Francoise Dorner - Die letzte Liebe des Monsieur Armand/La douceur assassine

  • Mit Die letzte Liebe des Monsieur Armand hat Autorin Francoise Dorner in diesem Jahr in Deutschland ein kleines, amüsantes und philosophisches Buch, über die Aussöhnung eines alten Herren mit seinem Leben, veröffentlicht.


    Diese beginnt, als die 20 jährige Pauline durch Zufall in Monsieur Armands Leben tritt. Er verliebt sich in sie. Wie ein Regen nach der Dürre die tot geglaubte Pflanze, bringt das Mädchen den alten Mann wieder zum Erblühen. Sie weckt den ehemaligen Philosophieprofessor aus der Starre und der Depression, in der er sich seit dem Tod seiner Frau vor drei Jahren befand. Aber auch Pauline, die nach einer unglücklichen Kindheit und dem frühen Tod ihrer Eltern auf der Suche nach einer liebenden Familie ist, ist von Armand angetan. Wenn auch aus völlig unterschiedlichen Motiven brauchen sie einander. Doch die Verletzungen und die Verzweiflung sitzt in beiden tiefer als angenommen. Armands Kinder melden sich nur wenn sie etwas brauchen und Pauline, so fühlt er, kann er niemals, der von ihr so sehr gewünschte, gute Großvater sein, geschweige denn ihr Mann. Er hat das Gefühl, allen mehr durch seinen Freitod, als durch seine Gegenwart zu nutzen und begeht einen Selbstmordversuch, der allerdings misslingt. Danach spitzt sich die Lage zu.


    Ein tolles kleines Büchlein hat Francoise Dorner da geschrieben. Sehr unterhaltsam, zwar in einer leichten Sprache verfasst, aber doch mit schwerem Inhalt. Denn die Thematik ist sicher eine ergreifende : Ein alter Mann der sich am Ende seines Lebens endlich seiner lebenslangen Fesseln entledigen will, den Fesseln die ihm seine Erziehung, seine eigene Kindheit angelegt hat. Die Fesseln, die ihn von seinen Kindern, seiner Frau und letztlich auch von sich selbst entfremdet haben. Es geht um Menschen auf der schwierigen Suche nach Liebe und Verständnis. Großartig, wie Dorner sich in Psyche der Protagonisten eingefühlt hat und uns deren Innerstes eindrucksvoll mitteilen kann, voller Menschlichkeit und Wärme. Einfach schön!


    Ich bin ja eine Liebhaberin von diesen dünnen, bezaubernden Büchlein, die man in der französischen Belletristik oft findet. In diesem Buch hätte ich mit allerdings definitiv mindestens 200 Seiten mehr gewünscht. So wie die Geschichte aufgezogen ist hätte man doch gerne mehr Tiefe und Hintergründe in der Geschichte gehabt.


    Insgesamt aber ein tolles Buch! Sehr zu empfehlen!

  • Ich habe lange gebraucht, bis ich endlich damit begonnen habe, keine Ahnung warum. :-? Das Buch lag schon ein paar Tage zum Lesen bereit... Dafür habe ich es von gestern auf heute in einem Rutsch ausgelesen. :wink:


    Es ist eine sehr ergreifende, schöne und doch auch sehr traurige Geschichte, die einen doch ziemlich zum Nachdenken anregt...


    Den Schluss habe ich ein paar mal gelesen, da war ich doch ziemlich ergriffen. In den wenigen Sätzen im letzten Absatz steckt - finde ich - sehr viel.
    (Hier ein Satz daraus - aber als Spoiler, da ich nichts vorwegnehmen möchte!)


    *seufz*



    Zitat

    Original von Schoenchen
    In diesem Buch hätte ich mit allerdings definitiv mindestens 200 Seiten mehr gewünscht. So wie die Geschichte aufgezogen ist hätte man doch gerne mehr Tiefe und Hintergründe in der Geschichte gehabt.


    In diesem Punkt muss ich Schoenchen absolut zustimmen - das Buch hätte gerne länger sein dürfen!

