Teil 1: Anfang bis Seite 91

  • Ich habe die HC-Ausgabe vom Residenz Verlag. Könnte jemand von der LR mal posten, mit welchen Sätzen S.91 der angegebenen Ausgabe endet?


    Dank im voraus! mofre

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Jeffrey Eugenides - Die Liebeshandlung

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • @ mofre


    Aber na klar :thumright:. Hier die letzten beiden Sätze:
    Leider bestand der Unterricht nicht nur aus dem Zeichnen von Petroleumlampen, es musste auch gerechnet und geschrieben werden. Alles langweilte mich von Anfang an.

    Narkose durch Bücher - Das Richtige ist: das intensive Buch.
    Das Buch, dessen Autor dem Leser sofort ein Lasso um den Hals wirft, ihn zerrt, zerrt und nicht mehr losläßt.


    :study: Sarah J. Mass - Throne of Glass / Die Erwählte :study:

  • Zitat

    Original von mofre
    Ich habe die HC-Ausgabe vom Residenz Verlag. Könnte jemand von der LR mal posten, mit welchen Sätzen S.91 der angegebenen Ausgabe endet?


    Dank im voraus! mofre


    Ich hab die selbe Ausgabe wie du (hab das Buch ja aus der Bücherei ausgeliehen) und auch mich würde interessieren, bis wohin bei uns der erste zu lesende Teil also geht.


    Suspiria:
    Oh, sorry, da haben wir uns wohl überschnitten. Danke für den Hinweis. :thumleft:
    Das ist übrigens auch bei uns der letzte Satz auf Seite 91. :wink:

  • Es ist mein drittes Buch von Thomas Bernhard "Die Ursache" habe ich vor vielen, vielen Jahren und kann mich kaum noch daran erinnern, und vor wenigen Jahren habe ich "Heldenplatz" gelesen.


    Thomas Bernhard ist mir natürlich ein Begriff, galt er doch jahrelang hier in Österreich als sehr provokante Figur. Deshalb freue ich mich ganz besonders, anhand seiner autobiografischen Erzählung "aus erster Hand" über sein Leben zu erfahren und vielleicht auch den einen oder anderen Grund dafür, warum er so geworden ist, wie er war.


    Das Buch liest sich ja wirklich rasch und ich lese es sehr gerne. Als Österreicherin fällt es mir wahrscheinlich sogar ein wenig leichter, oft stoße ich auf hierzulande gebräuchliche Begriffe. So weiß ich gar nicht, ob ihr ein Waffenrad kennt. Erschreckend natürlich, dass seine Mutter ihm von klein auf unmissverständlich zu verstehen gibt, dass er eigentlich nicht erwünscht und willkommen ist. Ich denke, das prägt einen Menschen. Zum Glück gibt es da den geliebten Großvater, der für ihn Vorbild, Orientierung und Heimat ist.


    Interessant finde ich die Erzählweise, die verschiedenen Zeitebenen, die Einwürfe aus frühester Kindheit, die sich mit späteren Erlebnissen abwechseln. Der Humor kommt auch nicht zu kurz - mein erster Eindruck ist ein sehr guter!

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich muss gestehen, dass ich bis zu dieser Leserunde noch gar nichts von dem Autor gehört, geschweige denn gelesen habe! 8-[
    Darum kann/konnte ich auch mit einigen von Rosalita's Anspielungen nichts anfangen:
    Z.B.

    Zitat

    Deshalb freue ich mich ganz besonders, anhand seiner autobiografischen Erzählung "aus erster Hand" über sein Leben zu erfahren und vielleicht auch den einen oder anderen Grund dafür, warum er so geworden ist, wie er war.


    Aber was ein Waffenrad ist, wusste ich trotzdem. :wink:


    Zum Buch:
    Ich muss sagen, dass es mehr als gewöhnungsbedürftig ist, all die langen und verschachtelten Sätze zu lesen. Von der Thematik und den Ereignissen her lässt sich das Buch aber wirklich sehr zügig lesen.
    Ich bin jetzt bei Seite 53 und schaffe es dennoch nicht, mich der Geschichte richtig zu öffnen. Der kleine Thomas geht mir teilweise sogar richtig auf die Nerven, obwohl es natürlich tragisch ist, so von seiner eigenen Mutter behandelt zu werden.
    Es gab sogar Passagen, da habe ich mir überlegt, mit dem Lesen aufzuhören! :shock:

  • Ich kann eben nicht einschätzen, wie bekannt Thomas Bernhard im Ausland ist/war (er ist bereits 1989 gestorben).


