Unsagbar gefühlvoll geschrieben, lebendig und tief!
In einem Café in der Provence lernen sich der Protagonist Martijn van Vliet und der Erzähler kennen. Beide sind Ende Fünfzig und haben ein bewegtes Leben hinter sich. Sie verabreden sich zu einem gemeinsamen Diner, wo van Vliet seine Geschichte zu erzählen beginnt:
Als Lea, seine Tochter, acht Jahre alt war, starb ihre Mutter, und von da an war das Mädchen ruhiger und zurückgezogen, nicht mehr das lebhafte Kind, sondern irgendwie leer. Nach der Schule holte Martijn sie oft ab, und sie gingen zusammen nach Hause. Eines Tages trafen sie in der Bahnhofspassage eine Geigenspielerin. Sie blieben stehen und lauschten ihrer Musik. Martijn bemerkte sofort den klaren Blick in Leas Augen; etwas fing wieder an zu leben in ihr; und so brauchte es auch kaum 24 Stunden, dass er mit einer Geige nach Hause kam. Lea strich liebevoll über das Holz und zupfte zögernd an den Saiten.
Etwas schwieriger war es, die geeignete Lehrerin zu finden, da Lea nur eine weibliche Ausbildnerin erwünschte. Doch diese fand sich mit Marie. Und seit dem ging es schnell aufwärts mit Lea: Ihre Züge wurden selbstbewusster und selbstsicherer; es gab nur noch die Geige, das Üben und Marie. Schon nach drei Jahren hatte sie ihren ersten Auftritt.
Martin jedoch fühlte sich zurückversetzt, und wetteiferte mit Marie. Er buhlte seit diesem Tag in dieser Bahnhofpassage um die Zuneigung seiner Tochter, kaufte ihr eine neue, sehr teure Geige, und erkannte, dass in dieser Konstellation, in diesem verwobenen gemeinsamen Schicksal, auch die Geburt einer Tragödie lag.
Hin und Her gerissen, und mit dem vollem Bewusstsein, dass er in eine Sackgasse hineingeraten war, und dennoch nicht dazu fähig irgendeine Wendung herbeizuführen …
Sprachlich hat mich dieses Werk sehr beeindruckt, zu einem weil es so gefühlvoll geschrieben ist: “Sie hatte gespielt, als baute sie sich eine imaginäre Kathedrale aus Tönen, in der sie einmal geborgen sein könnte, wenn sie das Leben nicht mehr ertrüge.” Und weil das wirklich Menschliche von Mercier so absolut lebendig und tief transportiert wird, man kann die Handlungen der Figuren ohne zu zögern nachvollziehen, obwohl es eine Farce ist.
Die ganze Atmosphäre in dieser Novelle ist dicht und treffend! Schade eigentlich nur, dass sie lediglich 250 Seiten hat, ich hätte gerne weitergelesen! =D>