dickens des 20. Jahrhunderts« (Publishers Weekly, USA).



    Mit „World´s end“ hat T. C. Boyle definitiv gehalten, was er mit “Riven Rock” vesprochen hat. Eine wunderbar phantasievolle, weitreichende Erzählweise, ein hervorragender Schreibstil und eine umfangreiche, durchdachte Geschichte.


    Die Geschichte switcht zwischen dem 17. und dem 20. Jahrhundert und da es ziemlich dick ist, war es zwischendurch ein bisschen verwirrend für mich, in welcher Zeitepoche ich mich grade befinde. Dass am Ende ein Personenverzeichnis ist, habe ich leider erst nach Beendigung gesehen – für alle, die das Buch noch lesen wollen, sei dies hier ein wertvoller Hinweis!


    Sehr fasziniert hat mich die Persönlichkeit des Jeremias Van Brunt. Seine rebellische Art mit der er sich gegen seinen Pachtherren auflehnt bis hin zu seinem Zusammenbruch um seine Familie im allgemeinen und seinen Sohn im speziellen zu schützen.


    Das Buch zeigt politische und gesellschaftliche Entwicklung, die Verfeindung und teilweise Annäherung zweier Familien, das Leben der Indianer, der Hippies, der Reichen und der Armen. Es weist darauf hin, dass die Dinge nicht immer so sind, wie sie scheinen, wenn man Geschichten nämlich aus zwei Perspektiven hört.


    Walter Van Brunt macht sich Ender der 1960er-Jahre auf den Weg nach Alaska um seinen Vater, der ihn verlassen hat, als Walter noch ein Kind war, zu suchen. Sein Leben lang hat ihn der Gedanke daran, dass sein Vater ein Verräter war, belastet. Was er von ihm erfährt, ist nicht das, was er erwartet/erhofft hatte.


    Was ich ein bisschen... nicht grade störend, aber doch überflüssig fand, waren die Visionen von Walter. Ich verstehe nicht ganz, welche Bedeutung sie für die Geschichte haben.

  • @ Susannah.


    Meine Lektüre von "World’s End" ist schon zu lange her, als dass ich Dir bezüglich der Visionen Walthers weiterhelfen könnte. Es war mein erstes Buch von T.C.Boyle und hat mir ebenfalls gut gefallen, wenn manches mir auch überzogen vorkam.


    Aber das ist nun mal der Stil der Bücher. „Riven Rock“ fand ich im Gegensatz zu Dir nicht berauschend. Mein Favorit (bis jetzt) ist „Wassermusik“.


    Gruß mofre

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  • Mit deinem gespoilerten Text hast du recht, das fand ich auch ein wenig übertrieben. Aber gestört hat es mich nicht wirklich.


    "Wassermusik" habe ich nicht. Auf meinem SUB liegt noch "America", das ja ganz großartig sein soll.


    Lg
    Susannah

  • Mir hat das Buch nicht so gut gefallen. Vor allem, weil es so negativ ist in fast jedem Punkt. Ständige Katastrophen, verlorene Körperteile, unsympatische Menschen, Verrat, Betrug und Ausbeutung. Keine Person war dabei, mit der ich mich identifizieren konnte/wollte. Die feine Ironie Boyles macht es etwas erträglicher, aber eben nur etwas.

  • Es ist schon eine ganze Weile her, dass ich "World's end" gelesen habe, aber mir ist noch recht gut in Erinnerung, dass Visionen und Zeitsprünge manchmal verwirrend waren und vom roten Faden abwichen.
    Für mich ist und bleibt "Wassermusik" unschlagbar.


    Gruß Wirbelwind


    :study: Mike Dash, Der Untergang der Batavia

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Das Buch ist gerade auf meine Wunschliste gewandert. Ich bin mal darauf gespannt, wie ich mit den Zeitsprüngen zu recht kommen werde, wenn ich es habe. Ich lasse mich einfach überraschen. Vielen Dank für den Buchtipp.


    Liebe Grüße von der Buechereule :winken:

    Liebe Grüße von der buechereule :winken:


    Im Lesesessel


    Kein Schiff trägt uns besser in ferne Länder als ein Buch!
    (Emily Dickinson)



    2024: 010/03.045 SuB: 4.302

    (P/E/H: 2.267/1.957/78)

  • Das Buch schwirrt in meinem Kopf, hat dort nichts anderes als Verwirrung hinterlassen. Die einzelnen Geschichten um die verschiedenen Personen sind originell, unterhaltsam, mitunter äußerst amüsant oder spannend. Trotzdem: Ich habe die Übersicht über die Personen total verloren. Wer in welcher Generation was mit wem hatte und wo sich bei welchen Nachkommen was ereignet hat ... irgendwann habe ich den Faden verloren. Es tauchten Namen auf, die ich irgendwo in den hunderten von Seiten vorher schon mal gelesen hatte ... aber nicht mehr wiederfinden konnte. Es wurde Bezug genommen auf ein Ereignis, das nur noch bruchstückhaft in meiner Erinnerung war. Und neben den Hauptgeschichten um Walter, bzw. Jeremias werden ungezählte Seitenstränge aufgebaut, Nebengeschichten erzählt, wieder neue Personen eingeführt. 400 Seiten habe ich mich zu konzentrieren versucht, um wenigstens die Hauptsachen mitzubekommen, den Rest habe ich einfach nur gelesen, um zum Ende zu kommen.