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • @ Süße: Schön, dass Dir das Buch auch so gut gefallen hat. Ich merke: es wirkt ziemlich nach. Immer mal wieder denke ich an Monsieur Armand und natürlich an das Ende der Geschichte. :shock: Irgendwie ja schon sehr schonungslos, oder?
    Ich denke aber auch an die ganzen Nebencharaktere, die jeder für sich um ihr Glück kämpfen, z.B. die Zugehfrau von Armand, die mich anfangs wahnsinnig gemacht hat, aber später auch ihre Sicht des Ganzen deutlich machte; oder sein Sohn.

  • Schoenchen
    Stimmt, sei es die Dune oder Madame Léry, seine Mittagessen-Freundin. :wink:
    Das Buch wirkt wirklich sehr nach, beruhigend, wenn es auch andere Leser beschäftigt und nahe geht. :wink:
    Hm, das Ende - in gewisser Weise hat man damit rechnen müssen, aber nicht so, auf diese Art und Weise... so schonungslos eben - da hast du recht!

    Liebe Lesegrüße
    Eure Süße
    :study::)


    Erinnerungen, die unser Herz berühren, gehen niemals verloren.

  • Ach welch liebevolle und doch tieftraurige Geschichte! Zu gerne hätte ich Monsieur Armand aufgehalten und noch etwas Zeit mit ihm und Pauline verbracht, denn das Ende nahte viel zu schnell. Auch plagt mich die Neugier was wohl nun aus Piere geworden ist. So bleibt mir nur zu hoffen, dass alle ihr ersehntes Glück erlangen.
    Eine kurzweilige, aber sehr schöne Geschichte - wer sie noch nicht kennt, sollte sich damit einen Abend gönnen. :thumleft:


    Liebe Grüsse
    Wirbelwind


    :study: Hanns-Josef Ortheil, Die große Liebe

    :study: Naomi J. Williams, Die letzten Entdecker









    Bücher sind die Hüllen der Weisheit, bestickt mit den Perlen des Wortes.

  • Ich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen. Diese wunderbare französische, kurze Geschichte ist lesenswert. Die Thematik gefiel mir gut und kommt nie aus der Mode. Wenn auch das Ende ein wenig drastisch ist, passt es sehr gut zu der Geschichte. Ich vergebe :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5:

  • Wieder so ein typisch französisches Buch. Ein kurzes zwar, aber dennoch gut.
    Die Protagonisten haben es geschafft, einem innerhalb von nur so wenigen Seiten so sehr ans Herz zu wachsen.


    Mir hat's sehr gut gefallen. :drunken: Stand auch lange auf meinem Wunschzettel und das zu Recht.

    merveille.


    It was that kind of a crazy afternoon, terrifically cold, and no sun out or anything,
    and you felt like you were disappearing every time you crossed a road.


    Catcher in the Rye. ♥

  • Ich habe gerade mit Verwirrung festgestellt, dass ich noch nichts hierzu geschrieben habe:
    Mir hat die traurig-schöne Geschichte auch gut gefallen, schade, dass sie nicht ein wenig länger war.
    Monsieur Armand, der so mit den Desillusionierungen des Alters zu kämpfen hatte, er hat mir doch oft Leid getan...


    :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: :bewertung1von5: von mir...(für mehr hätte es ausführlicher sein müssen..)


    :winken:

    "Wie wenig du gelesen hast, wie wenig du kennst - aber vom Zufall des Gelesenen hängt es ab, was du bist." Elias Canetti

  • Ich finde es bewundernswert, dass die Autorin das Thema nicht ausgeschlachtet hat. Leider habe ich vor der Lektüre zu viel auf Wikipedia gelesen, und mir dann ganze Zeit gedacht, was haben die denn dort für Unsinn geschrieben. Und nun nach beendeter Lektüre habe ich nochmals nachgelesen, und es war dann doch das Filmdrehbuch, das mir im Kopf herumgespukt hat. Seit dem letzten Post in diesem Rezensionsthread gibt es ja auch die Verfilmung zu diesem Roman: "Mr. Morgan´s last love" (Kinostart in Deutschland: Mitte August 2013) Hat vielleicht jemand den Film gesehen ?

