Philippe Claudel - Der Junge, der in den Büchern verschwand

  • ... und andere Geschichten erzählt Philippe Claudel in seinem neuen Buch und überrascht mit völlig neuen Tönen.


    Denn bei dem neuen Buch handelt es sich doch, nach dem ersten Überfliegen, augenscheinlich um ein Kinderbuch?
    Und in der Tat: Die Ideen für seine Romane kommen Claudel meistens beim Erzählen von Gute-Nacht-Geschichten für seine neunjährige Tochter, ebenso die Ideen für die Kurzgeschichten in Der Junge, der in den Büchern verschwand.
    Viele kleine Erzählungen, Märchen, Fabeln und Anekdoten hat Claudel zusammengetragen. Wundervolle und wundersame Geschichten kann man in seinem Buch lesen:
    In Die Welt ohne Kinder, übrigens die Titelgeschichte im französischen Original, schildert er eine Art Generalstreik, eine Auswanderung aller Kinder auf der Erde und die traurige, öde Welt, die sie zurücklassen.
    Ein wenig der Unendlichen Geschichte begegnet dem Leser in der Titelgeschichte, Lucas hat ein liebloses, brutales Elternhaus, dem er nur entkommen kann in dem er sich - auch physisch - in Bücher flüchtet. Fast brutal wird es in Der Eintopf, märchenhaft in Feen haben es schwer. Die Impfung fordert den Leser auf an seine Träume zu glauben.
    Besonders hervorzuheben und die für mich schönste Erzählung ist Das kleine Mädchen in der Seifenblase. Eine poetische, klangvolle, ein wenig traurige Parabel, die anrührt.
    Jeder kleine Teil des Buchs ist ein Unikat, etwas Besonderes. Mit einem Maximum von 10 Seiten pro Geschichte, sind diese sicher schnell gelesen, mit ihrer Weisheit und Sensibilität vermögen sie aber noch lange zu beschäftigen.
    Einiges habe ich meinen Kindern vorgelesen, die sehr begeistert immer noch mehr hören wollten. Vieles regt Kinder zum Fragen an, einiges ist auch einfach herrlich frech und albern. Aber immer werden die Geschichten mit viel, scheinbar unerschöpflicher, Fantasie erzählt.


    Und doch: Der Junge, der in den Büchern verschwand ist ein Buch für Erwachsene. Es lässt den gestressten, hektisch durch sein Leben hetzenden Menschen für einige Momente inne halten, sich zurücklehnen und, in seine Kindheit zurückversetzt, einfach einmal schönen Gedanken nachgehen und träumen.

  • Vielen Dank für diesen Tipp! Ich werde mir das Buch nachher direkt bestellen. Ich suche ständig nach Geschichten, die ich Kindern erzählen kann und dieses Buch klingt wirklich wunderschön.
    Für welches Alter bzw. ab welchem Alter würdest du die Geschichten empfehlen?

  • Mein großer Sohn ist 6 Jahre alt und fand die Geschichten toll. Wobei mit 6 Jahren sicher der tiefere Sinn einiger Geschichten noch nicht verstanden wird. Aber dafür hat Kind ja Eltern oder vorlesende Erwachsene, die erklären können. :wink:
    Also ab 6 Jahren ist angemessen.

  • Vielen lieben Dank, Schoenchen, für deine Buchvorstellung,
    seit ich das "An meine Tochter" vom Claudel gelesen habe,
    bin ich begeisterte Anhängerin seines Stils.
    Seine Ausdrucksweise und Wortwahl hat eine ausgesprochen starke Wirkung, schade, dass ich der französischen Sprache nicht mächtig bin :D

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Mein Blog: Zauberwelt des Lesens
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    "Das Nicht-Wahrnehmen von Etwas beweist nicht dessen Nicht-Existenz "

    Dalai Lama

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    Lese gerade:

    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet

  • Danke für den Tipp. Klingt wirklich lesenswert und wird bestimmt demnächst von mir bestellt.

    Das Paradies habe ich mir immer als eine Art Bibliothek vorgestellt.
    (Jorge Luis Borges)

  • Ich habe das Buch vor einigen Tagen bekommen. Die erste Geschichte habe ich schon gelesen und mir gefällt der Stil sehr gut. Freu mich schon auf die nächsten Geschichten. Im Moment komme ich nicht zu dicken Wälzern und da machen sich die Geschichten für immer wieder einmal zwischendurch zu lesen richtig gut.


    @ Emuna: "An meine Tochter" kenne ich ebenfalls noch nicht. Diesen Tipp werde ich mir aber auch merken und demnächst mal nachschauen, worum es geht.

  • Ich habe das Buch zu Ostern bekommen und gestern auf meinen diversen Bahnfahrten durch die Stadt ausgelesen.


    Es ist wirklich eine sehr schöne Sammlung von Erzählungen, die meisten gehen unter die Haut, bringen den Leser zum Lächeln und Träumen. Der Eintopf war mir zu heftig, aber ansonsten fand ich jede Geschichte total schön und werde das Buch sicher noch häufiger in die Hand nehmen.


