Elmar Bereuter - Die Schwabenkinder

  • Gebundene Ausgabe: 360 Seiten
    Verlag: Herbig
    ISBN-13: 978-3776623048


    Winter 1868. Der Hof der Bauernfamilie Meser im Bregenzer Land ernährt kaum seine Besitzer. Als dann auch noch das Kalb und kurze Zeit später das Schwein stirbt, wissen die Mesers nicht mehr wie es weitergehen soll. Der einzige Ausweg ist, den neunjährigen Sohn Kaspanaze zum Schwabengehen zu schicken. Dort kann er, von reichen Bauern für 8 Monate gekauft, ein bisschen Geld verdienen und neue Sachen bekommen. Außerdem ist am heimischen Tisch ein Esser weniger. Gemeinsam mit 18 anderen Jungen und Mädchen macht er sich auf den Weg nach Ravensburg zum Kindermarkt. Das Glück ist ihm nicht hold und ein als Kinderschinder bekannter Bauer ersteigert ihn. Arbeit und Schläge bekommt er mehr als Essen. Unterstützung findet er einzig bei dem jungen Amerikaner Whitehead, der seine Wurzeln im Schwabenland erforscht. Aber als er es aber gar nicht mehr aushält, flieht er vom Hof der Gebstetters. Kaspanaze läuft soweit er kann und kommt bei einer anderen Bauernfamilie unter. Auch dort muss er schwer arbeiten, aber bekommt ausreichend zu essen und wird freundlich behandelt.


    Vor einigen Jahren habe ich den Film „Schwabenkinder“ gesehen, er hat mir schon sehr gut gefallen, aber das Buch war noch einmal deutlich besser. Elmar Bereuter beschreibt mit einfachen aber prägnanten Worten die Not der Vorarlberger Bauernfamilien. Die innere Zerrissenheit der Eltern, ihren Ältesten ins Schwabenland schicken zu müssen, die anfängliche Unbesorgtheit des Kaspanaze, das Heimweh und die Nöte des Jungen werden von Bereuter sehr einfühlsam geschildert. Die Charaktere hat er für mein Empfinden sehr gut herausgearbeitet. Nur Kaspanaze selbst war mir einigen Stellen für einen neunjährigen Jungen vom Bauernhof etwas naiv dargestellt. Wie bei vielen Büchern hätte ich mir das Ende nicht so abrupt gewünscht. Mich hätte schon noch die Reaktion der Eltern bei der Heimkehr des Sohnesinteressiert. So blieben auch hier Fragen offen.


    Mein Fazit: „Schwabenkinder“ ist ein sehr gut und flüssig zu lesendes, hochinteressantes aber vom Thema her ein eher etwas bedrückendes Buch. Ich würde es auf jeden Fall weiter empfehlen.


    Über den Autor


    Elmar Bereuter, geboren 1948 als ältestes von vier Kindern einer Bauernfamilie im Bregenzerwald, verbrachte seine Kindheit zwischen Dorfleben, Alpwirtschaft und Internat. Nach einer Karriere als PR-Manager betreibt er seit 1991 eine Werbeagentur und lebt mit seiner Familie in der Nähe des Bodensees.


    Weitere Romane von Elmar Bereuter:
    Die Lichtfänger
    Hexenhammer
    Felders Traum

  • Dieses Buch ist das einzige von Elmar Bereuter, das ich noch nicht gelesen habe, ich kenne aber den Film.
    Die Bücher von Bereuter haben mir alle gefallen, deshalb werde ich mir dieses auf alle Fälle vormerken.

    "Books are ships which pass through the vast sea of time."
    (Francis Bacon)
    :study:
    Paradise on earth: 51.509173, -0.135998

  • Ich kenne bislang auch nur den Film "Die Schwabenkinder", das Buch möchte ich schon auch gerne einmal lesen.


    Karthause
    Danke für die Rezi!

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • "Die Schwabenkinder" habe ich bereits vor längerer Zeit gelesen und es hat bleibende Eindrücke bei mir hinterlassen. Es gehört zu jener Liste, die ich immer wieder gerne verschenke, darum ist es zur Zeit auch mal wieder nicht in meinem Bücherregal. :wink:
    Schön, dass du es hier vorgestellt hast, Karthause!