    Ich gebe dem Büchlein :bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5::bewertung1von5: , weil diesen Seitenumfang wirklich auch der langsamste Leser packen kann. Und das finde ich sehr wichtig.

  • Monsieur Armand ist ein alter Mann. Vor einigen Jahren hat er seine Frau durch eine schwere Krankheit verloren und lebt seither alleine, wobei ihm eine Zugehfrau den Haushalt führt mit der er aber nicht richtig klar kommt. Als pensionierter ehemaliger Lehrer für Philosophie kann er sich das auch leisten. Er hat zwei Kinder, die sich aber wenig um ihn kümmern und es nur auf sein Erbe abgesehen haben. Monsieur Armand trifft sich mit einer ehemaligen Lehrerkollegin jeden Sonntagabend zum Essen. Doch diese Freundschaft bedeutet ihm nicht viel. Sie kann ihn nicht mehr erreichen. Er, der doch jahrzehntelang seinen Schülern die Existentialphilosophie beigebracht hat, sieht sich nun selbst vor einem Zustand, in dem er keinen rechten Sinn mehr im Leben sieht und sehr oft auch an Selbstmord denkt. So lebt Armand ein recht trauriges Leben mitten in Paris, als ihm plötzlich und unverhofft die 20-jährige Pauline über den Weg läuft.


    Auch sie ist ein Mensch, der sich vom Leben betrogen fühlt. Sie hat sehr früh ihre Eltern verloren und sucht seit Jahren in den zahllosen Liebhabern das, was sie so sehr vermisst: ihre Familie. Aber natürlich kann ihr von den Dutzenden von jungen Männern, die sie "testet", keiner das geben, was sie wirklich braucht und so flieht sie immer wieder schon nach kurzer Zeit in das nächste Abenteuer. Als sie eines Tages im Bus auf Monsieur Armand trifft, adoptiert sie ihn als ihren Wunsch-Großvater und hat sich damit ausgerechnet einen Mann ausgesucht, der sein Leben lang seinem eigenen Sohn ein ebenso liebloser wie ungerechter Vater gewesen ist. Doch sie weiß das nicht, sondern nimmt ihn so wie er ist. Durch ihre unschuldigen Nachfragen allerdings bringt sie den alten Mann, der sich sofort in Pauline verliebt hat, eine Liebe ohne sexuelles Begehren, ins Nachdenken und zum Handeln.
    "Zwei Einsamkeiten, die zueinander finden, deren eine die Spielregeln kennt, Intelligenz und Bildung über alles stellt, Herz und Güte der moralischen Pflicht opfert, während die andere, instinktiv und empfindsam, spontan Liebe und Aufmerksamkeit zu schenken weiß, ohne dass Missverständnisse aufkommen."


    Die beiden verbindet eine Freundschaft besonderer Art und sie wagen es, einen neuen Weg einzuschlagen und die Lebensfreude neu zu entdecken.
    Francoise Dorner hat eine warmherzige Geschichte geschrieben, voller Humor. Mit Monsieur Armand schildert sie einen alten Helden mit vielen Ecken und Kanten, eigenbrötlerisch und dennoch mit einer tief vergrabenen Warmherzigkeit gesegnet, die immer wieder durch die raue Schale blitzt. Es ist eine Geschichte, die den Leser dauernd zum Schmunzeln bringt und ihn gleichzeitig tief berührt. Eine Geschichte voller Magie, die den Kult des ewigen Jungseins in unserer Gesellschaft entlarvt. Ein Buch über die Weisheit, dass es im Leben nie zu spät ist und man immer etwas verändern kann. Ein kleines Buch über das große Wunder des Lebens - die Liebe.


    Das Buch und sein Stoff rufen geradezu nach einer Verfilmung, auf die man gespannt sein darf.