Louis Begley: Der Mann, der zu spät kam

  • Louis Begley: Der Mann, der zu spät kam
    The Man Who Was Late


    Ben ist beruflich rundum erfolgreich, arbeitet für eine international operierenden Bank in Paris und wer Begley kennt, kennt fast auch schon die restlichen Eckdaten seines Lebens: Aus Europa stammender Jude, nach dem Krieg in die USA emigriert, Studium in Harvard. Allerdings spielen diese letztgenannten Dinge eine weniger prägende Rolle wie z.B. in "Ehrensachen", d.h. sie mögen wohl Ben prägen, nehmen im Roman aber keinen großen Raum ein. Ähnlich ist aber die Erzählperspektive: Bens Leben wird von seinem langjährigen Freund Jack erzählt, teils aus der Erinnerungen, teils aus Bens Aufzeichnungen, die er "Notaben" nennt und einigen Briefen.
    Seine erste Ehe mit der jungen Witwe Rachel scheitert, ihre Zwillinge, die er liebevoll mit aufzog entziehen sich ihrem Exstiefvater. Nach dieser Enttäuschung hat er in Paris jede Menge Affären bei denen er seine Emotionen außen vor lässt - bis er die verheiratete Véronique kennen lernt, bei der er merkt wie liebevoll eine Beziehung sein kann. Doch Bens (titelgebendes) Drama ist es, dass er in den entscheidenden Momenten immer zu spät kommt ...


    So viele Rahmenelement sich bei Begley auch wiederholen mögen (dies ist allerdings sein zweiter Roman nach "Lügen in den Zeiten des Krieges, so dass man Wiederholungen höchstens den anderen vorwerfen könnte), seine Protagonisten leiden doch unter ihren ganz eigenen Tragödien und Schicksalen. Ben, der im Beruf überaus heikle und schwierige Verhandlungen zu führen vermag, steht seinen Gefühlen hilflos wie ein Kind gegenüber und läuft im entscheidenden Momenten lieber weg, als sich ihnen zu stellen. Sprachlich anspruchsvoll zeichnet Begley das Psychogramm einer gescheiterten Seele. Die indirekte Erzählweise durch Jack, das Nachspüren in Bens Leben lässt den Leser mal stärker, mal weniger stark an Bens Innenleben teilhaben - ein Puzzle, das sich doch zu einem stimmigen Ganzen zusammensetzt und mich sehr gut unterhalten hat.


    (Warnung vor dem Klappentext: Er enthält mal wieder fast die komplette Handlung!)


    Katia

  • Vielen Dank für die Rezi!
    Ich finde es faszinierend, dass soviele Menschen bei büchertreff sind, aber das Buch nur von so wenigen gelesen wurde. Anscheinend habe ich ein Händchen für unpopuläre Bücher :wink:
    Ich habe jetzt ein Drittel gelesen. Ich tat mir Anfang schwer mit dem Schreibstil, weil wie von Katia beschrieben, immer wieder die Perspektiven wechseln. Man muss aufmerksam lesen.
    Und obwohl der Roman kein page turner ist, fesselt er. Man will wissen, was ist den mit diesem Ben los? Was ist seine Geschichte? Wie geht es weiter mit ihm? WAS??? Der Autor schafft es voll und ganz, dass man vom Protagonisten fasziniert/gefesselt ist. Er schmeißt einem Brocken seiner Persönlichkeit hin, aber nur soviel, dass man mehr wissen will.
    Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt was für eine Geschichte sich dahinter verbirgt.
    :bewertung1von5::bewertung1von5: :bewertung1von5::bewertungHalb: - :bewertung1von5: Prädikat empfehlenswert!


    :flower: "Wenn Du einen Umweg gehst, findet Dein Leben trotzdem statt. Keine Zeit ist verloren!" Frank Schätzing `Der Schwarm´

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