Klappentext: "Teleny", der im Jahre von Oscar Wildes großem Prozeß wegen "Verführung der Jugend" anonym erschiene homoerotische Roman ist von allen Herausgebern der Werke Wildes verschämt übergangen worden. Heute wertet ihn die Literaturwissenschaft als wichtigen Gegenpol zu dem lustfeindlichen Idealismus der neoklassizistischen und neoromantischen Liebeslyrik des Fien de sciéle, als ein die zynische Doppelmoral des viktorianischen Zeitalters entlarvebdes Werk: Die Liebe von Camille und Teleny zerbricht an gesellschaftlichen Repressalien, so wie Romeo und Julia in elisabethanischer Zeit und schließlich dem Autor selbst ergangen ist.
Tja, wenn ich das kleine Wörtchen homoerotisch auf dem Klappentext aufmerksam gelesen hätte, wäre ich auf den Inhalt besser vorbereitet gewesen. So bin ich statt dessen etwas unvorbereitet in diesen "Schwulenporno" gestolpert.
Die Geschichte selbst ist schnell erzählt: Camille verliebt sich in den Pianisten René Teleny. Das ganze spielt etwa in den 1890er Jahren. Camille hat sich bis dahin selber noch nicht eingestanden, das er eigentlich Männer bevorzugt, sondern versucht sich immer wieder Frauen zu nähern, obwohl ihn die kalt lassen. Teleny ist schon etwas erfahrener. Die Sexszenen sind in aller Deutlichkeit beschrieben, und teilweise ekelig: Der Tod einer Hure im Bordell gehört auf jeden Fall dazu.
Teleny führt Camille in das versteckte Treiben der damaligen Homo-Szene ein.
Die eigentliche Tragik der Liebesgeschichte zwischen den beiden ist sehr schön erzählt.
Der Roman ist erstmals anonym im Jahre 1893 in England erschienen. Oscar Wilde hat Zeit seines Lebens die Autorenschaft bestritten. Allerdings wäre das auch sehr unklug gewesen, den der Roman ist gerade in der Zeit veröffentlicht worden, in der Wilde der Prozess wegen Unzucht gemacht wurde. Er wurde schuldig gesprochen. Ob Wilde den "Teleny" wirklich geschrieben hat, kann ich nicht beurteilen, aber hier gibt es nähere Informationen.
Leider hat der Verlag selbst nichts zu der umstrittenen Autorenschaft geschrieben, sondern stattdessen verkaufswirksam ein Foto von Oscar Wilde aufs Cover gesetzt.
In meiner Ausgabe ist zusätzlich noch die Kurzgeschichte "Der Priester und der Meßnerknabe" enthalten. Darin geht es um die Liebe (!) zwischen einem 28 jährigen Priester und einem 14 jährigen Messdiener. Auf mich wirkt die Story eher als eine Rechtfertigung von Kindesmißbrauch.