    Wie schon erwähnt war er ein Provokateur, der sich auch politisch kein Blatt vor den Mund genommen hat, es immer wieder auf Konflikte ankommen ließ und v.a. mit seinen Theaterstücken Politiker und Österreich angegriffen hat. "Nestbeschmutzer" werden solche Leute ganz gerne genannt (die den Ruf Österreichs im Ausland schaden). Ich würde ihn als Pessimisten bezeichnen, der Weltuntergangsstimmung verbreitet. Auch in "Ein Kind" spielt ja der Tod, Selbstmord, Friedhof, etc. eine große Rolle.


    Es ist vielleicht schon empfehlenswert - für alle, die ihn nicht "kennen" - sich zuerst über sein Lebens/Werke/Provokationen/Wirkung etc. einen groben Überblick zu verschaffen. Einen guten Überblick gibt es wie immer bei wikipedia

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich musste auch erst mal nachschauen, was ein Waffenrad ist. Ich habe mich bei diesem Begriff eher auf das Wort "Waffe", als auf "Rad" versteift. Umso erstaunter war ich, dass es ein Fahrrad ist. :lol:


    Bin noch nicht so sonderlich weit im Buch, finde es aber jetzt schon gut und flüssig zu lesen. Auch wenn er zeitweise doch recht lange Sätze bildet, ist es gut verständlich.
    Seine Mutter hat ihm ja schon gut eingeredet, dass er nichts wert ist, so dass er sich selbst schon so beurteilt.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Der Stil ändert sich dann - wo genau, kann ich jetzt nicht sagen. Aber gegen Ende dieses Teiles schreibt er in ganz kurzen, abgehackten Sätzen.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ist mir auch schon aufgefallen, dass diese langen Sätze später nicht mehr vorkommen, sie haben mich allerdings auch nicht gestört und mir auch nicht das lesen erschwert.
    Insgesamt herrscht in dem Buch eine recht bedrückende Atmosphäre.
    Sehr zweifelhaft finde ich bis jetzt die Beziehung zu seinem Großvater.


    Finde ich schon sehr seltsame Themen, die ein Großvater mit seinem achtjährigen - und daher noch sehr beeinflussbaren - Enkel bespricht.
    Wie beeinflussbar zeigt ja der Satz: "Ich richtete mich ganz aus nach diesen Sätzen" (S.27)

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

    Einmal editiert, zuletzt von Pandämonium ()

  • Ich habe von Thomas Bernhard zwar schon viel gehört und einiges über ihn gelesen, aber seine Bücher kannte ich bisher noch nicht. Sein Ruf als Menschenhasser und Nihilist hat mich immer etwas abgeschreckt (da glaubt man gleich, die Bücher müssten schwierig und sperrig sein).
    Bei diesem Buch ist das jedenfalls nicht der Fall. Trotz fehlender Kapitel oder Absätze lässt es sich sehr leicht und schnell lesen. Bernhard hat eine innere Autobiographie geschrieben, die nicht chronologisch, sondern assoziativ vorgeht, und die ich als sehr ehrlich und spannend empfinde.
    Zwei Personen prägen Bernhards Kindheit ganz entscheidend: die Mutter und der Großvater. Die von ihrem Leben enttäuschte Mutter wird mit ihrem eigenwilligen Sohn nicht fertig und weiß sich häufig nur zu helfen, indem sie ihn schlägt und mit Beschimpfungen demütigt. Auch wenn der Junge sich trotz allem ihrer Liebe gewiss ist und damals schon ahnt, dass sie mit ihren Wutausbrüchen in Wahrheit den Vater meint, den er nie kennen gelernt hat, verletzen ihre Worte seine Seele zutiefst und stürzen ihn „jedes Mal in den fürchterlichsten aller Abgründe, aus welchem ich dann zeitlebens nicht mehr herausgekommen bin“ (S.49 f.)
    Auch der Einfluss des über alles geliebten Großvaters ist ambivalent. Auf der einen Seite ist er dem wissbegierigen Jungen ein wunderbarerer Erzieher, auf der anderen Seite hat er erheblichen Anteil an Bernhards misanthropischer, zutiefst pessimistischer, eigentlich schon nihilistischer Lebenseinstellung. Denn er ermahnt den Jungen zwar, stets nach Wissen zu streben und immer tätig zu sein, nennt aber im selben Atemzug alles Wissen und alle Tätigkeit vollkommen vergeblich und unsinnig. Er beschimpft nicht nur die Institutionen und ihre Vertreter – Polizei, Schule und Kirche – als „Zugrunderichter“ (S.52), sondern verachtet generell alle Menschen als erbärmliches, gemeines Pack. Er entfacht in dem Kind anarchistische Phantasien, mit denen Bernhard dann sein Leben lang „spielt“ („Ich töte, wann ich will, ich vernichte, wann ich will. Ich bringe zum Einsturz, wann ich will“, S.23).
    Letztlich ist der Großvater aber ein Glück, ein Halt und eine Chance für das begabte, hochintelligente Kind, das er „aus der Stumpfheit und aus dem öden Gestank der Erdtragödie“ (S.24) errettet hat.