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Nuala O'Faolain, Chicago May

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich muss zugeben, dass ich vor diesem Buch noch nichts über die Schwabenkinder, ihre großen Nöte und die Hintergründe gehört habe. Umso interessanter fand ich die Lektüre des Buches, das half meine geschichtliche Wissenslücke zu schließen.
    Bereuter beschreibt eindrucksvoll die Strapazen, die die Kinder und Jugendlichen auf sich nehmen mussten, um ihre armen Familien daheim zu unterstützen. Er ermöglicht mit diesem Buch Einblicke in die Lebendsverhältnisse nicht nur der Schwabenkinder, sondern allgemein der Menschen im Alpenraum der damaligen Zeit. Ich kann das Buch jedem empfehlen, der sich für die deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert interessiert und gerne Eindrücke vom Alltag der einfachen Bauern bekommen möchte. Das Buch schäftigt sich nicht mit der "höheren" Politik, wie sie zum Beispiel in den Romanen von Rebecca Gablé geschildert wurd, sondern beleuchtet die Gersellschaftsschichten, die oft am Rande des Existenzminimums ihr Dasien fristen mussten. Kasparnaze, der Held der Geschichte, ist ein liebenswerter Junge, der trotz seiner nur 9 Jahre die Schwierigkeiten auf sich nimmt und den Leser an seinen Erlebnissen teilhaben lässt. Ein spannendes Buch und daher hier eine Leseempfehlung von mir. :)


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Ich kenne bisher nur den Film "Schwabenkinder", das Buch hab ich noch nicht gelesen. Aber ich habe auch ein paar Dokumentationen über das Thema gesehen und - wen es interessiert - im Ravensburger Museum Humpis-Quartier gibt es eine Ausstellung über die Schwabenkinder :wink:

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • „S’ Bündeli uf em Rugge, s’Stäckli i de Hand,
    adieu liebi Muetter, ich gang i s’ Schwabeland.“


    So lautet ein bekanntes Schweizer Kinderlied. Gerne wird es auch mit anderen Orten verbunden als Kindergartenlied oder im Mutter-Kind-Turnen gesungen. Mich hat stets ein eiskalter Schauder erfasst. Ich wusste aber nicht weshalb, bis ich in der Stuttgarter Zeitung einen Bericht über die „Schwabenkinder“ gelesen habe, die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis ins beginnende 20. Jahrhundert hinein aus dem Kanton Graubünden und aus Österreich jeden Frühling ihre Familien verließen, um den Sommer über in Haushalte im Schwabenland verdingt zu werden, wo sie für Kleidung, Kost und Logis und einen kleinen Geldbetrag als Hütekinder, Knechte und Mägde arbeiteten.


    Elmar Bereuter erzählt in seinem Roman die Geschichte des 9 jährigen Kaspanaze Melzer, dessen Familie als Kleinbauern im Bregenzer Wald ein sehr ärmliches Dasein fristen. Als es das Schicksal besonders übel meint, weiß der Vater Kaspar Melzer keine andere Lösung mehr, als Kaspanaze ins Schwabenland zu verdingen. Dadurch hat die Familie einen Esser weniger und Kaspanaze erhält Kleidung, genügend Essen und etwas Geld. Es reisen bereits zahlreiche Kinder aus dem Dorf ins Schwabenland und so schließt sich auch Kaspanaze dem Zug an, um auf dem Kindermarkt in Ravensburg zum Dienst angeboten zu werden. Die Reise beginnt im Februar. Im Gebirge herrscht tiefer Winter. Dank hilfsbereiter Bauern, die die Kinder in den Ställen schlafen lassen, schafft der kleine Tross die gefährliche Reise über die Berge. Manche Kinder wissen bereits, zu welchen Bauern sie kommen und freuen sich richtig darauf, weil sie eine liebevolle Gastfamilie haben und endlich genug zu essen bekommen. Andere, wie auch Kaspanaze haben weniger Glück und werden ausgenutzt.


    Der Autor erzählt sehr eindrücklich und gefühlvoll von den Ängsten der Kinder, aber auch das bäuerliche Leben wird sehr anschaulich und informativ dargestellt, so dass man einen guten Eindruck der Landwirtschaft um die letzte Jahrhundertwende gewinnt.