    Im Anhang ist zwar ein kleines Personenregister; Stammbäume wären hilfreicher. Ein Glossar für die niederländischen Dialektausdrücke, bzw. die Worte aus der Indianersprache fehlt leider auch.


    Gut, dass es nicht mein erster Boyle war, die Abschreckung wäre perfekt gewesen. :pale:

    Bücher sind auch Lebensmittel (Martin Walser)


    Wenn du einen Garten und eine Bibliothek hast, wird es dir an nichts fehlen. (Cicero)



  • Ich habe es mehrmals versucht u bin nie in das Buch reingekommen :scratch: . Irgendwann habe ich resigniert =; u das Buch verschenkt. Dabei gefallen mir andere Bücher von ihm ausgesprochen gut..!

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Irgendwann habe ich resigniert


    Das tröstet :friends: ! Ich dachte schon, mit meinem Kopf würde was nicht stimmen, dass er keine so verzwickten Geschichten mehr verträgt. ](*,)

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  • Und bei mir liegt das Buch noch auf dem SUB - ihr macht mir ja Mut! 8-[


    Keine Bange, Conor, Du schaffst das schon! Ich habe den Roman nicht als so verwirrend empfunden (oder kann ich mich am Ende nur nicht erinnern? :shock: ). Nicht jedes Buch von T.C.Boyle gefällt mir, aber dieses habe ich gern gelesen.


    Gruß
    mofre

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  • Also, ich weiß nicht. Ich fand das Buch eigentlich nicht verwirrend. Kurzfristig schon, wenn Zeit und Ort wechselten, aber nach ein paar Sätzen war ich wieder in der Geschichte.

  • Oh, an mir solls aber nicht scheitern! Vielleicht ist alles nur ein dummer Zufall!?! Ich weiß nicht :scratch: , das war ein Buch von dem ein paar Leute vor Jahren geschwärmt hatten. Ich weiß, dass ich mehrmals begonnen habe u es immer wieder weggelegt habe!? Alles schon Jaaaahre her, lange vor meinem Leben mit BT :wink: !
    Manchmal liegt es aber nur daran, dass es Bücher sind, die nur im Schlafzimmer liegen. Die Horizontale ist definitiv nicht die beste Lage für mich, ein Buch zu beginnen :sleep:
    Bei Boyle lasse ich mich gerne eines Besseren belehren!

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  • T.C. Boyies Worlds End gehört sicher zu seinen schwerer zugänglichen Werken, ist aber meiner Meinung nach
    ein literarisches Meisterwerk. Zugegeben, die teilweise surrealistischen Passagen des Buches fordern vom
    Leser einiges an literarischem Einfühlungsvermögen, stellen aber auch die Highlights des Romans dar.
    Man braucht sicher eine Zeit um sich einzulesen, aber es lohnt sich allemal nicht aufzugeben. Einmal über diesen
    Punkt hinweg gekommen, eröffnet Boyle dem Leser eine wunderbar skurile Familiengeschichte, die in ihrer Intensität
    ihresgleichen sucht.
    cheriechen: Es lohnt sich wirklich einen neuen Versuch zu starten. Versprochen. :wink:

    Wir sind der Stoff aus dem die Träume sind und unser kleines Leben umfasst ein Schlaf.

    William Shakespeare


    :study: Robert Seethaler - Das Cafe ohne Namen

    :study: Matt Ruff - Ich und die anderen

  • Zugegeben, die teilweise surrealistischen Passagen des Buches fordern vom Leser einiges an literarischem Einfühlungsvermögen


    Diese Passagen haben mir gut gefallen. Meine Verwirrung bezog sich vor allem auf die Personen. Ich konnte nicht mehr unterscheiden, wer mit wem in welchem Verwandtschaftsverhältnis steht, bzw. wer zu welcher Generation gehört.


    Möglicherweise geht mir z.Z. auch zuviel im Kopf herum, und es war einfach das falsche Buch (oder die falsche Zeit für dieses Buch). Wenn ich ihm eine zweite Chance gebe, zeichne ich mir von Anfang an die Stammbäume der verschiedenen Familien auf.

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  • Ich konnte nicht mehr unterscheiden, wer mit wem in welchem Verwandtschaftsverhältnis steht, bzw. wer zu welcher Generation gehört.