    So, erstmal bis hierhin. Ich habe das Buch zwar schon durch, warte aber auf weitere Meinungen von Euch.


    Rosalita, was heißt „gefinkelt“ auf S.14 unten? Da ich den Ausdruck noch nie gehört habe, vermute ich, dass er aus Österreich kommt.

    :study: Willa Cather - Meine Antonia

    :study: Jeffrey Eugenides - Die Liebeshandlung

    :study: Claire Keegan - Liebe im hohen Gras. Erzählungen

    :study: David Abulafia - Das Mittelmeer
















  • Ich bin erst gestern Abend wiedergekommen und melde mich deswegen jetzt erst zu Wort.
    Die Umstellung auf dieses Leserundenbuch ist mir erst ein bisschen schwergefallen, weil wir im Vormonat auch einen Ich-Erzähler hatten, der von seiner Kindheit erzählt. :wink:
    Ich musste mich erstmal in das Buch einlesen und in seinen doch eigenwilligen Erzählstil.
    Ich habe im Studium schon das ein oder andere über Thomas Bernhard gehört, aber von ihm gelesen habe ich bisher - außer in Auszügen - nichts. Die langen Sätze in dem Buch stören mich nicht, aber dass es keine Absätze gibt, finde ich beim Lesen schon hinderlich, auch wenn mir klar ist, dass dies etwas mit der Erzählform zu tun hat.


    Die Mutter ist schon von Anfang an eine Figur, vor der man selber auch ein bisschen Angst bekommt. Als der Erzähler nach seinem Fahrradunfall nach Hause kommt, hatte ich selbst auch ein sehr ungutes Gefühl, was nun wohl mit ihm geschehen würde.


    Den Großvater, und da stimme ich Padämonium zu, finde ich auch nicht sympathisch, sondern auf eine andere Weise unheimlich, zum Beispiel wegen des Ausspruchs "Anarchisten sind das Salz der Erde" (S. 22) und wegen der Theorien über Tod und Verderben. Wie kann man mit einem Kind solche Gespräche führen?


    Es ist irgendwie schwer in Worte zu fassen, wie ich das Buch bisher finde. Einerseits ist es faszinierend und man will es weiterlesen, aber andererseits stößt es mich zum Teil auch ab. :-s
    Vielleicht kann ich mich zu diesem Gefühl genauer äußern, wenn ich weitergelesen habe. :wink:

  • mofre: "gefinkelt" würde ich grundsätzlich als "schlau" bezeichnen, aber vielleicht mit einem Hintergedanken, durchtrieben oder raffiniert trifft es auch. Bei uns ist das Wort sehr gängig.


    Ich stehe dem Großvater auch nicht uneingeschränkt gegenüber. Er bestärkt Thomas in seiner Aufmüpfigkeit, in seinem Widerstand. Aber er gibt dem Jungen auch die Chance und ein Ventil, seine rebellischen Züge ein wenig auszuleben. Trotzdem finde ich diese Beziehung im Falle von Thomas Bernhard sehr wichtig, denn ansonsten hätte er überhaupt keine Bezugsperson und ich kann nur erahnen, worin das geendet hätte....