    Mich hat das Buch sehr beeindruckt, ich konnte mit den Kindern wie mit den Eltern mitleiden. Durch die angenehme Sprache konnte ich leicht eintauchen und mir die Szenen in den Kuhställen und auf der Weide lebhaft vorstellen. Ich empfehle dieses Buch Liebhabern guter historischer Romane, eine gewisse Affinität zur kleinbäuerlichen Milchwirtschaft vorausgesetzt. Der Roman wurde 2003 in einer Zusammenarbeit von ORF und BR verfilmt.


    „Die Schwabenkinder“ war mein erstes Buch von Elmar Bereuter, aber bestimmt nicht mein letztes. Ich vergebe :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: .

    Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht. Ich handelte und siehe, die Pflicht ist Freude!
    Rabindranath Tagore (1861-1941)


    Lha gyal lo - Free Tibet!

    Wir sind grüüüüüün!!!!

  • Danke für Deine Rezi, Felicitas - mittlerweile liegt das Buch ja auch schon bei mir zu Hause.


    bis ins beginnende 20. Jahrhundert


    In diversen Reportagen, die ich über das Thema gesehen habe, heißt es allerdings, dass die letzten Schwabenkinder noch in den 40er Jahren sich ins Schwabenland verkaufen mussten um ihre Familien zu unterstützen. Das ist wirklich erschreckend zu wissen, dass das gerade mal vor 70 Jahren war. 8-[ In einem Bericht besuchten die Filmemacher mit einem ehemaligen Schwabenkind die Orte im Ravensburger Raum, wo er als Kind arbeiten musste in einem Alter, in dem wir noch Kind sein durften.

    viele Grüße vom Squirrel



    :study: Joseph Roth - Hiob

    :study: Mike Dash - Tulpenwahn


  • Worum es geht
    Im 19. Jahrhundert gibt es im Bregenzerwald viele bitterarme Bauern, so auch die Familie Meser. Der Verlust eines Kalbes und eines Schweines innerhalb eines einzigen Jahres lassen den Eltern keine andere Wahl als ihren ältesten Sohn, den neunjährigen Kaspanaze, auf den Ravensburger Kindermarkt zu schicken.
    Im Schwabenland wird der Bub vom Bauern Gebstetter angeworben, der bei den älteren Kindern als grausamer Schinder gefürchtet ist. Kaspanaze kann seinem Schicksal aber nicht mehr entrinnen. Bei schmaler Kost muss er hart arbeiten und auch noch viele Schläge einstecken. Einziger Trost sind ihm die sonntäglichen Ausflüge mit Peter Whitehead, die der Journalist Kaspanazes Dienstherrn abgetrotzt hat. Der Amerikaner interessiert sich aber nicht nur für seine schwäbischen Vorfahren, sondern auch für die "Sklavenarbeit", die viele der angeheuerten Kinder verrichten müssen.
    Als Gebstetter Kaspanaze in einem Wutanfall fast im Brunnentrog ertränkt, sucht der verzweifelte Bub sein Heil in einer abenteuerlichen Flucht.