    Da hast du allerdings recht. Die Darstellung der verschiedenen Familien und ihrer Nachkommen bzw Vorfahren ist
    wirklich recht verwirrend. Ich habe da erst beim zweiten Mal etwas besser durchgeschaut.
    Die Idee einen Stammbaum anzufertigen finde ich hervorragend. Einen Stammbaum im Anhang des Buches wäre auch
    eine gute Hilfe gewesen. :winken:

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  • ...okay, also ein lohnendes Buch für eine ruhigere u konzentrierte Lebensphase, ich werde versuchen, es in meinem vollgestopften Hinterkopf zu bewahren! #-o
    Ich glaube allerdings, zum Stammbäume malen habe ich keinen Nerv =;


    :winken: :study: :sleep:

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  • Völlig zugedröhnt donnert Walter Van Brunt nach seiner eigenen Geburtstagsfeier mit dem Motorrad gegen eine Gedenktafel und erwacht im Krankenhaus, ohne seinen rechten Fuß. Nach diesem traumatischen Ereignis beginnt er, sich noch stärker mit seiner eigenen Familiengeschichte auseinandersetzen als bereits zuvor. Sein Vater verschwand, als Walter noch klein war, seine Mutter starb nicht viel später und er wuchs bei liebevollen Adoptiveltern auf, die sich jedoch stets bedeckt hielten, wenn es um die Vergangenheit und insbesondere Van Brunt senior ging. Während Walter versucht, sich mit seiner Behinderung abzufinden, fragt er sich gleichzeitig, ob sein Vater wirklich so ein Mistkerl war, wie immer zwischen den Zeilen anklingt, oder ob die Wahrheit vielleicht ganz anders aussieht.


    Parallel erzählt Boyle die Geschichte, die zu der schicksalsträchtigen Gedenktafel am Straßenrand führte, die Geschichte der ersten Van Brunts, die sich im 17. Jahrhundert als holländische Einwanderer im heutigen Staat New York niederließen und in ärmlichen Verhältnissen lebten. Jeremias, der älteste Sohn, steht hier im Mittelpunkt, der sich unter widrigsten Umständen durchs Leben schlug und dabei kaum eine Auseinandersetzung scheute. Eng verflochten mit dem Schicksal der Van Brunts ist auch dasjenige der Mohonks, einer Kitchawanken-Indianerfamilie, deren letzter verbleibender Nachfahre wiederum plötzlich in Walters Leben auftaucht.


    Boyle schreibt wie eine dreckigere, krassere Version von John Irving. Kein menschlicher Abgrund scheint ihm fremd zu sein, es geht ordentlich zur Sache in diesem Buch - Blut und andere Körpersäfte fließen reichlich, es wird gesoffen und gehurt und exzessiv gefressen, verraten, gekämpft und getötet. Einiges nimmt beinahe märchenhafte Züge an, manche Figuren wirken farcehaft überzeichnet, was ich eigentlich gar nicht so mag, und das Leid häuft sich insbesondere bei Jeremias schon in hiob-artiger Weise, aber Boyle hat es irgendwie hingekriegt, dass mich diese prallvolle Familiengeschichte auf zwei Zeitebenen nach leichten Anlaufschwierigkeiten ziemlich gepackt hat.


    Es ist ein bissiges, böses Gesellschaftsporträt, das hier gezeichnet wird, mit zwei Hauptfiguren, Walter in der Gegenwart und Jeremias in der Vergangenheit, die beileibe nicht immer richtig handeln, in ihrer Menschlichkeit dabei aber nie unsympathisch werden. Grundthemen beider Handlungsstränge sind universelle Themen wie gesellschaftliche Abhängigkeiten und Aufstiegsmöglichkeiten, der Umgang mit der eigenen Familiengeschichte, Leben mit körperlichen Handicaps (wobei ich es in Walters Geschichte als medizinischer Laie doch einigermaßen optimistisch fand, dass er

    und natürlich auch die Liebe, auch wenn die bei Boyle natürlich nicht auf rosaroten Wölkchen dahergeschwebt kommt.


    Sicherlich nicht jedermanns Sache, dieses Buch, aber mir hat es (im zweiten Anlauf nach 15 Jahren - ich glaube, beim ersten Durchgang war ich noch etwas zu jung) sehr gut gefallen, auch wenn es stellenweise zwischendurch ein wenig zäh wurde.


