Ich habe dieses Buch aus der Bücherei gelesen, weil es mich interessiert hat, wie eine jüdische Frau die dritte Professorin in Deutschland wurde. Von Rahel Hirsch habe ich bis dato noch nie etwas gehört, an der Berliner Charité, wo sie jahrelang geforscht hatte, ist sie immerhin aus der Versenkung geholt worden und eine Büste erinnert an sie.
Das Buch trägt den Untertitel "Lebensspuren der Ärztin Rahel Hirsch 1870-1953) und ist sehr nüchtern und sachlich geschrieben, von Rahel Hirsch selbst gibt es auch keine persönlichen Briefe - nur ihre wissenschafltichen Arbeiten und die Ignoranz und Überheblichkeit der Männer.
Rahel Hirsch stammte aus einer alten Rabbinerfamilie und wuchs in Frankfurt auf. Den Bogen, den die Autorin über ihren Großvater und Vater zu ihr schlägt, fand ich gut. Die Zeit des deutsch-französischen Krieges war mir bisher relativ fremd. Bezeichnend ist hingegen, dass von ihrer Mütter noch nicht einmal der Name bekannt ist.
Medizin studierte sie in der Schweiz, weil es in Deutschland für sie als Frau noch nicht möglich war. Doch für ihre Arbeiten wurde sie später von den Preußen mit der Professur ausgezeichnet.
Ich fand das Leben von Rahel Hirsch fesselnd, welche Leistungen eine Frau erbringen musste, um in der männerdominierten Medizinerwelt bestehen zu können, waren für mich eindrücklich. Selbstverständlich blieb da für sie keine Zeit für eine eigene Familie.
Ihr gelingt rechtzeitig die Flucht vor den Nazis nach England, wo sie einen Neffen hat. Doch es ging mir schon unter die Haut, dass das für sie als über 60 jährige nicht zu verkraften war...
Gestört hat mich an diesem Buch eigentlich nur, dass die Autorin manchmal etwas zu sehr die "feministische Keule" geschwungen hat und ich auch das Gefühl hatte, dass sie bei ihrer Kritik an der Ärtzekammer im Nationalsoziallismus nicht sachlich-fundiert schrieb, sondern eher "aus dem Bauch raus". Da hätte ich mir gern noch nähere Informationen gewünscht.
Aber ansonsten ein durchweg empfehlenswertes Buch.
grüße von missmarple
-
Verlag: Droste