    Wie es mir gefallen hat
    Elmar Bereuters berührender Roman erzählt vom Schicksal der sogenannten "Schwabenkinder", die jahrhundertelang aus den Bergtälern Tirols, Vorarlbergs und der Schweiz zu den Kindermärkten ins Schwäbische und ins bayrische Allgäu geschickt wurden. Im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts dürfte es zwischen 4000 und 5000 "Schwabengänger" gegeben haben.
    In Kaspanaze und seinen Schicksalsgenossen hat der Autor ihnen allen wohl ein unvergängliches Denkmal gesetzt. Er berichtet von den Beweggründen, die Eltern veranlassten, ihre Kinder auf weit entfernte Höfe zu schicken, vom beschwerlichen Marsch der schlecht ausgerüsteten kleinen Wanderer bei oft noch winterlichen Verhältnissen, und ihrer Angst vor der neuen Familie, in der sie es nun monatelang aushalten mussten. Viele haben es wohl auch gut getroffen, mussten bei der Arbeit keinen Erwachsenen ersetzen und wurden oftmals sogar viel besser verpflegt als zu Hause. Auch einige von Kaspanazes Kameraden freuten sich schon den ganzen Winter über auf das Leben im Schwabenland, während der Held der Geschichte zu den weniger Glücklichen zählt.
    Sehr eindringlich beschreibt Elmar Bereuter die unvorstellbar primitiven Verhältnisse, in denen Kaspanaze zurechtkommen muss. Er erhält nicht einmal eine eigene Kammer, sondern muss über dem Stall im Heu schlafen. Niemand kümmert sich um die grundlegendsten Bedürfnisse des Kindes; es wird einzig und allein als Arbeitskraft betrachtet, die zu wenig leistet und zu viel isst. Auch die zänkische Bäuerin hat nie ein freundliches Wort für den Buben.
    Sicher haben die Lebensbedingungen die Menschen hart und oft grausam werden lassen, doch gibt es viele, die das Herz dennoch auf dem rechten Fleck haben, wie etwa Kaspanazes neue Arbeitgeber.
    So mitreißend, spannend und authentisch erzählt der Autor von den Erlebnissen und Lebensumständen des kleinen "Schwabengängers", dass man sich mühelos in jene ferne Zeit versetzt fühlt, und das Buch gar nicht aus der Hand legen mag. Voller Mitgefühl habe ich all der armen Kinder gedacht, für deren Sorgen, Nöte und Ängste sich kein Mensch interessierte. Einem ungewissen Schicksal ausgeliefert, durften sie sich bereits glücklich schätzen, wenn sie nicht geschlagen wurden und nicht hungern mussten.
    Die berührende Lektüre hat mich sehr nachdenklich gestimmt, und mir einmal mehr bewusst gemacht, wie sehr die Menschen zu jeder Zeit Spielball ihrer Geburt und der Geschichte waren.

  • Bitterarm sind die Menschen im Bregenzerwald. Die unverschuldet in Not
    geratene Bauernfamilie Meser beschließt, ihren neunjährigen Sohn
    Kaspanaze auf den Kindermarkt nach Ravensburg zu schicken, wo er von
    einem grausamen Bauern ersteigert wird. Doch schon bald erträgt er
    dieses Leben nicht mehr und läuft davon. Eine abenteuerliche Flucht
    beginnt … Jahrhundertelang zogen viele »Schwabenkinder« wie Kaspanaze
    jedes Frühjahr über die schneebedeckten Alpen nach Oberschwaben, um dem
    Hunger zu entkommen. Elmar Bereuter erzählt anhand eines bewegenden
    Einzelschicksals vom Leben jener Sklavenkinder und enthüllt ein dunkles
    Kapitel europäischer Geschichte.



    Meine Meinung:
    Am Anfang als ich es geschenkt bekam dachte ich oje 400 Seiten was für ein dickes
    Buch. Aber als ich anfing zu lesen hat mich das Buch so gefesselt,das
    ich es fast nicht mehr weg legen konnte. Dieser Roman entstand nach
    Tatsachen die sich am Anfang des 20 Jahrhunderts ereigneten. Ich war
    schockiert wie Kinder behandelt wurden wenn die
    Familien in Not waren. Schon alleine die Überquerung der Alpen um nach Schwaben zu kommen war für viele
    Kinder eine Strapaze wenn nicht sogar der Tod.
    Sehr gut hat Elmar Bereuter für seinen Roman recherchiert und sein Buch
    interessant geschrieben. Da ich selber aus dem Schwabenland komme waren
    viele Ort nicht neu und ich war entsetzt zu lesen wie Kinder in meiner
    Region durch Kinderarbeit ausgebeutet wurden.
    Im Jahr 2002 wurde das Buch dann auch verfilmt und auch da muss ich sagen das dieser gut
    gelungen ist. Also wer zu faul ist den 400 Seiten Roman zu lesen, der sollte unbedingt den Film anschauen es lohnt sich.

  • @claudi-1963, bitte einen Moderatoren, Deinen Betrag an die Rezi zu 'Schwabenkinder' anzuhängen.
    Im übrigen ist es schlecht, Beiträge hier einzukopieren.
    Das Einkopieren machst Du, indem Du vorne auf das Quadrat drückst und dann einkopierst. Dann gibt es nicht so unschöne kurze Zeilen mit unsinnigen Zeilenumbrüchen. Das sieht dann wesentlich besser aus.

    Die Erfindung des Buchdruckes ist das größte Ereignis der Weltgeschichte (Victor Hugo).