    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • “World’s End” ist mein erster Roman von T.C. Boyle und ich muss ehrlich gestehen, alleine hätte ich mich da gerade am Anfang nur schwr durchgebissen. Meine Ausgabe hat am Anfang ein Personenverzeichnis, und obwohl ich immer versuche, ohne auszukommen, wenn Romane so etwas haben – hier ging es nicht. Bis ich mich eingefunden hatte in die vielen verschiedenen Figuren in den verschiedenen Zeitebenen (die Handlung im 20. Jahrhundert wird parallel zu der im 17. Jahrhundert erzählt), hat es schon eine Weile gedauert, und für mich war es deswegen gut, dass ich diesen Roman nicht allein gelesen habe.
    Aber es lohnt sich, dranzubleiben, man kann es nicht anders sagen. Denn Boyle hat eine Art zu erzählen, die ziemlich mitreißend ist, so düster und pessimistisch auch das ist, was seine Figuren erleben müssen. Schnell wird klar, einfache Lösungen gibt es hier nicht, Glück ist nie von langer Dauer und Beziehungen zwischen Menschen sind immer kompliziert. Der eigenen Familiengeschichte zu entkommen, nicht die Fehler zu wiederholen, die schon die Generationen vor einem gemacht haben, alte Antipathien abzulegen, das ist ebenfalls nicht einfach und kaum einer der Figuren in diesem Roman gelingt es.
    Es ist toll zu sehen, wie sich immer mehr Zusammenhänge auftun, wie der Roman aufgebaut ist, und wie Boyle gerade dann, wenn man denkt, man wüsste, was er mit seinen Lesern vorhat, genau etwas Anderes geschehen lässt. Das hat mir beim Lesen sehr gut gefallen. Bis zum Ende hin (das ich richtig gut fand) hatte ich keine Ahnung und auch keine Idee, wie dieser Roman überhaupt enden könnte.
    Die Figuren sind schwer zu beschreiben – sie sind interessant, aber es gab niemanden, den ich so wirklich mochte. Mit einigen hatte ich Mitleid, andere mochte ich zeitweise beim Lesen, aber bis auf Tom Crane, der mich eigentlich nicht enttäuscht hat, waren viele der Figuren einfach nicht so, dass man sie hätte mögen können, und das Schlimme daran ist, dass das oft daran lag, dass sie sich sehr menschlich verhalten haben. Helden gibt es hier nicht, jeder verfolgt seine Interessen, jeder versucht mal, etwas zu verheimlichen oder zu vertuschen,
    Ein Roman, auf den man sich wirklich einlassen muss, aber es lohnt sich auf jeden Fall!
    :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5:

  • In der letzten Zeit stelle ich immer wieder fest, dass es mir sehr schwer fällt vorhersehen zu können, ob mir ein Buch gefallen wird oder nicht, aber T.C. Boyles World's End gehört definitiv zu den Büchern, die mir sehr gut gefallen. :pray:


    Für mich resultiert dieses Buch seltsamerweise als nahezu perfekt, wobei die nicht vorhandene chronologische und genealogische Geradlinigkeit sicherlich eine große Rolle spielt, denn so liest sich die Geschichte wesentlich weniger langweilig als viele andere Familiensagas. Außerdem empfinde ich die ineinander verschlungenen Episoden als gekonnt erzählt.


    Gerade die erzählerischen skurrilen „Schnörkelchen“, die hier im Thread als negativ kommentiert wurden, sind für mich ein weiterer Pluspunkt.


    Und dann der Aspekt, dass hier ein Stück Geschichte New Yorks erzählt wird, und das Wichtigste von allem: Aspekte von Feudalismus /Kapitalismus /Sozialismus in der amerikanischen Geschichte: wie Boyle das in die absurde Frage von „Vererbung“ hineinarbeitet (erinnert uns das nicht an das gesellschaftliche und wirtschaftspolitische Manko unserer Zeit schlechthin: die wenigen Reichen werden immer reicher, und die vielen Armen werden immer mehr und immer ärmer?).
    Ganz ehrlich: wenn ich so ein Buch in die Finger kriege, das mir solche triftigen Themen in solch gekonnter schriftstellerischer Ausarbeitung liefert wie T.C. Boyle das hier mit spürbarer Leidenschaft in World’s End tut, und das Ganze auch noch, ohne dass er den Leser in eine vorgefertigte Antwort hineinzupressen versucht

    dann kann ich einfach nur applaudieren. Das war mal wieder eine richtig gute Leseerfahrung.


    Noch ein Aspekt am Rande: Boyle ist einer der wenigen Autoren, die meiner Meinung nach gute Bettszenen schreiben – wohldosiert, knapp, aber treffende und vor allem sinnliche Ausdrucksweise - dies nur, weil die Matratzenakrobatik, die ich letztens bei Murakami, aber auch bei Ortheil und Th. Bayer gelesen habe, eine ausschließlich emetische Wirkung auf mich ausübt – in dieser Hinsicht sticht T.C. Boyle für mich sehr positiv heraus.

    » Unexpected intrusions of beauty. This is what life is. «


    Saul Bellow, (1915-2005 ), U.S. author,
    in Herzog