    Ich bin übrigens auch schon durch, denn es liest sich wirklich flott dahin. Mehr dann im 2. Teil.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Ich kann mich euren Meinungen über den Großvater größtenteils anschließen:
    Einerseits ist er der Halt des Jungen, das Gute, an das er sich klammert - besonders, wenn ihn die Mutter mit ihrer Ablehnung mal wieder verletzt.
    Andererseits (und das überwiegt bei mir) ist er mir wirklich unheimlich - u.a. eben auch wegen Sätzen wie "Anarchisten sind das Salz der Erde!" oder wegen seinen Gesprächen über das taktisch richtige Sprengen einer Brücke! :pale: :shock:


    Allerdings muss ich gestehen, dass mich das Buch zu 99% abstößt!
    Mag sein, dass das an Thomas Bernhard und seiner pessimistischen Einstellung liegt (danke übrigens @Rosalitha für die Erklärung in Form eines Mini-Portraits :thumright: ), ich weiß nicht genau. Jedenfalls hatte ich das Buch abgebrochen, wollte ihm heute nochmal eine Chance geben, kann es aber nicht.
    Tut mir echt leid, hätte gerne weiter mit euch darüber diskutiert (genügend Stoff gibt es dazu ja) aber ich finde einfach keine "Beziehung" zu dem Buch/Schreibstil/Autor. :cry:

  • Ich hatte zeiweilig sogar überlegt, ob er nicht hochbegabt sein könnte. Da er schreibt, dass er in der Schule immer schlecht war, weil ihn alles so gelangweilt hat, aber dann am Ende des Jahres immer ein "Wunder" passierte und er den Stoff aufgeholt, seine Noten verbessert und doch bestanden hat.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Zitat

    Original von Pandämonium
    Ich hatte zeiweilig sogar überlegt, ob er nicht hochbegabt sein könnte. Da er schreibt, dass er in der Schule immer schlecht war, weil ihn alles so gelangweilt hat, aber dann am Ende des Jahres immer ein "Wunder" passierte und er den Stoff aufgeholt, seine Noten verbessert und doch bestanden hat.


    Ja, das kann durchaus sein, der Gedanke kam mir zwischendrin auch mal.


    Was ich noch sagen wollte: Bin ich die einzige, die seine Aussetzer zwischendrin himmelschreiend findet?! Diese furchtbaren Übertreibungen und Theatralisierungen eines scheinbaren AK?! Frei nach dem Motto: "Himmelhoch jauchzend, zu tode betrübt"! Ich hatte zwischendrin echt Lust, ins Buch zu klettern und ihm eine Ohrfeige zu verpassen!

  • Zitat

    Original von Pandämonium
    @FallenAngel: Was meinst du mit AK?


    :mrgreen: Arschlochkind. Entschuldigt, ein Ausdruck, den ich von Michael Mittermeier aufgeschnappt habe und an einigen Stellen immer wieder passend finde. :lol:

  • Man muss natürlich schon bedenken, dass wir hier EINE Perspektive dieser Kindheit erzählt bekommen. Und diese geschrieben von einem erwachsenen Misanthrops und Nihilisten (wie mofre es so treffend erklärte). Ich fände es interessant, die ANDERE Perspektive zu erfahren.

    Herzliche Grüße
    Rosalita


    :study:
    Wenn das Schlachten vorbei ist - T.C. Boyle


    *Life is what happens to you while you are busy making other plans* (Henry Miller)

  • Zitat

    Original von Rosalita
    Man muss natürlich schon bedenken, dass wir hier EINE Perspektive dieser Kindheit erzählt bekommen. Und diese geschrieben von einem erwachsenen Misanthrops und Nihilisten (wie mofre es so treffend erklärte). Ich fände es interessant, die ANDERE Perspektive zu erfahren.


    Ohja, da muss ich dir Recht geben, ich wäre auch sehr neugierig die Geschichte z.B. aus der Sicht der Mutter, des Großvaters oder einer anderen Person zu lesen bzw. zu vergleichen! :bounce: