Marcia Muller: Dunkle Schatten; Fischer Verlag Frankfurt 2003; 383 Seiten; 7,90 Euro; ISBN: 3-596-15594-0
In einer kalifornischen Kleinstadt wird die Leiche einer jungen Frau
angeschwemmt. Rhoda Swift arbeitet hier als Polizistin. Mit dem neuen
Mord setzt sich ein jahrelanger Albtraum fort. Vor 13 Jahren wurde ein
ähnlicher Mord begangen. Er konnte bislang noch nicht aufgeklärt
werden. Und ausgerechnet Rhoda war als Erste am Tatort gewesen. Als
frisch gebackene Polizistin sah sie sich dem Vorwurf ausgesetzt,
Beweismaterial übersehen zu haben.
Der wievielte Krimi von Marcia Muller ist dies eigentlich? Keine
Ahnung. Die genaue Anzahl ist auch nicht so wichtig. Muller ist eine
gestandene Autorin von Kriminalromanen. Es ist schon erstaunlich,
welche handwerklichen Unzulänglichkeiten ihr gerade zum Ende hin
unterlaufen. Der Leser möchte nicht irgendwelchen Larifari erfahren,
wer wie warum welches Verbrechen möglicherweise beging. Man möchte
nicht erleben, wie der Detektiv auf 360 Seiten im Dunkeln tappt, nur um
auf den letzten 20 Seiten eher zufällig einem Mörder auf die Spur zu
kommen.
Spannend und fesseld ist das Buch schon geschrieben. Man giert fast
schon dem Ende entgegen. Bücher haben aber einen Nachteil, insbesondere
dann, wenn sie lang sind: Der Leser verschlingt es nicht in einem
durch. Es kann durchaus sein, daß der Leser einige Tage braucht, um es
zu Ende zu lesen. Daher besteht die Gefahr, daß Details vom Anfang des
Buches schlichtweg vergessen werden. Der klassische Krimi bietet am
Ende oft genug noch einmal eine Zusammenfassung der Ereignisse. Tat,
Motive und Aufklärung werden so in einen inneren, logischen
Zusammenhang gebracht. Nichts geschieht zufällig. Glück gibt es in den
Romanen - anders als im wirklichen Leben - nicht.
Der mündige Leser, der in der Lage ist, selbständig herauszufinden, wer
der Mörder war, ist vielleicht eine Erfindung von
Literaturwissenschaftlern. Sie möchten den Krimiautoren dazu bringen,
eine klare Struktur in ihre Bücher zu bringen. Das Verbrechen soll
Schritt für Schritt logisch erklärt werden. Diesem Anspruch wird das
Buch jedenfalls nicht gerecht. Ein wenig Liebesgeschichte, ein bißchen
Milieubeschreibung, ein bißchen Sozialkritik und ein wenig
Kriminalgeschcihte - dies allein reicht noch nicht für eine gute
Kriminalgeschichte. Marcia Muller kann es eigentlich besser.