Klappentext:
Der Tod ist eine optische Täuschung , sagte Albert Einstein. Für die Fondsanalystin Catherine wird er bittere Realität, als ihr engster Vertrauter und Vaterersatz Paul bei einem Autounfall stirbt. Den Mythos einer unsterblichen Seele hält sie für Aberglauben, den Himmel für ein Trugbild am Horizont. Paul erkämpft sich den Job als Catherines Schutzengel und schickt sie auf eine Reise in den Mittelpunkt der vier wichtigsten Fragen: Wofür lohnt es sich zu leben? Wofür lohnt es sich zu sterben? Was ist heilig? Was ist der Geist? Catherine verliebt sich in zwei vollkommen gegensätzliche Männer und sucht verzweifelt nach einem Ausweg aus diesem Dilemma. Ein hinreißender Roman über das Geheimnis, das hinter dem Leben steckt und darauf wartet, von uns entdeckt zu werden.
Das Buch baut sich in zwei Strängen auf: Catherine ist eine erfolgreiche Frau, elegant, gut betucht mit einer Arbeitsstelle als Fondsanalystin, die ihr Freude macht und bei der sie die Karriereleiter aufsteigt. Sie trifft sich regelmäßig mit einer Freundinnenclique. Besuche in teuren Restaurants und Szene-Bars sowie Shoppen gehören zu ihrem Alltagsprogramm. Ein typisches Chic-Lit-Szenarium also.
Der zweite Strang spielt unter den Engeln: Catherines verstorbener Onkel Paul hat "nach Präzedenzfällen gesucht, sich mit Kollegen ausgetauscht, Rat eingeholt", um nach einer heftigen Diskussion mit Oberengel Justus zu Catherines Schutzengel ernannt zu werden. Er löst in dieser Funktion Rainer Maria Rilke ( ) ab, der dieses Amt bis dato innehatte und sich in seinem neuen Job als Schutzengel einer Dichterin sinnvoller eingesetzt fühlt. Es scheint also in dieser jenseitigen Welt sehr irdisch zuzugehen, das Wort "Präzedenzfall" lässt sogar auf eine Gesetzgebung schließen, und es existiert eine Administrationsbehörde "genauso unflexibel wie die in der materiellen Welt", die man allerdings austricksen kann. Eine Landschaftsbeschreibung ("Schneeberge", "Schneeeier") assoziiert bei mir den Fernseh-Werbespot einer bekannten Frischkäsemarke.
Neben der Schutzengelaufgabe hat Paul sich um zwei Halbwüchsige zu kümmern, den Flegel Tom und den sanften krebstoten Simon. Gegen die Verzweiflung ihrer Eltern hält Paul den Trost bereit, dass sie als Engel die Träume von Vater und Mutter besuchen können, so dass diese, wenn sie schlafen, quasi am neuen Leben ihrer Söhne teilhaben.
Die beiden Erzählstränge treffen sich, nachdem Catherine Beziehungen zu zwei Männern eingegangen ist und einer der beiden eine Entscheidung fordert, zu der sie sich nicht imstande sieht. Erst als sie ins Engelreich gelangt, kann das Problem gelöst werden. Dazu muss Paul eine Verschwörung der Schutzengel aller Beteiligten anzetteln, auch der Schutzengelinnen, denn "Frauen lieben das Abenteuer. Und die Liebe."
(Wörtliche Zitate aus dem Buch in Anführungszeichen)
Die Schutzengel dieses Buches ähneln denen, die, auf Drucken abgebildet, bis Mitte letzten Jahrhunderts Schlafzimmerwände zierten; sie sind nur menschlicher und intriganter.
Merkwürdig: Auf der einen Seite werden Moralvorstellungen und Inhalte traditioneller Religionen und Kirchen abgelehnt - hierzu wird mit unrichtigen Aussagen und falsch zugeordneten Zitaten (eine Passage des biblischen Timotheus-Briefes wird Papst Johannes Paul II. angelastet) argumentiert, auf der anderen Seite werden durch Engelworte Werte für ein menschliches Miteinander propagiert, wie man sie allsonntäglich von Kanzeln und in Predigten hört.
Das Schlimmste ist jedoch der weichgespülte Umgang mit dem Tod. Unabhängig vom Glauben an ein Leben Danach ist der Tod eines Kindes der furchtbarste Verlust, der einen Menschen treffen kann. In diesem Buch werden Verzweiflung und Trauerbewältigung zugedeckt unter einer naiven Form des Engelsglaubens, der dem echten Schmerz nicht angemessen ist.
Das Buch erweckt den Anschein, Lebenshilfe zu geben oder existentielle Botschaften zu verkünden. Bei näherem Hinsehen entpuppt es sich allerdings als Konglomerat profaner Lebensweisheiten, vermischt mit dem 'best of' mehrerer Religionen.
Marie