    LG,
    Casoubon.

  • Ich habe das Büchlein gerade fertig gelesen - die Kurzgeschichten haben mir gut gefallen.
    Sie regen zum Nachdenken an, sind zum Teil melancholisch, sensibel und zum Teil traurig.


    von Philippe Claudel habe ich schon "Die grauen Seelen" und "Monsieur Linh und die Gabe der Hoffnung" gelesen.


    :winken:

  • Wie ich sehe, habe ich noch gar nichts dazu geschrieben, dabei verdient dieses Buch ganz sicher Aufmerksamkeit :D
    Kurzbeschreibung:(Verlag)
    Die Kurzgeschichten von Philippe Claudel sind sowohl für die Kleinen als auch für die Großen. Die sind phantasievoll und poetisch, humorvoll und doch auch immer ein wenig melancholisch. Der Autor erzählt von Kindern und ihrem ganz besonderen Blick auf die Welt. Seine Geschichten sind wie kunstvolle Miniaturen der Romane von Philippe Claudel, dem Meister der schnörkellosen Sprache.
    Meine Meinung:
    Seine Bücher sind für mich ein absolutes Genuss. Die Sprache ist einmalig, einfach und gleichzeitig unglaublig tiefsinnig. Die Geschichten warmherzig und bewegend. Besonders gefallen hat mir die Kurzgeschichte "Die Impfung", in der ein Mädchen an einem Impfstoff arbeitete, um die Welt zu verbessern. Bei "Alles geschwindelt" habe ich herzlichst gelacht, typische Kinderunterhaltung zum Thema: Meine Mama, mein Papa sind die Besten. Auch andere Geschichten waren einfach schön. Schoenchen hat es schon sehr schön ausgedrückt

    Zitat

    Jeder kleine Teil des Buchs ist ein Unikat, etwas Besonderes.

    Das trifft es genau.

    2024: Bücher: 99/Seiten: 43 438

    2023: Bücher: 189/Seiten: 73 404

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    Lese gerade:

    Macdonald, Helen/Blaché, Sin - Prophet

  • Jeder kleine Teil des Buchs ist ein Unikat, etwas Besonderes. Mit einem Maximum von 10 Seiten pro Geschichte, sind diese sicher schnell gelesen, mit ihrer Weisheit und Sensibilität vermögen sie aber noch lange zu beschäftigen.
    Einiges habe ich meinen Kindern vorgelesen, die sehr begeistert immer noch mehr hören wollten. Vieles regt Kinder zum Fragen an, einiges ist auch einfach herrlich frech und albern. Aber immer werden die Geschichten mit viel, scheinbar unerschöpflicher, Fantasie erzählt.

    Da kann ich nur zustimmen. In diesem Büchlein sind einige wunderschöne Geschichten, die einen mal lachen und mal grübeln lassen. Vor allem die letzten beiden haben mir sehr gut gefallen.


    Der Eintopf war mir zu heftig

    Mir selbst fast auch, vor allem aber wäre es mir zu heftig, um Kindern vorzulesen :shock:


    Seine Bücher sind für mich ein absolutes Genuss. Die Sprache ist einmalig, einfach und gleichzeitig unglaublig tiefsinnig. Die Geschichten warmherzig und bewegend

    Sprachlich fand ich die Geschichten auch sehr gelungen, und da hat es auch gar nichts ausgemacht, das sie nur so kurz sind. Gut fand ich auch, das man als Leser immer mal wieder angesprochen, und so in die Geschichte einbezogen wird.


    Fazit
    Ein schönes Büchlein für zwischendurch, das sich auch sehr gut zum Vorlesen eignet. Für diese netten Geschichten :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von 5 Sternen von mir.

    <--- The Power of books!


    :study: Judith Pinnow - Fast bis zum Nordkap

  • Hier gibt es schon so schöne Reaktionen auf dieses Büchlein, das ich dieser Tage auf Französisch las. Allem Positiven pflichte ich bei.


    Auffallend, wie Philippe Claudel sich sprachlich neu einstellt, was er nun in verschiedenen Werken schön öfter bewiesen hat. Manchmal hat die Sprache etwas von der Märchenstimme eines Erzählers. Falls wir einige Geschichten als ziemlich heftig oder traurig empfinden, würde ich sie dennoch nicht Kindern vorenthalten, zumal wenn man sie begleitend vorliest. Schließlich haben auch die altbekannten Märchen oft etwas Schweres, auch Dramatisches an sich. Vielleicht können Kinder damit besser umgehen als wir fürchten, ja, können es eventuel brauchen, um ihren eigenen Ängsten Ausdruck zu geben?


    Aber es gibt auch herrlich krumme Geschichten, in denen wir von der Kinderwelt lernen und wir einander etwas schenken können.


    Insofern eine schlichte Erinnerung an dieses Buch und diesen Fred! Und von mir eine dicke Empfehlung!